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Die Perserinnen - Babylon 323

Die Perserinnen - Babylon 323

Titel: Die Perserinnen - Babylon 323
Autoren: Elfriede Fuchs
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kleine Rinderherde am Schluss.
    Paruschjati wartete, bis Nikobule unter dem Torbogen
erschien und auf ihren Wagen zusteuerte, einen geschlossenen Reisewagen mit
ledernem Verdeck und zwei zottigen, aber robust aussehenden Pferden. Bei Weitem
nicht so luxuriös wie die Wagen, an die Paruschjati gewöhnt war, aber
zweckmäßig und stabil. Nikobule schwang sich auf den Kutschbock, offenbar hatte
sie vor, ihren Wagen selbst zu lenken. Sie wirkte nicht sonderlich überrascht,
als Paruschjati aus dem Schatten trat.
    „Ich dachte, du bist auf dem Weg nach Medien.“
    „Meine Pläne haben sich geändert.“
    „Hast du dir das auch gut überlegt?“ Nikobule lächelte zu
Paruschjati herunter. „Es wird ein völlig anderes Leben sein, als du es bisher
gewohnt warst. Kein Luxus, kein Reichtum, keine Scharen von Bediensteten, die
dir jeden Wunsch von den Augen ablesen.“
    „Niemand, der mich herumkommandiert und mir vorhält, dass
mein Benehmen für eine königliche Dame unmöglich ist.“
    „Keine prächtigen Kleider, kein kostbarer Schmuck, keine
rauschenden Feste.“
    „Keine Eifersüchteleien, keine Intrigen, keine mordgierigen
Königinnen.“
    „Wenn das so ist …“ Nikobule grinste und rutschte zur Seite,
damit Paruschjati neben ihr auf dem Bock Platz nehmen konnte.
    „Du brauchst dir keine Sorgen zu machen, dass ich dir auf
der Tasche liege.“ Paruschjati streifte den Lederriemen von der Schulter, legte
den Ranzen auf ihren Knien ab, wobei sein Inhalt ein metallisches Klimpern von
sich gab, und ließ Nikobule einen Blick hineinwerfen.
    „Donnerwetter“, sagte Nikobule. „Das dürfte mehr als genug
sein, um dir in Alexandreia eine neue Zukunft aufbauen zu können.“ Gambijas
Abschiedsgeschenk – ihr gesamter Schmuck, bis auf das, was sie getragen hatte,
als sie in den Wagen stieg. Es wäre aufgefallen, wenn eine adlige Dame ohne
jeden Schmuck auf die Reise gegangen wäre.
    Die Gehilfen des Karawanenführers ritten den Wagenzug ab und
brüllten, alle sollten sich zum Losfahren bereit machen. Nikobule griff nach
den Zügeln.
    „Notfalls könnte ich auch als persische Wahrsagerin
arbeiten“, scherzte Paruschjati, als sich die ersten Wagen in Bewegung setzten.
    „Oder als Schriftstellerin wie ich. Du könntest eine
Geschichte der Perser schreiben, dann musst du dich wenigstens nicht mehr
beschweren, dass wir Griechen angeblich nur Lügen über euch verbreiten. Oder
noch besser: Warum schreibst du nicht einfach die Geschichte Alexanders
nieder?“
    „Ich kann nicht schreiben.“
    „Vielleicht doch, und wenn nicht, helfe ich dir. Wir wären
ein gutes Team: Ich weiß, wie man schreibt, und du hast Alexanders Weg aus der
Nähe miterlebt.“
    „Nur zu einen kleinen Teil. Und außerdem, niemand würde ein
Buch lesen, das von zwei Frauen geschrieben wurde, eine davon noch dazu eine
Perserin.“
    „Dann legen wir uns ein Pseudonym zu“, lachte Nikobule. „Wie
wäre es mit Kleitarchos?“
    Darüber musste auch Paruschjati lachen. „Ich kann mir nicht
vorstellen, dass dein Bruder davon begeistert wäre.“ Kleitarchos, überlegte
sie, das bedeutete „Anfang des Ruhms“ – durchaus passend für ein Buch über
Alexander. Er war immer so auf seinen Ruhm bedacht gewesen.
    Der Wagen vor ihnen fuhr an, und Nikobule gab den beiden
Ponys die Zügel frei. Mit einem leichten Ruckeln setzte sich der Wagen in
Bewegung. Paruschjati warf einen letzten Blick auf das Ziegelrelief mit der
Gehenden Schlange, dem Drachen von Babylon. Er hatte ihr Glück gebracht.
    „Warum ist die alte Frau nicht bei dir?“, fragte Nikobule,
als sie langsam auf die Straße bogen. „Ich hätte nicht gedacht, dass sie dich
allein lässt.“
    Tränen stiegen in Paruschjati hoch. „Das hat sie auch nicht,
jedenfalls nicht freiwillig. Sie ist heute Morgen gestorben.“
    „Das tut mir leid.“ Nikobule legte Paruschjati mitfühlend
die Hand auf den Unterarm.
    „Sie war das Letzte, was mir aus meiner Vergangenheit geblieben
war. Faiduma ist in Sicherheit, jetzt bindet mich nichts mehr an mein altes
Leben.“
    Schweigend fuhren die beiden Frauen auf ihrem Wagen durch
die Straßen von Babylon, dann über die berühmte steinerne Brücke, die sich über
den Euphrat spannte, und schließlich durch den Westteil der Stadt auf dem
anderen Ufer. Paruschjati musterte alles mit letzten Blicken – die geraden
Straßenfluchten mit den weiß gekalkten Mauern links und rechts, die Plätze und
Palmenhaine, die Brunnen und Tempel. Sie wusste, dass sie all dies
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