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Die Orpheus-Prophezeiung: Thriller (German Edition)

Die Orpheus-Prophezeiung: Thriller (German Edition)

Titel: Die Orpheus-Prophezeiung: Thriller (German Edition)
Autoren: Oliver Buslau
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Priester.
    »Ich musste doch die Dachziegel liefern. Und ich musste mit Sabine reden. So bin ich hinterher. Sie sind so schnell gelaufen, dass ich kaum mitkam. Durch das Gebüsch den ganzen Hügel rauf. Sie haben gelacht und rumgealbert. Manchmal, wenn ich sie zwischen den Büschen aus den Augen verloren hatte, konnte ich sie nur noch hören. Irgendwann waren sie weg. Ich stand alleine in der Wildnis. Ich hatte Mühe, zur Straße zurückzufinden.«
    Padre Antonio schüttelte den Kopf. Fast war er geneigt zu glauben, dass man ihm doch einen Streich spielte. Was wollte Tino hier? Was belastete ihn? Sicher hatte er ein Auge auf diese Sabine geworfen – die Tochter eines der vielen Deutschen, die für die Toskana schwärmten und sich hier ein Haus leisteten. Aber das war doch normal. Und was sollte das Gerede von der Hölle?
    Tino holte Luft. Die Geschichte schien noch nicht zu Ende zu sein. »Als ich dann weiterging …« Tinos Stimme hatte sich gesenkt und wirkte heiser. »Da lagen sie mitten im Gras. Nackt …«
    »Haben sie dich bemerkt?«, fragte der Padre schnell.
    Tino antwortete nicht. Der Padre sah hinter dem Fensterchen eine Bewegung. Der Junge schüttelte den Kopf.
    »Aber … Ich habe zugesehen.«
    »Bist du sicher, dass sie dich nicht bemerkt haben?«
    »Ja. Sonst hätten sie ja nicht weitergemacht.«
    »Wie lange hast du sie beobachtet?«
    »Ein, zwei Stunden.«
    »Und dafür soll ich dir jetzt die Absolution erteilen?«
    »Ist es denn eine Sünde?«
    »Allerdings!«
    »Ich dachte es mir. Denn kurz darauf zeigte mir der Herrgott, dass es eine Sünde war.«
    »Was meinst du damit? Haben die beiden noch etwas anderes getan?«
    »Es geschah, als sie schon weg waren. Es hat mich sehr verwirrt, Padre. Sehr aufgeregt. Wissen Sie, mein Bruder schaut sich manchmal solche Filme an, und meinen Vater hat das sehr erzürnt …«
    Dem Priester wurde klar, dass Tino immer noch von dem Liebesspiel der beiden sprach. Er spürte eine dumpfe Erregung und versuchte, sie zu unterdrücken.
    »Was ist denn nun hinterher geschehen?«, fragte er. Ungeduld hatte ihn gepackt.
    »Mir wurde klar, welche Sünde ich begangen hatte. Ich meine, die beiden natürlich auch. Aber in erster Linie ich.«
    »Was soll das heißen?«
    Tino sog wieder Luft ein und sagte: »Die Hölle öffnete sich.«
    »Was?«
    »Ich habe mich auf dem Rückweg zur Straße wieder verlaufen und bin auf der Suche nach einem Weg hügelaufwärts geraten. Da war so eine Art Hohlweg. Als wenn dort einmal eine kleine Straße gewesen wäre. Und mit einem Mal löste sich von irgendwo etwas vom Hügel und rutschte genau vor mich auf den Weg. Als sollte ich dort oben eingesperrt werden. Und die Hölle tat sich auf.«
    Ein Nachbeben, dachte der Padre. Und dabei hat es einen kleinen Erdrutsch gegeben.
    »Da war plötzlich ein Eingang«, fuhr Tino fort. »Oben am Berg. Es ist ein Schlund, Padre, ein Höllenschlund. Eisige Luft stieg daraus hervor. Der eisige Atem des Teufels.«
    Tinos Stimme wurde rau, er raunte beinahe, und die bildhaften Worte des Jungen erzeugten bei Padre Antonio eine Gänsehaut.
    »Woher weißt du, dass es der Eingang zur Hölle war?«
    »Weil ich gesündigt habe, Padre. Es war eine Drohung. Und als ich hinaufstieg und hineinsah, hatte ich keinen Zweifel mehr.«
    »War denn da etwas zu sehen?«
    »Das sagte ich doch schon. Die Schwärze.«
    Der Padre schüttelte den Kopf. Was erzählte der Junge da? Konnte es wirklich wahr sein?
    »Ich dachte, das kann doch kein Zufall sein …«
    Ein eisiges Gefühl kroch von irgendwo in dem Padre hoch. Mein Gott, dachte er. Die Geschichte ist wahr. Und nach so langer Zeit …
    »Wo war das genau?«, fragte er.
    »Wie ich gesagt habe …« Tino wiederholte es. »Muss ich jetzt in die Hölle?«, fragte er.
    »Was hast du danach getan?«
    »Ich bin weggelaufen. So schnell ich konnte. Irgendwann war ich dann an der Straße. Das Auto vom Professore war schon weg. Ich musste den ganzen Weg zu Fuß gehen. Der Professore hat es aber nicht tragisch genommen. Er arbeitet sowieso den ganzen Tag in seinem großen Zimmer mit den vielen Büchern. Dabei dachte ich, sie hätten das teure Haus gekauft, um darin Ferien zu machen. Und seiner Tochter war es egal.«
    »Hat sie dich auf die Begegnung angesprochen? Hat sie dich vielleicht doch bemerkt?«
    »Padre, muss ich jetzt in die Hölle?« Tino schluchzte plötzlich.
    Der Padre legte sich eine Erklärung zurecht, die zwar bei Licht betrachtet völliger Blödsinn war, aber in diesem Fall
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