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Die Patchwork-Luege

Titel: Die Patchwork-Luege
Autoren: Melanie Muehl
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Hauptverdächtige handelt, oder daran, dass bereits innerhalb einer Folge klar wird, dass das alles nichts werden kann. Die Kommissare ermitteln im Dauereinsatz, in den sie sich zugleich retten und flüchten. Er diktiert ihr Leben und gesteht ihnen kaum Raum für feste Bindungen zu. Unglücklich wirken sie darüber nicht.
    Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) lebt in einem Hochhaus in Wien, allein. Klara Blum (Eva Mattes, Konstanz) lebt allein, der Berliner Kommissar Till Ritter (Dominic Raacke) ebenfalls. Die Hannoveraner Ermittlerin Charlotte Lindholm (Maria Furtwängler) lebt in einer Wohngemeinschaft. Inga Lürsen (Sabine Postel, Bremen) ist alleinerziehende Mutter einer Tochter. Die Ehefrau und Tochter des Stuttgarter Ermittlers Thorsten Lannert (Richy Müller) sind umgekommen. Das Leipziger Ermittlerduo Eva Saalfeld(Simone Thomalla) und Andreas Keppler (Martin Wuttke) war früher miteinander verheiratet, sie verlor in der Schwangerschaft ihr Kind, während er, ein Alkoholiker, im Suff lag. Jetzt sind sie Kollegen. Als der Kieler Kommissar Borowski (Axel Milberg) einmal mit der Polizeipsychologin Frieda Jung schlief, muss das alle derart erschrocken haben, dass ihm die Serienverantwortlichen bald eine neue Partnerin zur Seite stellten.
    Familie und Beruf lassen sich im Krimi nicht vereinbaren. Wenn man auf eine Fernsehsendung stößt, in der das gelingt, gelingt es gleich ausgezeichnet. Die beruflich erfolgreiche Frau kümmert sich auch zu Hause erfolgreich um den Haushalt. Sie muss sich nicht fragen, wie in der Familie die Aufgaben geteilt werden, weil sie sowieso weiterhin alle erledigt, der Mann fühlt sich nicht zuständig fürs Kochen und Putzen. Wo sie ihr Kind unterbringt, während sie arbeitet, falls sie überhaupt einen Kita-Platz bekommt, ob die Elternzeit ihrer Karriere schadet, welche Schule die beste Bildung verspricht, das fragt sie sich auch nicht. Das Fernsehen blendet die wichtigsten familienpolitischen Debatten aus, die für die Zukunft der Gesellschaft entscheidend sind. Es blendet auch die sozialen Fragen des Landes weitgehend aus und konzentriert sich auf die gut verdienende Mittelschichtfamilie. Obwohl Alleinerziehende im Fernsehen überrepräsentiert sind – sie kommen dort dreimal so häufig vor wie in der Realität –, wird nicht thematisiert, wie hart sie mit welchen Schwierigkeiten zu kämpfen haben.
    Mit Erziehungsfragen, Bildungsfragen und sozialen Nötenbefassen sich die Dokusoaps. Sie heißen Familien im Brennpunkt, Mein Baby, Die Super Nanny, Erwachsen auf Probe, Teenager außer Kontrolle. Es geht hauptsächlich darum, das Schicksal einzelner Familien voyeuristisch in Szene zu setzen und befremdliche Ratschläge zu erteilen. Die Dokusoaps konzentrieren sich auf den ausgefransten Rand der Gesellschaft und nicht auf deren Mitte. Sie führen das Elend eigenartiger Familien vor anstatt in normale hinein. In der Sendung Vorsicht Falle! Nepper, Schlepper, Bauernfänger warnte Eduard Zimmermann früher vor Trickbetrügern. Die Dokusoaps warnen vor der Familie.
    Selbst Informationssendungen erwecken den Eindruck, als sei die Familie in etwa so wichtig wie ein Curlingwettbewerb. Nicht einmal 1 Prozent der Beiträge und Meldungen behandeln familienpolitische Themen. Die Grimme-Studie kommt zu dem Ergebnis, dass für das Fernsehen die aufregendsten Ereignisse im »familiären Nahraum« spielten, was so viel heißt wie Eifersuchtsdramen und andere Tragödien, im besten Fall mit Toten. Manchmal wird über Gerichtsprozesse berichtet und über Urteile wie die neue Sorgerechtsregelung.
    Die Autoren der Studie fordern deshalb eine besser auf das Medium abgestimmte Informationsaufbereitung einschlägiger familienpolitischer Daten, familienwissenschaftlicher Forschungen und Aktivitäten sowie eine intensivierte Zusammenarbeit zwischen familienpolitischen Akteuren und Medienmachern. Das veranlasste eine Zeitungskommentatorin, davon abzuraten, nach einem solchen Muster Drehbücher zu schreiben. Mit derart trockenemRealismus komme uns ja nicht einmal die sozialkritisch bewegte Lindenstraße .
    Dahinter verbirgt sich die Überzeugung, dass man den Fernsehzuschauern nicht allzu viel Wirklichkeitsnähe zumuten sollte. In diesem Sinne wären die Zuschauer unmündige, reflektionsunfähige Verbraucher, die den Apparat ein- und das Gehirn ausschalten. Das mag in manchen Fällen so sein, lässt sich aber nicht verallgemeinern.
    Die Angst, der Zuschauer könnte bei einer Geschichte aus dem Leben an seine
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