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Die Nomadengott-Saga 01 - Der Nomadengott

Die Nomadengott-Saga 01 - Der Nomadengott

Titel: Die Nomadengott-Saga 01 - Der Nomadengott
Autoren: Gerd Scherm
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viele Finger hat der Horusfalke?«, fragte die Nase.
    »Keine, du Trottel, weil ein Falke keine Hände hat!«, entgegnete schon etwas lauter die dickleibige Mumie.
    »Ich meine, wie viele Flügel hat der Horusfalke?«, entschuldigte sich die Nase.
    »Einen im Westen und einen im Osten«, antwortete leicht ungeduldig der Ankömmling.
    »Zu welcher Stunde setzt sich der Falke nieder?«, fragte die Nase ungerührt weiter.
    »Zur achten? Zur neunten?«, kam zögernd die fragende Antwort.
    »Falsch! Ich lass dich nicht rein«, tönte es triumphierend aus dem Türspalt.
    »Zur zehnten? Zur elften? Zur zwölften? Verdammt, ich habe es vergessen! Lass mich jetzt endlich rein, Almak, du weißt genau, dass ich es bin, Raffim«, bettelte der Deckenberg.
    »Ich wurde zum obersten Hüter des nilwärtigen Tores ernannt, und mir wurde geheißen, nur denen Einlass zu gewähren, die sich den vorgeschriebenen Prüfungen erfolgreich unterzogen haben. Basta, du bleibst draußen, Raffim!«, tönte die Nase.
    »Aaalmak! Ich werde dich meinen Krokodilen zum Fraß vorwerfen, wenn du mich nicht augenblicklich einlässt. Ich muss zur Versammlung, das weißt du ganz genau!«, kreischte der vor Zorn bebende Raffim.
    In diesem Augenblick erschien im Haus gegenüber ein Kopf im Fenster und brüllte: »Ruhe, ich will schlafen!«
    »Das hier geht dich überhaupt nichts an«, schrie Raffim zurück. »Wir sind eine Geheimgesellschaft!«
    »Dann bleibt gefälligst geheim und haltet euer Maul!«, schnauzte der Fensterkopf zurück.
    »Ich würde ja, aber Almak, der Trottel, lässt mich nicht zur Versammlung«, entgegnete der immer zorniger werdende Raffim.
    »Almak, lass Raffim endlich zur Versammlung, damit ich schlafen kann. Wenn nicht, zeige ich eure ganze Geheimgesellschaft morgen bei der Verwaltung wegen nächtlicher Ruhestörung an!«, polterte der Kopf und zog sich ins Haus zurück.
    »Siehst du, das hast du nun davon, Almak. Eines Tages wird er uns wirklich anzeigen. Jede Nacht das gleiche Theater«, brummte Raffim, während er sich durch den nun geöffneten Türspalt zwängte. Der Raum dahinter war nur spärlich beleuchtet. Sehr spärlich.
    Drei schwindsüchtige Kerzen schienen in Form eines gleichseitigen Dreiecks zu schweben. Erst wenn sich die Augen an die schummrige Beleuchtung gewöhnt hatten, erkannte man, dass die Kerzen auf dünnen Spießen standen.
    Rund um die Kerzenspieße kauerten einige Gestalten. Eine davon bewegte sich und sprach: »Na endlich, Raffim, musst du immer zu spät kommen?«
    »Zuerst haben die Krokodile nicht weinen wollen, und dann hat mich auch noch der Idiot an der Tür aufgehalten«, erwiderte harsch der Neuangekommene.
    »Ach so, die Krokodile haben mal wieder nicht so geweint wie du wolltest. Scheinen doch schlaue Viecher zu sein«, sagte die Gestalt.
    »Geschäft ist Geschäft, Seshmosis, aber davon verstehst du Schreiberling ja nichts«, wehrte Raffim ab.
     
    Hier muss unbedingt erwähnt werden, welches Geschäft Raffim betrieb: Er war Devotionalienhändler im Dienste des Krokodilgottes Suchos.
    Besser gesagt, in eigenen Diensten, auf eigene Rechnung und auf eigenen Profit handelte Raffim mit allem, was im Entferntesten mit dem Kult um Suchos zu tun hat.
    Und das war bei einem Mann mit dem Geschäftssinn von Raffim sehr viel. Angefangen von Amuletten über kleine Statuen und vergilbte Krokodilzähne bis zu Gürteln, Sandalen und Taschen. Dazu betrieb er einen Imbiss-Stand mit Krokodilwurst, Krokodilmilch, Krokodilschnaps, Krokodilhackbällchen und geraspelten, mit Honig versetzten Krokodillederresten als Süßigkeiten.
    Absoluter Verkaufsschlager waren jedoch seit Jahren Krokodilstränen, die Raffim unter nicht näher bekannten Umständen den Reptilien höchstpersönlich abtrotzte, trocknete und dann in Silber oder Gold fassen ließ und zu horrenden Preisen im Vorhof des Tempels verkaufte.
    Wenn man den stiernackigen, pockennarbigen, untersetzten Dreizentnermann Raffim mit seinen Geieraugen sah, mochte man nicht mit den Krokodilen tauschen.
    Man ahnte zumindest, wie er an die Tränen kam.
     
    »Schon gut, lasst uns endlich anfangen. Wir sind vollzählig«, konstatierte der mit Seshmosis Angesprochene und fuhr fort: »Ich habe eine Botschaft bekommen, die nichts Gutes verheißt. Hört mir zu: Ägypten den Ägyptern! Die Hyksos und ihre Abkömmlinge beherrschen unseren Handel.«
    Eine Stimme aus dem Dunkel fragte: »Wer sind die Hyksos?«
    »Wir!«, sagte Seshmosis und las weiter vor. »Sie essen nicht nur
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