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Die neuen Weltwunder - In 20 Bauten durch die Weltgeschichte

Die neuen Weltwunder - In 20 Bauten durch die Weltgeschichte

Titel: Die neuen Weltwunder - In 20 Bauten durch die Weltgeschichte
Autoren: Bernd Ingmar Gutberlet
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Kentauren. Hinter den äußeren Säulen mit den Metopen darüber verlief der Parthenonfries mit seinen Hunderten menschlichen und tierischen Figuren. Der Fries zeigt den großen Festumzug der Panathenäischen Festspiele. Abgebildet sind auch Götter und Heroen, die die Prozession der Menschen wohlwollend verfolgen. Schließlich waren die beiden Giebel im Osten und im Westen bildhauerisch gestaltet. Vom Ostgiebel hat der christliche Eifer beim Umbau zur Kirche wenig übrig gelassen, aber Pausanias weiß zu berichten, dass dort die Geburt der Athena dargestellt war. Dem Mythos zufolge wurde Athena aus dem Haupt des Göttervaters Zeus geboren, das zu diesem Zweck von Hephaistos mit einer Axt gespalten wurde. Passend zur Ostseite waren aufgehende Sonne und untergehender Mond zu sehen, dazu zahlreiche andere Götter. An die fünfzig Figuren waren dort insgesamt versammelt, Tiere eingerechnet. Verlässlich rekonstruieren lässt sich der Ostfries des Parthenon aber nicht mehr. Besser erhalten ist der Westgiebel, der Athena und Poseidon im Streit um Attika zeigt. Zwei Schauplätze der abgebildeten Auseinandersetzung sind noch heute als Kultstätten auf der Akropolis nachweisbar: Wo später das Erechtheion errichtet wurde, soll Poseidon, auf dass Wasser fließe, seinen Dreizack in den Fels gerammt haben, wohingegen Athena einen Ölbaum pflanzte. Den Wettstreit um Attika gewann Athena, deren Ruhm auf der Akropolis vielfältig gepriesen – und zur politischen Selbstdarstellung unverhohlen genutzt wurde.

    Es ist eine ziemliche Herausforderung, sich als heutiger Besucher die Akropolis des 5 . Jahrhunderts vor unserer Zeitrechnung oder gar der vorangegangenen Jahrhunderte vorzustellen. Zwischen den wiedererrichteten und restaurierten Bauten fehlen Gärten und Spontanvegetation von früher, die bunten Verzierungen an den Gebäuden, die Vielzahl aufgestellter Monumente. Zu Athens Blütezeit war die Akropolis als wichtigste Sakralstätte gleichzeitig ein Freiluftmuseum, das bedeutende Werke der damals zeitgenössischen Künstler ausstellte. Auch wenn es sich um einen heiligen Bezirk handelte, so herrschte dort eher rege Betriebsamkeit als fromme Stille. Und was unzerstört, aber dem Ort und dem historischen und künstlerischen Kontext entrissen in den verschiedensten Museen der Welt aufbewahrt wird, fehlt beim Spaziergang hoch über Athen. Was sich uns heute darbietet, ist ein Konstrukt der modernen Vorstellung von der Antike, idealisiert und träumerisch. Oder, drastischer ausgedrückt, das Ergebnis von mutwilliger Zerstörung und ruinenseliger Bastelei.

    Die Jahrhunderte haben an der Akropolis gezehrt. Die Verwüstung durch die Perser 480 v. Chr. sollte nicht die einzige bleiben, und nicht jede Zerstörung war kriegsbedingt.
    Die Glanzzeit des radikaldemokratischen Athen währte nur einige Jahrzehnte. Athen mag in dieser Zeit innenpolitisch und künstlerisch beispielhaft und vorbildgebend bis heute gewirkt haben – der Umgang mit den anderen griechischen Staaten hingegen war weniger vorbildlich als aggressiv und überheblich. Dass Athen dauerhaft die Vormachtrolle in Griechenland fürsich beanspruchte, konnte auf Dauer nicht gutgehen und mündete in den Peloponnesischen Krieg, der ganz Griechenland arg in Mitleidenschaft zog und Athen 404 v. Chr. schließlich zur Kapitulation zugunsten des Rivalen Sparta zwang.
    Als es ein Dreivierteljahrhundert später mit Griechenland wieder aufwärtsging, diesmal allerdings unter Führung Makedoniens, machte Alexander der Große der Akropolis erstmals wieder bedeutendere Schenkungen – Kriegsbeute aus Persien wurde vergoldet und an den Parthenon montiert. Bald darauf wohnte mit dem Makedonen Demetrios Poliorketes erstmals wieder ein Herrscher auf der Akropolis, und zwar im Parthenon-Tempel, den er als Heiligtum allerdings nicht gerade in Ehren hielt, sondern zum Bordell machte – das jedenfalls beklagte Plutarch im 1 . Jahrhundert n. Chr. Einhundert Jahre nach Demetrios Poliorketes waren die athenischen Verhältnisse gar so zerrüttet, dass ein athenischer Tyrann das Gold vom Schild der Athena Parthenos entwenden konnte. Andere Herrscher erwiesen dem Heiligtum ihre Ehrerbietung, brachten Weihgeschenke oder ließen am Bergfuß Gebäude errichten. Plünderungen größeren Stils brachte dann die Römerzeit mit sich, aber es kamen auch neue Gebäude hinzu, darunter hinter dem Parthenon ein Tempel für Roma und Augustus, ein Rundtempel aus neun Säulen, von dem nur mehr die Grundmauern und
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