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Die Orpheus-Prophezeiung: Thriller (German Edition)

Die Orpheus-Prophezeiung: Thriller (German Edition)

Titel: Die Orpheus-Prophezeiung: Thriller (German Edition)
Autoren: Oliver Buslau
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abseits stehen sehen.
    »Wie heißt du?«
    »Tino. Tino Fasone.«
    Fasone … Das war die riesige Familie, die irgendwo hinter San Michele auf einem alten Bauernhof lebte. Padre Antonio hatte vor vier Jahren die Großmutter beerdigt. Einzelne Informationen kamen ihm in den Sinn: Der Vater, der sie pflegte, war alleine mit vier Söhnen. Er arbeitete in Florenz und fuhr jeden Morgen in aller Frühe zur Arbeit. Die Söhne waren sich selbst überlassen.
    »Wie geht es deinen Brüdern? Und deinem Vater?«
    »Der Vater ist tot, Padre. Meine Brüder arbeiten auf dem Bau. Mal hier, mal da. Kann ich mit Ihnen sprechen?«
    Der Priester war milde gestimmt. Dieser Junge hatte kein leichtes Leben. Und wenn er ihm helfen konnte … Jetzt tat es ihm leid, dass er so abweisend reagiert hatte.
    »Komm mit zum Beichtstuhl.« Er berührte Tino an der Schulter. »Was arbeitest du?«
    »Wenig. Ich bin zu ungeschickt. Zu dumm.« Jetzt wurde dem Padre klar, was mit dem Jungen nicht stimmte. Er war zurückgeblieben.
    Der Beichtstuhl wirkte wie eine düstere Kiste, ein Verschlag aus dunklem Holz. War es nötig, sich dort hineinzuknien? Vielleicht sollte er sich mit Tino lieber in einer der Kirchenbänke unterhalten. Allerdings war das nicht korrekt. Die Beichte war ein Sakrament, das bestimmten Regeln zu folgen hatte.
    »Wir müssen da reingehen, damit es wirkt, richtig?« Tino runzelte die Stirn.
    »Das ist richtig. Aber du musst dich nicht fürchten. Wir werden uns in Ruhe unterhalten. Niemand kann uns stören.«
    »Ich habe keine Angst … Es ist nur …«
    Padre Antonio zog den Vorhang zur Seite. »Ja?«
    »Ich möchte, dass es schnell vorüber ist. Wissen Sie … Ich habe etwas Furchtbares gesehen. Ich glaube, es war eine Art Strafe.«
    »Und was war das?«
    Tino sah sich um, als wolle er überprüfen, dass außer ihnen wirklich niemand in der Kirche war. Dann beugte er sich vor und flüsterte, wobei er große Augen machte: »Die Hölle, Padre. Sie ist mir erschienen. Ich wurde hingeführt und sollte hinabsteigen.«
    Der Priester nahm stechenden Mundgeruch wahr.
    »Aber ich bin abgehauen. Und es war nur wegen dieser Deutschen, verstehen Sie?«
    Es gelang Padre Antonio, Tino dazu zu bringen, sich in den Verschlag zu knien. Er selbst nahm in dem mittleren Bereich Platz und schloss die Tür. Das Gesicht des Jungen war hinter einem vergitterten Fensterchen nur noch zu erahnen.
    Padre Antonio verzichtete auf die üblichen Einleitungsformeln. Auch er wollte schnell mit der Sache fertig werden. Sollte dieser Tino seine Hirngespinste formulieren. Dann konnte der Padre ihn wegschicken. Und ihn ein paar Ave- Maria beten lassen. »Nun erzähl«, forderte er den Jungen auf.
    »Es … war gestern. Am Morgen. Ich bin zur Arbeit gefahren.«
    »Ich dachte, du arbeitest nicht?«
    »Na ja, ich helfe.«
    Padre Antonio verstand. Tino übernahm Handlangerdienste.
    »Ziemlich weit draußen, hinter Mugello. Da ist das Haus von einem deutschen Professore. Sie waren sowieso dabei zu renovieren. Bei dem Erdbeben sind ein paar Dachziegel heruntergerutscht. Ennio wollte, dass ich neue besorge.«
    In Tinos Stimme mischte sich Stolz. Er schien seine Arbeit zu lieben.
    »Wer ist Ennio?«
    »Der Anstreicher, Padre. Also: Mein Moped hat einen Anhänger. Also kein Problem. Ich besorge die Ziegel. Ich fahre in aller Frühe los. Und wie ich gerade an der Stelle bin, wo die Straße in Kurven durch die Hügel geht, gibt mein Moped den Geist auf. Ich steige ab und schaue mich um. Und da sehe ich zwischen den Bäumen etwas Glänzendes. Da parkt ein Wagen. Der Wagen des Professore. Des deutschen Professore, dessen Haus ich reparieren sollte, verstehen Sie?«
    »Ich kann dir folgen. Aber was ist daran so schlimm?«
    »Was für ein Glück!«, fuhr Tino fort, als hätte er den Einwand gar nicht gehört. »Ich renne auf das Auto zu. Es sind auch Leute drin. Seine Tochter. Sabine heißt sie. Ein schönes Mädchen, Padre. Sie können sich nicht vorstellen, wie schön. Als ich gerade rufen will, geht die Tür von dem Auto auf, und Sabine und ein Mann steigen aus. Sie laufen weg. Den Mann habe ich aber erkannt. Es war Alberto aus dem Supermarkt, den kennen Sie doch sicher – so ein stämmiger, kräftiger.«
    Der Padre kannte ihn nicht. Aber ihm dämmerte, worauf die Geschichte hinauslief.
    »Die haben mich gar nicht beachtet«, rief Tino. »Sie waren nur mit sich selbst beschäftigt. Sie können sich nicht vorstellen, was die vorhatten.«
    »Doch, das kann ich«, entfuhr es dem
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