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Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe

Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe
Autoren: Alison Croggon
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Pflichten zu entbinden, damit er sie unterrichten konnte. Mirlad, ein barscher, einsilbiger, bisweilen strenger Mann, war ihr Lehrer gewesen, bis sie dreizehn wurde. Dann verlangte Gilman, dass sie wieder auf den Feldern arbeitete. Maerad erinnerte sich noch daran, wie elend sie sich ob jener Entscheidung gefühlt hatte, desgleichen an Mirlads merkwürdige Äußerung dazu. »Uber Musik habe ich dir alles beigebracht, was ich weiß«, hatte er gesagt und gleichgültig mit den Schultern gezuckt. »Alles andere wäre hier Verschwendung. Du kannst ja an den Abenden spielen.«
    Ihr Rang als Musikantin verschlimmerte ihre Vereinsamung, stellte allerdings auch einen weiteren Grund dar, weshalb Gilman sie duldete: Mirlad war vor zwei Jahren gestorben, wenngleich vermutlich allein Maerad sein Hinscheiden betrauert hatte. Jedenfalls war sie dadurch nun als Einzige in der Lage, bei Gilmans Gelagen für Musik zu sorgen. Wann immer sie konnte, spielte sie heimlich für sich selbst, und jene flüchtigen Augenblicke stellten den einzigen Trost in ihrem trübsinnigen Leben dar. Milana. Meine Mutter. Wann habe ich zuletzt an dich gedacht ? Jeden Abend hast du mir das Haar geflochten, selbst wenn deine Hände vor Müdigkeit zitterten. Du hast mir fröhliche Weisen vorgespielt, wenn ich traurig war oder mich jemand geschlagen hatte, du hast mich geküsst, genau hierhin, auf die Stirn … Maerads Gedanken schreckten vor der Erinnerung an den Tod ihrer Mutter zurück; wie sie krank geworden war, ausgezehrt von Fieber, Schmerzen und Gram. Sie war gestorben, das war alles, und danach war Maerad allein zurückgeblieben.
    Solange Maerad zurückdenken konnte, hatte sie davon geträumt, aus Gilmans Feste zu fliehen. Doch Jahr um Jahr verstrich und brachte nur die Gewissheit, dass eine Flucht unmöglich war. Ihre Hoffnung war Welle um Welle verebbt, bis Maerad, wenngleich sie es nicht wusste, dieselbe traurige Schönheit anhaftete, an die sie sich von ihrer Mutter erinnerte. Nun war dieser Cadvan sie sprach den Namen verstohlen bei sich aus - wie aus dem Nichts aufgetaucht, als gäbe es die Mauern, die Wachen und die Hunde nicht.
    Im Verlauf des Tages ließ sie sich die morgendliche Unterhaltung mit wachsender Ungeduld durch den Kopf gehen. Mitunter redete sie sich überzeugend ein, dass sie den Fremden nur geträumt hatte, dass er ein Trugbild ihrer Erschöpfung, ein Schatten der Sehnsucht gewesen war, die in ihr loderte. Sie hatte gedacht, die Hoffnung in ihr wäre gestorben; nun jedoch erkannte sie, dass sie nur geschlummert hatte wie von grauer Asche überzogene Glut, die noch einen glimmenden Kern besitzt, den der Hauch eines Luftzugs zu einer Flamme zu entfachen vermag.
    Die Stunden verstrichen schleppend, aber schließlich wurde es Abend. Bevor Maerad sich zum Kuhstall begab, huschte sie aus einer unverhofften Eingebung heraus zurück zu ihrer Unterkunft und holte die Leier, die sie in Sackleinen gewickelt unter ihrer Pritsche verwahrte. Cadvan war noch da. Er lag mit hinter dem Kopf verschränkten Händen im Kuhstall und schien die Decke zu betrachten. Obwohl noch immer dunkle Ringe unter seinen Augen lagen, wirkte er nicht mehr so bleich. Als Maerad eintrat, lächelte er sie an, doch als er die frischen Striemen an ihren Beinen sah, die von der Strafe an jenem Tag herrührten, verblasste sein Lächeln. Sie blickte ihn ausdruckslos an und wartete darauf, dass er das Wort ergriff. Schließlich seufzte er und stand auf.
    »Also, Maerad, ich hatte ein wenig Zeit zum Nachdenken«, begann er. »Dies ist ein übler, widerlicher Ort. Die Tiere werden hier besser behandelt als die Menschen. Ein Unrecht sondergleichen.« Er setzte ab. »Möchtest du diesen Ort verlassen?« Maerad hätte beinahe laut aufgelacht. Die Feste wurde Tag und Nacht bewacht, und die Wachen waren stets auf der Hut. Schon einige Sklaven hatten zu fliehen versucht, aber Maerad hatte in ihrem ganzen Leben noch von niemandem gehört, dem es gelungen war. Stattdessen hatte sie viele erbarmungslose Prügelstrafen und sogar einen Mann gesehen, den Gilmans Hunde in Stücke gerissen hatten. Das genügte, um einem die Lust auf einen Versuch zu vergällen.
    »Diesen Ort verlassen ?«
    »Ich meine es ernst, Maerad.«
    »All die langen Jahre habe ich nie von etwas anderem geträumt«, gestand sie. »Aber es ist unmöglich. Was denkt Ihr wohl, weshalb ich immer noch hier bin?« »Also möchtest du ihn verlassen?« Cadvan verstummte kurz und schaute zu Boden. »Es wäre wohl auch
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