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Die naechste Frau

Die naechste Frau

Titel: Die naechste Frau
Autoren: Sanne Hipp
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so bildhübsche Person nicht nötig, höflich mit dem Rest der Welt umzugehen. Die Bewegung ihrer linken Hand war recht ungehalten. Temperament hatte sie, auf jeden Fall, stellte Alex fest, während ihr mittlerweile amüsierter Blick immer noch auf die Fahrerin gerichtet blieb.
    Die fremde Frau ließ sich endlich dazu herab, Alex anzusehen. Ihre funkelnden, blauen Augen zeigten deutlich, wie genervt sie war.
    Alex war hingerissen.
    Das war kein Graublau oder Grünblau. Nein, allertiefstes Blau.
    Wahnsinn.
    „Warum?“, hörte sie die Unbekannte fragen.
    Alex brauchte einen Augenblick, um zu begreifen, dass sie auf ihre letzte Frage Bezug nahm. Ihre hübschen Augen waren etwas zusammen gekniffen. Sie schien ihr nicht zu trauen.
    „Was fahren Sie denn sonst?“, fragte Alex nach. Sie würde es doch wohl schaffen, mit dieser Frau wenigstens ein, zwei Sätze zu wechseln!
    „Eine 1100er BMW.“
    Alex lächelte. Das hätte sie sich fast gedacht. Mit ihrem Gore-Tex-Motorradanzug und dem Vollvisierhelm passte sie vom Stil her nicht zu dieser Chopper. Wahrscheinlich war sie heute zum ersten Mal auf so einem Motorrad unterwegs. Sie würde ihr etwas Nachhilfe geben, entschied sie. Ihre linke Hand griff also zum Motorrad, in die Nähe ihres linken Knies, und stellte einen kleinen metallenen Hahnen von der neunzig Grad Stellung so, dass er nach unten zeigte.
    „Sie haben vergessen, den Benzinhahn zu öffnen. Bei dieser Chopper müssen Sie das immer noch von Hand tun. Wie weit sind Sie denn mit dem geschlossenen Hahn gekommen? Einen Kilometer oder zwei?“
    Die Frau hatte ihre Bewegung verblüfft verfolgt. „Das darf nicht wahr sein“, stöhnte sie auf, „warum bin ich da nicht selbst drauf gekommen?“ Ihr genervter Ausdruck war plötzlich verflogen. Ihre Hand strich wieder über die blonde Kurzhaarfrisur, eine Verlegenheitsgeste.
    Alex ertappte sich bei dem Gedanken, dass sie es ihr gerne nachgemacht hätte. Wie würde sich das anfühlen? Die Fremde hatte zwar ungeschliffene Manieren und ein etwas ungezügeltes Temperament, aber sie war eine äußerst attraktive Frau.
    Alex konnte gar nicht anders: Sie musste es zumindest versuchen! Frauen mit kurzen, blonden Haaren hatten sie von jeher fasziniert.
    „Ich war einen Augenblick lang versucht, es Ihnen zu verschweigen, dann hätte ich vielleicht eine Chance gehabt, Sie nach Hause fahren zu können. So wie es aussieht, hab ich mir das soeben selbst verbaut.“
    Ihr Blick war eine Einladung gewesen, aber diese Frau reagierte nicht darauf.
    Nicht im Geringsten.
    Die Unbekannte zog es vor, den Motor zu starten. Sofort erklang ein kräftiges Röhren. Sie konnte also wieder weiterfahren und nahm dies erleichtert zur Kenntnis. Ihre rechte Hand drehte am Gasgriff.
    Alex spürte Enttäuschung in sich hochsteigen. Das war’s dann wohl. „Einen schönen Tag noch“, sagte sie resigniert in das Motorengeräusch hinein. Sie wandte sich ab, ging zu ihrem Boxter, ließ sich mit einem Seufzer in den Fahrersitz fallen, startete den Motor und fuhr davon.
    „Schade, wirklich zu schade.“
    Im Rückspiegel wurde die Frau mit der Chopper immer kleiner, bis sie völlig aus ihrem Sichtfeld verschwand.
     
    Alex beschleunigte, spürte den Anzug des kräftigen Motors, der es sonst immer schaffte, sie zu begeistern. Jetzt reichte es gerade aus, ihr etwas Trost zu spenden. Sie schluckte ihre Enttäuschung hinunter, schaltete das Radio an und versuchte die hübsche Frau wieder aus ihren Gedanken zu verdrängen.
    Ihr Blick wanderte zum Beifahrersitz. Da lag er, ihr Vorvertrag. Ihre Freude kehrte zurück.
    Sie hatte es geschafft! Ihre zukünftige Arbeitsstelle stimmte mit ihrem beruflichen Profil tatsächlich zu hundert Prozent überein. Übernächsten Monat würde sie ihre neue Tätigkeit als Hausleitung des Seniorenzentrums Am Mühlbach beginnen. Ein Verbund mit zwei Pflegestationen, einer Tagespflege, achtzig betreuten Wohnungen und einem ambulanten Pflegedienst. Sie würde die Verantwortung für knapp neunzig Mitarbeiter haben, die Hauswirtschaft und das Reinigungspersonal nicht mitgerechnet.
    Es würde eine neue Herausforderung für sie sein.
    Und doch hatte ihr Hochgefühl soeben einen deutlichen Dämpfer erhalten. Ihre Gedanken waren wieder bei der blonden Motorradfahrerin.
    Was für eine hübsche Frau.
    Wieder seufzte sie auf.
    Ganz offensichtlich war sie nicht ihr Typ.
     

Kapitel 2
    „Oh Gott. Ich bin so bescheuert, ich kann es selbst nicht fassen. Die wollte was von mir. Die stand auf
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