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Die Phoenix-Chroniken: Glut (German Edition)

Die Phoenix-Chroniken: Glut (German Edition)

Titel: Die Phoenix-Chroniken: Glut (German Edition)
Autoren: Lori Handeland
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wenn ich eingehender darüber nachgedacht hätte, dann hätte ich mich gefragt: Wenn das Böse erst einmal von mir Besitz ergriffen hatte, warum, zum Teufel, hätte ich dann noch gegen die Naye’i kämpfen und die bevorstehende Apokalypse aufhalten sollen?
    Ich tat es einfach. In dem Augenblick, als ich zur Vampirin wurde, war ich besessen von dem Gedanken, sie zu töten. Nur kurz zuvor hatte ich mich noch gefragt, warum jedes böse Wesen unbedingt die Welt beherrschen wollte. Und sobald ich selbst böse war, hatte ich die Antwort.
    Einfach, weil ich es könnte.
    Ich war besser als alle anderen. Schließlich hatte ich mich freiwillig dazu entschlossen. Diese selbstbestimmte Wahl erfüllte mich mit Kraft und Ehrgeiz.
    Für mich hatte sich die ganze Welt verändert. Als Dhampirin konnte ich weiter sehen, schneller laufen und besser hören. Aber jetzt als Vampirin schien alles noch verstärkt. Die Farben leuchteten so schmerzhaft hell und unwirklich. Geräusche drangen viel zu früh an mein Ohr, sodass sich mein Gefühl für Zeit und Raum seltsam veränderte.
    Ich löste mich aus Jimmys Umarmung, das Aneinanderreiben unserer Körper spürte ich so intensiv, dass ich buchstäblich die Bewegung der Härchen auf seinem Bein hören konnte. Das Blut in seinen Adern summte ein Lied.
    Als er mich ansprach, zuckte ich vor der Lautstärke zusammen. „Gefällt’s dir?“
    „Mm“, schnurrte ich.
    An der Hand führte er mich zu dem Spiegel, der über seiner Kommode hing. Was war mit dieser Sache, dass Vampire kein Spiegelbild haben? Totaler Quatsch. Ich sah uns beide – flammend rote Augen und blitzende Reißzähne. Stand mir wirklich gut.
    Ich spielte mit Saywers Türkis. Jetzt war ich so stark wie die Frau aus Rauch, und während ich diesen Anhänger hier trug, konnte sie mir nichts anhaben.
    Die Schlampe hatte schon verloren.
    Ich lachte. Es klang so tief und kehlig – und dabei sehr dämonisch. Mir gefiel es, also lachte ich gleich noch einmal.
    Durch das Fenster drang eine heiße Brise. Der Duft des Bösen, das nach Schwefel roch – und ich sog es ein wie Ambrosia.
    Der Ruf des Windes bedeutete mir näherzukommen. Durch die Gitterstäbe linste ich zur Bergspitze hinauf. Der Vollmond erleuchtete die aufziehenden Nebelschwaden. Vom Himmel stürzte Regen, doch er fiel nur auf den Gipfel, grollend machte sich der schlafende Vulkan bemerkbar.
    Der Regen ist eine Frau , hatte Whitelaw gesagt.
    In den alten Überlieferungen der Navajo steckt immer ein Körnchen Wahrheit.
    „Die Frau aus Rauch“, murmelte ich.
    Sie war gekommen … und erwartete mich.

 
    33
    W ie kommen wir hier raus?“, fragte Jimmy.
    Unwillig wandte ich mich vom Berg ab, der nun schon grollend meinen Namen rief.
    Phoenix , sagte er. Komm zu mir .
    Jimmy stand an der goldenen Tür, gekleidet in eine schwarze Jeans und ein T-Shirt mit der Aufschrift HANNAH MONTANA. In meinem alten Leben hätte das einen hysterischen Lachanfall ausgelöst. In diesem jedoch konnte ich bloß daran denken, wie süß das Blut eines Kindes schmecken mochte.
    An Sachen für mich hatte ich gar nicht gedacht. Solche Belanglosigkeiten interessierten mich nicht mehr.
    „Sie werden nicht öffnen“, sagte ich, als ich mich zu Jimmy gesellte. „Saywer kann es nicht.“
    „Und Summer will nicht.“
    So nah am Eingang ließ die Hitze des Metalls jeden Zentimeter meiner Haut pulsieren, als hätte ich mich an der Sonne verbrannt. Allein der Gedanke, sie zu berühren, erfüllte mich schon mit Schmerz.
    „Wie wolltest du denn hier rauskommen?“, fragte er.
    Geplant hatte ich gar nichts, nahm die Dinge einfach, wie sie kamen. Das musste ich unbedingt ändern.
    Meine Haut ist meine Robe.
    Aus der Vergangenheit sprach Saywers Stimme zu mir. Ich wandte der heißen, klopfenden Goldtür den Rücken zu und schlenderte wieder zum Fenster – dem einzigen Fluchtweg. Dahinter lag der Berg, wo sie auf mich wartete. Wenn ich ein Vöglein wär …
    Ich neigte den Kopf. Und schlagartig begriff ich, was Saywer gemeint hatte.
    Ich drehte mich zu Jimmy um. „Hast du ein Messer?“
    Jimmy zog sein Klappmesser aus der Tasche.
    Dumme Frage.
    Mit dem Messer ritzte ich mir eine Fledermaus in den Unterarm. Das Bild erinnerte an das Symbol für Batman – bestenfalls war eine Strichmännchenfledermaus dabei herausgekommen. Ich war noch nie die große Künstlerin gewesen – trotzdem war ich sicher, dass es funktionieren würde.
    Beinahe sofort begann die Wunde zu heilen. Nie hätte ich es für möglich
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