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Die Orpheus-Prophezeiung: Thriller (German Edition)

Die Orpheus-Prophezeiung: Thriller (German Edition)

Titel: Die Orpheus-Prophezeiung: Thriller (German Edition)
Autoren: Oliver Buslau
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jetzt nicht erklären. Die Zeit drängt. Bitte. Wo haben Sie sie hingebracht?«
    »Ich könnte es Ihnen auf einer Karte zeigen.«
    »Dann tun Sie es bitte.« Der junge Mann schritt auf die Haustür zu.
    Dem Padre blieb nichts anderes übrig, als ihn in sein Arbeitszimmer zu lassen. Während sie die enge Treppe hinaufgingen, unterstrich er immer wieder seine Besorgnis und brachte seine Verwunderung zum Ausdruck. »Ich verstehe nicht«, sagte er, »was an der Gegend da hinten in den Hügeln so interessant sein soll. Ich war sehr verwundert über das Mädchen. Und jetzt kommen Sie … Offenbar auch aus Deutschland …«
    »Aus Wien«, korrigierte der Mann.
    »Na gut, aus Wien … Das ist ziemlich weit, um so einen alten Steinbruch in der Toskana zu besichtigen.«
    Er holte einen Plan aus der Schublade. Als er ihn ausgebreitet hatte, schien der Mann mit seinen Augen alles aufzusaugen.
    »Es war hier«, sagte der Padre und deutete auf die Stelle abseits der Straße, die von Florenz heraufkam.
    »Was ist dort?«, fragte der Mann.
    »Was meinen Sie damit?«
    »Ein Wald? Ein Platz? Sie haben eben von einem Steinbruch gesprochen.«
    »Ja, ein Steinbruch. Eine Felswand. Und oben eine Höhle. Wissen Sie, ich glaube, sie ist durch das Erdbeben vorige Woche entstanden.«
    »Woher wissen Sie das denn?«
    »Na ja, wir werden oft von solchen Erschütterungen heimgesucht.« Der Padre verfiel wieder in sein altes Sprüchlein. »Es ist doch seltsam, dass der Herr gerade das Land, in dem Seine heilige Kirche ihre Heimat gefunden hat, so sehr mit Erdbeben straft.«
    »Das meine ich nicht.«
    »Wie bitte?«
    »Ich meine, woher wissen Sie, dass diese Höhle erst seit Kurzem offen ist? Das klingt, als hätten Sie ein Auge darauf, was sich dort oben verändert.« Während der junge Mann das sagte, blickte er auf die Karte und schien etwas herauslesen zu wollen, was weit mehr war als die reine Ortsangabe. Er drehte den Kopf leicht, fuhr über die Papierfläche und ließ den Finger genau auf der Stelle ruhen, wo früher einmal die Villa Gritti gestanden hatte.
    Der Padre rang nach einer Erklärung.
    »Da oben sind manchmal Jäger unterwegs«, sagte er. »Und die bringen solche Neuigkeiten in den Ort. Ich selbst bin nie zuvor dort oben gewesen.«
    »Und woher wussten Sie dann, wohin sie Mara bringen mussten?«
    Der Padre konstruierte eine Ausrede und hoffte inständig, dass der junge Mann sie schluckte.
    »Sie hatte selbst Karten dabei. Allerdings waren sie nicht detailliert.«
    Das Wunder geschah, und der junge Mann schluckte die Erklärung. »Darf ich das hier mitnehmen?«, fragte er.
    »Natürlich. Bringen Sie sie mir nur zurück.«
    »Oder möchten Sie mitkommen?«
    »Nein, das geht nicht. Ich habe nicht so viel Zeit. Ich habe Pflichten als Seelsorger, wissen Sie.«
    Der junge Mann nahm die Karte, legte sie zusammen, bedankte sich und ging.
    Kaum hatte der Padre hinter ihm die Haustür verschlossen, stieg er wieder in sein Arbeitszimmer hinauf und setzte sich hinter den Schreibtisch. Dann sah er auf die Uhr. Der junge Mann würde sich beeilen. Er würde eine knappe Stunde brauchen, bis er an der Höhle war. Er würde genau wie Mara hineinklettern. Nach ihr suchen.
    Der Padre sah zu seinem Telefon.
    Eine Stunde.
    Dann würde er eine ganz bestimmte Nummer wählen.
    Und dann würde endlich alles vorbei sein.

59
    »So sieht man sich wieder«, sagte Deborah und ging einen Schritt auf Mara zu. Ihr helles Haar floss über den dunklen Overall und glänzte im matten Licht der Lampe, die Quint in der einen Hand hielt. Mit der anderen umschloss er einen Revolver, der auf Mara zielte. Hinter ihnen war ein Seil zu erkennen, das den Schacht hinaufführte. Dort mussten sie heruntergeklettert sein.
    »Und ich wusste, dass wir uns wiedersehen«, fuhr Deborah fort, kam ein paar Schritte näher und legte etwas Längliches, Dunkles auf den Boden. »Es ist vorbestimmt.« Die Szene erinnerte an die Übergabe von Geschenken zwischen Eroberern und Eingeborenen. Mara sah auf den Gegenstand und konnte es nicht fassen. Es war ein Geigenkasten. Nicht ihrer, in dem Tamara gewesen war. Den hatte ja die Donau verschluckt.
    »Du hast mir eine Geige mitgebracht?«, fragte sie.
    »Nicht irgendeine Geige. Mach den Kasten auf.«
    Mara ging in die Knie, legte die mittlerweile ohnehin fast erloschene Fackel neben sich auf den Boden und öffnete die Verschlüsse.
    »Tamara«, rief sie, als sie den Deckel hob. Sie war es. Ohne Zweifel.
    Der Lack glänzte auf dem schwarzen Holz.
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