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Die neuen Großmächte: Wie Brasilien, China und Indien die Welt erobern - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Die neuen Großmächte: Wie Brasilien, China und Indien die Welt erobern - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Titel: Die neuen Großmächte: Wie Brasilien, China und Indien die Welt erobern - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)
Autoren: Erich Follath
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hinterlassen; wer wollte da nicht immer schon mal hin, sich auf ihre Fährten setzen, ihren Beobachtungen nachspüren. Wenn man es dann nach Usbekistan und Mali geschafft hat, dann stellt sich Enttäuschung ein, ja fast so etwas wie Trauer. Nicht wegen der Sehenswürdigkeiten. Der Registan-Platz und die Sankoré-Moschee sind großartig. Aber es lässt sich kaum übersehen: Diese Städte haben ihre besten Zeiten hinter sich, sie sind teils museal und überrestauriert, teils zerfallen und vernachlässigt. Nur noch Schatten früheren Glanzes, schwaches Echo strahlender Epochen.
    Und dann gibt es noch diese wenigen Städte, die eine besondere Melodie haben, eine besondere Lage, eine besondere Geschichte, ein besonderes Flair – und die sich über ihre interessante Historie hinaus weiterentwickelt haben, zu wahren Weltstädten geworden sind. Drei dieser Metropolen des 21. Jahrhunderts prägen die neuen Weltmächte, sie gehören zu den Sehnsuchtsorten schlechthin: Bombay, Schanghai, Rio de Janeiro. Erstaunlich, wie vieles sie schon auf Anhieb verbindet: Sie liegen alle am Meer und haben bemerkenswert schöne Aussichtspunkte. Sie haben alle eine ausgeprägte Kolonialgeschichte. Sie sind alle Wirtschaftszentren, Kulturmetropolen und Zukunftslaboratorien. Sie brachten alle bemerkenswerte Politiker, Wirtschaftsführer und Filmemacher hervor. Und sie sind alle nicht die Hauptstädte ihrer Staaten. Dennoch werden die drei neuen Großmächte mehr mit ihnen identifiziert als mit irgendwelchen anderen Orten. Neben der Schönheit von Indien, China und Brasilien, die sie repräsentieren, stehen Bombay, Schanghai und Rio aber auch für deren schlimmste Probleme: Slums, Korruption, Vetternwirtschaft. Und für die Verwundbarkeit durch Klimawandel.
    In einer Studie der amerikanischen Columbia University nehmen sich die Wissenschaftler Alex de Sherbinin, Andrew Schiller und Alex Pulsipher gezielt das Trio vor. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass keine der Metropolen über eine nachhaltige Umweltpolitik und adäquate Katastrophen-Vorkehrungen verfügt. Am vernichtendsten fällt ihr Urteil über Bombay aus: »Unglücklicherweise ist die Innenstadt mit ihren weitläufigen Slums durch ihre Lage auf einer aufgeschütteten Halbinsel besonders anfällig für Klimakatastrophen, wie es sich beim extremen Monsun im Juli 2005 zeigte, als über tausend Einwohner ums Leben kamen. Diese Verwundbarkeit wird durch die verschiedenen Erdbeben-Gräben, auf denen sie sich befindet, sowie durch den ungesunden Umgang mit industriellen Kloaken und die Luftverschmutzung noch bedenklich verstärkt.«
    Die drei vergleichen sich ganz bewusst auch selbst miteinander, sie sehen sich im Wettbewerb – dabei geht es ihnen nicht um Katastrophenschutz, sondern um wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt. Und um Rekordzahlen. Im Oktober 2004 etwa forderte der indische Ministerpräsident Manmohan Singh in einer Grundsatzrede seine Landsleute auf, die chinesische Konkurrenz auszustechen: »Wenn wir über ein aufstrebendes Asien sprechen, dann denken die meisten an die riesigen Veränderungen, die sich in Schanghai ereignet haben. Ich habe den Traum, Bombay so zu verändern, dass die Menschen in wenigen Jahren Schanghai vergessen und stattdessen Mumbai in aller Munde ist.« In der indischen Megacity finden 2013 gleich zwei Ausstellungen von höchstem internationalen Format statt: Die Chemtec und die Pharma Bio World Expo. Trotzdem müssen die Stadtväter anerkennend in die chinesische Metropole schauen: Die dortigen Führungskräfte haben 2012 schließlich die prestigereichste aller industrieller Leistungsshows veranstalten dürfen, die Weltausstellung. Und die Inder müssen zähneknirschend akzeptieren, dass Rio de Janeiro den Vogel abgeschossen hat – als Austragungsort des Fußball-Weltmeisterschaftsendspiels im Sommer 2014 und Olympiastadt 2016.
    Aber die Bombayer lassen sich grundsätzlich nicht unterkriegen, superlativsüchtig und selbstbewusst, wie sie sie sind: Hat nicht der amerikanische Nachrichtensender CNN ihre Stadt im Dezember 2012 zur »World’s Greatest City« erklärt und immerhin fünfzig Gründe dafür angeführt, »warum Bombay Nummer eins ist«? Verheißt der Bestseller des preisgekrönten Autors Suketu Mehta nicht, dass es sich bei Indiens größter Stadt um die »Maximum City« schlechthin handelt? Steht hier nicht neuerdings auch das teuerste Privathaus der Welt, Objekt des Neids für Konkurrenten aus Rio und Schanghai – von den anderen,
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