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Die Naschmarkt-Morde

Titel: Die Naschmarkt-Morde
Autoren: Gmeiner-Verlag
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her! Hoffentlich nix Schlechtes?«
    Lang holte sich einen freien Sessel und bestellte sich ebenfalls einen Tee mit doppeltem Rum. Er ließ sich ächzend zwischen Nechyba und Goldblatt nieder.
»Also, was haben Sie über mich geredet, meine Herren?«
    »Der Nechyba und ich haben uns über den Stanislaus Gotthelf unterhalten. Dass der bald Ihre Bekanntschaft machen wird. Nicht hier im Café, sondern streng beruflich.«
    »Ja, ja, der Gotthelf …«, seufzte Lang, »so wie es aussieht, wird dem Gericht gar nichts anderes übrig bleiben, als ihn zum Tode zu verurteilen. Sind ja schließlich auch grausliche Sachen, die er angestellt hat. Zwei so blutjunge Mädeln ins Jenseits zu befördern … Der muss im Kopf nicht ganz richtig sein – ein normaler Mensch tut so etwas nicht.«
    Der Ober brachte den Tee, und Lang begann, das heiße Gebräu genussvoll zu schlürfen. Nechyba räusperte sich und sagte leise: »Wer die zwei Mädeln umgebracht hat, dem gebührt wirklich der Strick. Das Problem ist nur: Der Goldblatt und ich sind unabhängig voneinander draufgekommen, dass es der Gotthelf definitiv nicht war.«
    Lang verschluckte sich und bekam einen Hustenanfall. Der Oberkörper des Mannes bebte, sein Kopf lief purpurrot an, die übrigen Gäste im Lokal verstummten und beobachteten das Spektakel. Der Oberkellner eilte herbei und klopfte Lang kräftig auf den Rücken, sodass dieser die verstopfte Luftröhre freihusten konnte. Als der Anfall vorbei war und die anderen Gäste sich wieder um ihre eigenen Angelegenheiten kümmerten, flüsterte Lang mit belegter Stimme: »Der Gotthelf war es nicht? Seid Ihr Euch da ganz sicher, meine Herren?«
    Nechyba und Goldblatt nickten und erzählten dem Scharfrichter den Stand der Dinge.
     
    Der Nachmittag wurde zum Abend und der Abend zur Nacht. Die drei Männer saßen wie angeschraubt an ihrem Kaffeehaustisch und unterhielten sich in gedämpftem Tonfall, ohne auf ihre Umgebung zu achten. Beflügelt von weiteren Kaffees und Cognacs, rollten sie die beiden Mordfälle nochmals auf. Sie gingen gemeinsam die gesamte Bekanntschaft der beiden Mordopfer durch und erstellten eine Liste der Verdächtigen. Denn über folgende Fakten waren sich alle drei einig: Dass die beiden Morde zusammenhingen und dass beide Mordopfer – aus welch unterschiedlichen Milieus sie auch stammen mögen – den Mörder höchstwahrscheinlich persönlich gekannt hatten. Im Laufe des Abends grenzten sie die Liste der potenziellen Täter immer weiter ein. Knapp vor der Sperrstunde blieb nach harten Diskussionen und dem Abwägen aller Wahrscheinlichkeiten schließlich nur mehr ein Name übrig. Er veranlasste Joseph Maria Nechyba zu folgendem Stoßseufzer: »Ich bin doch ein Hornochse! Dass mir das nicht früher aufgefallen ist …«
     
    Apropos auffallen: Auffällig verhielt sich während des langen Abends einer der Kaffeehausgäste. Einem Schatten gleich huschte er immer wieder an dem Tisch der drei Männer vorbei. Man konnte sehen, dass er sehr bemüht war, Brocken des Gesprächs aufzuschnappen. Schließlich setzte sich der Schatten an den übernächsten Tisch. Hier konnte er noch besser lauschen. Nach 11 Uhr leerte sich das Café allmählich, und der Schatten war plötzlich auch verschwunden. Grußlos und ohne zu zahlen. Ein Umstand, der den Oberkellner maßlos ärgerte.

XII/3.
    Gottburga von Schönthal-Schrattenbach hatte in den letzten Wochen zahlreiche durchwachte Nächte verbracht. Die Ermordung ihrer Nichte sowie das daraufhin einsetzende finanzielle Debakel raubten ihr den Schlaf. Doch nun, nachdem ihre Nichte die ewige Ruhe gefunden und sie selbst das beachtliche Familienvermögen derer von Hainisch-Hinterberg geerbt hatte, schlief die Baronin wieder tief und fest. So wie dies vor den fatalen Ereignissen der Fall gewesen war. Schließlich war das ererbte Vermögen das ihrer eigenen Familie. Sie selbst war seinerzeit bei der Heirat mit Friedrich Schönthal ausgesteuert und abgefunden worden. Ihr älterer Bruder – Hermines Vater – hatte alle Ländereien und Besitztümer der Familie erhalten.
     
    Die Baronin schlief den Schlaf der Gerechten und reagierte vorerst auch nicht, als seltsame Geräusche aus anderen Teilen der Wohnung in ihr Schlafgemach drangen: verängstigtes Wimmern, dumpfe Schläge, ein Gurgeln und Röcheln, das Schnarren der Besenkammertür sowie Schleifgeräusche. Erst der dumpfe Knall, mit dem die Tür der Besenkammer zugeworfen wurde, holte sie aus Morpheus’ Armen. Dies geschah in Form
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