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Die Pforten der Ewigkeit

Die Pforten der Ewigkeit

Titel: Die Pforten der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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selbst vergessen hatte. Es durfte nie ans Licht kommen – nicht ihretwegen, nicht ihrer Eltern wegen, und auch nicht Rudegers wegen. Wie sollte sie ihm nur … wie konnte sie es nur anstellen, dass er in der Hochzeitsnacht nicht … o heilige Maria voll der Gnaden, wie konnte eine Situation nur so verfahren sein, dass man sich in der eigenen Ausweglosigkeit wand wie eine Schlange, die jemand ins Feuer geworfen hatte! War das der Lohn für die Sünde, die sie begangen hatte? Und auch diese Frage konnte sie niemandem stellen, weil es bedeutet hätte, jenes Geschehen offenzulegen … in dessen Mittelpunkt Constantia gestanden und das drei Menschen in den Ruin getrieben hatte …
    »Ich habe noch keine Zeit gehabt, mit Hochwürden zu sprechen«, flüsterte sie mit gesenktem Blick. Die Eltern anzulügen war ebenfalls Sünde, und umso mehr, als es ihr mittlerweile gelang, ohne dabei zu erröten.
    Johannes und Guda achteten nicht auf sie. Jemand polterte und hustete vor der Tür und trat dann ein. Gudas Gesicht hellte sich auf. Johannes schnappte sich eilig die letzte Wurst.
    »Gott schütze dieses Haus«, sagte der Besucher.
    Constantia stand auf und machte einen Knicks. Johannes wies mit großspuriger Geste – und der Wurst in der Faust – auf den verwüsteten Tisch und die wenigen Essensreste darauf. »Setz dich, Everwin. Lang zu!«
    Everwin Boneß schüttelte den Kopf, setzte sich aber. Er starrte Guda an, nickte ihr zu und sah sofort wieder weg. Er wirkte nervös. Eigentlich wirkte er stets nervös. Er war der Bürgermeister von Wizinsten, nun schon im fünften Jahr hintereinander wiedergewählt, und er machte immer noch den Eindruck, als erwarte er jeden Moment abgesetzt zu werden. Mit seinem dünnen Haar und dem spitzen Gesicht ähnelte er einem träge gewordenen Frettchen …
    Etwas krachte und verklang mit einem Flöten. Everwin zuckte entschuldigend die Achseln und wetzte mit dem Hintern auf der Bank hin und her. Schaler Geruch stieg auf.
    … oder besser gesagt einem Iltis. Der Bürgermeister litt unter unkontrollierbaren Dauerblähungen. Die Leute schrieben es einem unstillbaren Appetit auf Bohnen zu und hatten ihm deshalb seinen zweiten Namen verpasst – Bohnenesser. Everwin hatte ihn still resignierend akzeptiert, aber in einer schwachen Stunde hatte er jemandem unter dem Siegel der Verschwiegenheit erzählt, dass er in Wahrheit Bohnen hasste. Es hatte sofort die Runde gemacht und seinen Namen noch stärker an ihm haften lassen, als wenn er hinter der Ratsstube ein Bohnenfeld angelegt hätte. Constantia fand, ein derartiger Vorfall passte zu Bürgermeister Everwin. Er war eine tragische Figur, aber eine, über deren Missgeschicke man grinsen musste. Everwin sah Guda verlegen an und wandte sofort wieder die Augen ab, wodurch seine Blicke auf Constantia fielen. Seine Nervosität schien sich noch zu steigern.
    »Ah … äh … äh …«, stammelte er, bevor er herausbrachte: »Freust du dich, Kindchen?«
    »Worauf?«, fragte Constantia, die von ihm weggerutscht war, um dem Geruch zu entkommen.
    »Äh … auf die Hochzeit!«
    »Ah ja. Natürlich. Natürlich freue ich mich.«
    »Warst du schon bei der Beichte?«
    Constantia räusperte sich. Ihr Vater erlöste sie unfreiwillig von einer weiteren Lüge.
    »Nimm dir was«, nuschelte er in Richtung des Bürgermeisters und wedelte mit der Hand über die Reste.
    »Nein, danke. Wirklich nicht. Äh … Johannes … wir müssen reden.«
    »Ich bin ganz Ohr.«
    Everwin Boneß schielte zu Constantia und dann zu Guda. »Äh …«
    Johannes nickte. »Ein Männergespräch. Weiber – abräumen!«
    Guda und Constantia standen auf und begannen, den Tisch zu säubern, unterstützt von einer Dienstmagd. Constantia legte keine besondere Eile an den Tag. Sie baute darauf, dass Bürgermeister Everwin nur lange genug gezwungen werden musste, den Mund zu halten, damit er hilflos damit herausplatzte, was er sagen wollte. Ihre Rechnung ging schneller auf, als sie gedacht hatte. Everwin Boneß musste nervöser sein denn je.
    »Äh … äh … äh … Meffridus schickt mich«, begann er.
    »Aha?«, sagte Johannes gedehnt. Seine Pose des entspannten Hausherrn, der den Bürgermeister eher bei sich duldet, als seinen Besuch als Ehre zu empfinden, fiel schlagartig zusammen.
    »Das heißt, er … äh … hat mich gebeten, bei dir vorzusprechen«, sagte Everwin und versuchte, sich zu straffen. »Ich meine, ich bin der Bürgermeister und alles. Er hat mich gebeten ; das

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