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Die Pestmagd

Titel: Die Pestmagd
Autoren: Brigitte Riebe
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hatte. Nicht alle mochten es, wenn Frauen ihre Geschäftspartner waren, obwohl diese es in Köln sogar zu eigenen Gaffeln gebracht hatten. Allerdings hatte der Abt Johanna bei der letzten Zusammenkunft seltsam eindringlich gemustert und dann fast schon penetrant nach Kindern ausgefragt. Als sie wahrheitsgemäß verneinen musste, wollte sein Kopfwiegen gar kein Ende mehr nehmen.
    » So habt Ihr Euch in Eurer misslichen Lage um jeglichen Trost gebracht«, hatte er über seinen Büchern sitzend gemurmelt, neben sich Abakus, Tintenfässchen und Gänsefeder. » Es tut den Weibern nicht gut, wenn sie unfruchtbar bleiben. Denn zum Gebären sind sie nun mal gemacht. So und nicht anders hat der allmächtige Schöpfer es gewollt.«
    Johanna hatte alles darangesetzt, das Kloster so schnell wie möglich zu verlassen, um bloß nicht seinen Unmut auf sich zu ziehen. Doch seitdem hallten seine Worte jedes Mal in ihr wider, sobald sie den Zapfhahn aufdrehte. Die ersten drei Schläuche, die Weinsberg mitgebracht hatte, füllten sich zügig, doch beim vierten versiegte der Strahl bereits im ersten Drittel.
    » Der himmlische Saft wird dir doch nicht etwa ausgehen, Schwägerin?«, rief Hennes, der jede ihrer Bewegungen mit Argusaugen beobachtete. » Was mich persönlich freuen würde. Du weißt ja, für welche Verschwendung ich deinen Handel halte. Was ließe sich nicht alles mit diesem herrlichen Gewölbe anfangen!«
    Johanna musterte ihn kühl.
    Konnte eine Mutter zwei so unterschiedliche Söhne hervorbringen wie Severin und Hennes Arnheim? Der eine großzügig, weltoffen und voller Mitgefühl, der andere ein Geizhals, stets auf den eigenen Vorteil bedacht. Seit dem Tod des Bruders schien er nur noch ein einziges Anliegen zu haben: auf welche Weise auch immer an die Nutzung der Gewölbe für seine Felle zu kommen. Er galt als bester Kürschner der Stadt, doch allein die Vorstellung, unter sich ein Heer toter Tiere zu wissen, verursachte Johanna Grausen.
    » Alles bleibt genau so, wie es ist«, sagte sie kurz angebunden. » Nichts anderes hätte Severin gewollt.«
    Auch der Strahl aus dem nächsten Fass rann dünner, als ihr lieb sein konnte. Ihre Vorräte neigten sich unübersehbar dem Ende zu. Was bedeutete, dass sie eine Begegnung mit Abt Pirmin nicht länger aufschieben konnte.
    Hermann Weinsberg räusperte sich unbehaglich.
    » Ich bereite Euch doch Umstände«, sagte er, sichtlich bedrückt, » was ich von Herzen bedaure. Aber Euer Wein vom Kloster St. Heribert mundet uns allen in der Börse nun einmal am allerbesten …«
    Johanna stieß einen spitzen Schrei aus. Eine fette Ratte rannte zwischen den Fässern entlang, bis sie in einem Mauerloch verschwand.
    » Da müssen auf der Stelle brauchbare Fallen her!«, rief Hennes aufgebracht. » Wozu fütterst du eigentlich dein dreistes Katzenvieh durch, das einem schon die Krallen in die Haut gräbt, wenn man es nur streicheln möchte?«
    Weil Mieze einen ebenso guten Geschmack hat wie ich, dachte Johanna. Und sie wie ich den Tod an deinen Händen riecht.
    » Die haben wir bereits«, sagte sie, zum Rektor gewandt, als wären sie nur zu zweit. » Üppig bestückt mit Käse, der den giftigen Eisenhutsud vom Apotheker wie ein Schwamm aufgesogen hat. Gestern haben wir drei von ihnen erledigt, heute Morgen waren es bereits vier. Aber es scheinen immer mehr zu werden. Die ganze Stadt ist voll von ihnen, als würden sie einem unsichtbaren Quell entspringen.« Sie rang sich ein kleines Lächeln ab. Johanna mochte diesen höflichen, ein wenig unbeholfenen jungen Mann, dem es in ihrer Gegenwart so leicht die Sprache verschlug. » Ihr bereitet mir niemals Umstände, Rektor. Das solltet Ihr wissen.«
    Weinsberg wirkte erfreut, während er seine Münzen hervorkramte, die sie in ihrer eingenähten Rocktasche verschwinden ließ. Er lehnte die unwillig angebotene Hilfe des Kürschners ab und schleppte die schweren Schläuche eigenhändig nach oben, als wollte er unter Beweis stellen, wie viel männliche Kraft in ihm steckte.
    Johanna ging zur Treppe, weil sie das Alleinsein mit Hennes in letzter Zeit nach Möglichkeit vermied. Da war etwas in seinem Blick, das ihr nicht gefiel, etwas Flehendes und zugleich Drängendes, das ihr mehr zusetzte als alle Worte. Der Kürschner war seit Jahren verwitwet und kinderlos. Nichts sprach also dagegen, dass Hennes erneut um eine Frau warb, doch sie war die Letzte, die seine Einsamkeit versüßen wollte.
    » Bader Weißenburg soll übrigens das Aufgebot bestellt
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