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Die Phoenix-Chroniken: Glut (German Edition)

Die Phoenix-Chroniken: Glut (German Edition)

Titel: Die Phoenix-Chroniken: Glut (German Edition)
Autoren: Lori Handeland
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traf mich die Lösung. Die Erinnerung an das, was ich beim Wandeln durch Saywers Träume gesehen hatte – Wörter in der Farbe von frischem Blut auf einer makellosen, weißen Wand.
    „Streu das Böse in alle vier Winde“, flüsterte ich.
    „Nein!“, kreischte die Frau aus Rauch.
    Woraufhin mir das Zerstreuen wie ein teuflisch guter Plan vorkam.
    Den immer noch keifenden Kopf schleuderte ich mit aller Macht gen Norden, dann vollendete ich den Job, indem ich die Arme gen Osten sandte, die Beine in den Westen und den Rest in den Süden.
    Über die Berge senkte sich eine willkommene Stille, aber sie hielt nicht lange an. Zunächst glaubte ich, die Frau aus Rauch sei zurückgekehrt, denn der schrille Schrei, der verklungen war, als die Frau in alle vier Winde fortgetragen wurde, schwoll nun immer mehr an, bis er mich unmittelbar umgab. Ein Meer aus Tönen plärrte in mein überempfindliches Ohr, ließ mich zu Boden gehen, die Hände schützend über den Kopf gepresst.
    Auch wenn meine Augen geschlossen waren, spürte ich noch das abwechselnde Flackern von Hell und Dunkel auf meinem Gesicht, also zwang ich mich, zum Mond emporzublicken.
    Geisterhafte Schatten tanzten auf seiner Oberfläche, bewegten sich aber viel zu schnell, als dass ich hätte ausmachen können, um was es sich bei ihnen handelte.
    „Das kann nichts Gutes bedeuten“, murmelte ich, obwohl in meinem Inneren etwas jubilierte und flüsterte: Sie sind frei .

 
    34
    G eweckt wurde ich von den Sonnenstrahlen auf meinem Gesicht. Oder vielleicht war es auch das Gefühl, beobachtet zu werden. Denn als ich die Augen aufschlug, sah ich mich umringt.
    Ich bleckte die Zähne und landete mit einem Rückwärtssalto in einer Kauerhaltung. Tief aus meiner Kehle kam ein Knurren. All diese Güte um mich herum verursachte mir Kopfschmerzen.
    Im hellen Licht der Morgensonne leuchtete die Welt in monumentalen Farben. Die Edelsteine auf dem Halsband, das Saywer in der Hand hielt, blendeten mich geradezu.
    „Was ist ihr Problem?“
    Der Junge – Luther, ich erinnerte mich – schien entsetzt. Ich zog die Oberlippe zurück und gab ihm einen guten Blick auf meine Reißzähne. Dann aber wurde ich durch die pulsierende Ader an seinem Hals abgelenkt. Von jedem hier konnte ich das Herz schlagen hören, das rauschende Blut in den Adern flüsterte mir verführerisch zu. Ich trat einen Schritt vor, und Jimmy stellte sich mir in den Weg.
    „Sie ist zur Vampirin geworden“, sagte er, und in seiner Stimme lag so viel Schmerz, dass ich die Luft anhielt. Ich konnte seine Tränen förmlich schmecken.
    „Ihr habt doch gesagt, wir machen sie wieder gesund“, flüsterte Luther.
    Hmm. Da war dieses Zittern in seiner Stimme, Angst lag in der Luft.
    „Gesund nicht“, murmelte Saywer. „Zumindest noch nicht.“
    „Legt ihr das Halsband um“, befahl Summer. „Sonst macht sie mit uns noch das Gleiche wie mit der Frau aus Rauch.“
    Mir kam die Blutfontäne wieder in den Sinn. Das wollte ich noch einmal sehen. Ich ließ meinen Blick über die vier gleiten.
    „Ene, mene, muh“, flüsterte ich und stürzte mich auf die Fee.
    Mit einer raschen Handbewegung ließ mich Saywer so heftig nach hinten fliegen, dass mein Kopf hart auf den Boden aufschlug.
    „Oh Gott“, murmelte Jimmy.
    „Hör auf zu heulen“, sagte Saywer barsch. „Wir können es nicht rückgängig machen. Wir müssen nach vorne schauen. Hilf mir lieber.“
    Meine Beine wurden zu Boden gepresst, ebenso meine Arme. Ich schrie meine Wut zum Himmel, und irgendwo in der Ferne antwortete etwas. Saywer fluchte leise.
    Einzeln wäre ich mit jedem von ihnen fertig geworden, aber zusammen waren sie stärker. Und so sträubte ich mich fauchend und mit Schaum vorm Mund.
    Ich schnappte nach Saywers Hand, als er mir das Halsband anlegte. Wie einem ungezogenen Hund schlug er mir auf die Nase, sodass mir die Augen tränten. Sobald der Verschluss zuschnappte, beruhigte ich mich wieder.
    Saywer sah mir in die Augen. „Besser?“
    Ich nickte, und sie ließen mich los, zogen sich so blitzschnell vor mir zurück, dass ich schmerzlich zusammenzuckte. Nicht nur wegen ihres Verhaltens, sondern auch aufgrund der plötzlichen Erinnerung an das, was ich war, was ich gesagt und getan hatte.
    Ich musste unbedingt duschen, mich ordentlich abschrubben – mit mindestens einem Kilo Seife. Über und über war ich mit dem Blut der Frau aus Rauch besudelt, meine Hände und Unterarme sahen aus, als seien sie mit rotbrauner Farbe bemalt worden. Die
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