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Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki

Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki

Titel: Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki
Autoren: Haruki Murakami
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physisches Phänomen. Eine aufgezogene Uhr läuft allmählich ab, der Impuls, der sie antreibt, nähert sich der Null, kurz darauf erstarren die Zahnräder in ihrer letzten Bewegung, und die Zeiger bleiben stehen. Stille tritt ein. Mehr ist doch nicht dabei?
    Er ging zu Bett, ehe das Datum wechselte, und löschte die Nachttischlampe. Er wollte von Sara träumen. Ein erotischer Traum wäre schön, aber das musste nicht unbedingt sein. Nur sollte es möglichst kein trauriger Traum sein. Am besten einer, in dem er sie berühren konnte. Und letzten Endes wäre es ja auch nur ein Traum.
    Er sehnte sich nach Sara. Es war schön, sich von ganzem Herzen nach jemandem zu sehnen. Tsukuru hatte schon lange nicht mehr so stark und real empfunden. Vielleicht geschah es sogar zum ersten Mal. Natürlich war nicht alles schön. Er spürte auch einen Schmerz in der Brust, und das Atmen fiel ihm schwer. Eine düstere Furcht ließ ihn erschauern. Aber selbst der Schmerz war ein wichtiger Teil seiner Liebe zu Sara. Falls er sie verlor, würde er solche Wärme wohl nie wieder finden. Lieber würde er sich selbst verlieren.
    »Du musst um sie kämpfen, Tsukuru. Unter allen Umständen. Wenn du sie jetzt gehen lässt, wirst du vielleicht nie wieder jemanden finden wie sie«, hatte Eri gesagt.
    Sie hatte recht. Was auch immer geschah, er musste Sara für sich gewinnen. Das wusste er. Selbstverständlich hing das nicht von ihm allein ab, sondern war eine Sache zwischen ihnen beiden. Manche Dinge wurden einem gegeben, andere wurden einem genommen. Morgen würde sich alles entscheiden. Wenn Sara sich für mich entscheidet, dachte er, mache ich ihr sofort einen Heiratsantrag. Und gebe ihr alles, was ich zu geben habe. Damit wir uns nicht im tiefen Wald verlaufen, wo die bösen Kobolde uns fangen.
    »Nicht alles verschwindet im Fluss der Zeit.« Das war es, was Tsukuru Eri bei ihrem Abschied am Ufer des Sees in Finnland hatte sagen wollen und nicht hatte in Worte fassen können. »Damals haben wir bedingungslos an etwas geglaubt. Wir hatten die Fähigkeit, an etwas zu glauben. Sie kann doch nicht so einfach völlig verschwunden sein.«
    Tsukuru wurde ruhiger, schloss die Augen und schlief ein. Das letzte Licht seines Bewusstseins verlosch, wie der letzte Express immer schneller und kleiner wurde, bis er in der Nacht verschwand. Was blieb, war nur das Rauschen des Windes im Birkenwäldchen.
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