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Die nächste Begegnung

Die nächste Begegnung

Titel: Die nächste Begegnung
Autoren: Arthur C. Clarke
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Jahr diese bizarren Spikes-Leitern hinaufhetzten, um aus dem Schachttunnel der Oktarachniden zu entrinnen.
    »Sind die Oktos also die Ramaner?«, fragte Michael. »Wenn ja, warum sollten wir vor ihnen fliehen? Ihre technologische Entwicklung ist der unsrigen dermaßen weit voraus, dass sie grundsätzlich mit uns machen könnten, was ihnen beliebt.«
    »Die Oktos sind nur Passagiere in diesem Schiff«, gab Richard rasch zurück, »genau wie wir. Und wie die Flugwesen. Die Oktos glauben vielleicht, dass wir die Ramaner sein könnten, aber sie sind sich nicht sicher. Die Vögel sind mir ein Rätsel. Sie können auf keinen Fall selbst eine raumfahrende Spezies sein. Also, wie sind sie überhaupt an Bord gekommen? Sind sie möglicherweise Teil des ursprünglichen ramanischen Ökosystems?«
    Instinktiv drückte ich Simone fester an mich. So viele Fragen. Und kaum eine Antwort. Die Erinnerung an den armen Dr. Takagishi schoss mir durch den Kopf, wie er da ausgestopft wie ein gewaltiger Fisch oder ein Tiger im Oktarachnischen Museum steht, und mich überlief ein Schauder. »Wenn wir Passagiere sind«, fragte ich leise, »wohin geht dann unsere Fahrt?«
    Richard seufzte. »Ich hab ein paar Berechnungen gemacht. Aber die Ergebnisse sind nicht sehr ermutigend. Obwohl wir, auf die Sonne bezogen, sehr schnell fliegen, ist unsere Reisegeschwindigkeit kläglich, wenn wir als Bezugssystem unsre örtliche Sterngruppe zugrunde legen. Wenn sich unsre Flugbahn nicht ändert, werden wir unser Sonnensystem ungefähr in der Richtung Barnards Stern verlassen. Aber im Barnard- System würden wir erst in ein paar Tausend Jahren ankommen.«
    Simone begann zu weinen. Es war spät, sie war sehr müde. Ich entschuldigte mich, ging in Michaels Zimmer, um sie zu stillen, und die Männer nahmen sich alle Sensor-Outputs am Schwarzschirm vor, um vielleicht festzustellen, was eigentlich vorging. Simone nuckelte zornig an meinen Brüsten, einmal schmerzte es sogar. Diese Unruhe war ausgesprochen ungewöhnlich, denn sonst ist sie ein einigermaßen angenehm sanftes Baby. »Du spürst unsere Furcht, nicht wahr?«, sagte ich zu ihr. Ich habe gelesen, dass Babys die Gefühlsregungen der Erwachsenen in ihrer Umgebung fühlen können. Vielleicht stimmt das sogar.
    Auch als Simone dann schnuckelig auf ihrer Decke auf dem Fußboden schlief, fand ich keine Ruhe. Mein psychosomatisches Vorwarnsystem sagte mir, dass die Geschehnisse des heutigen Abends das Signal für den Übergang in irgendeine neue Phase unseres Lebens an Bord Ramas waren. Richards Berechnungen, dass Rama mehr als tausend Jahre durch die interstellaren Abgründe reisen könnte, hatte mir kaum mehr Zuversicht gebracht. Ich versuchte mir vorzustellen, wie das sein würde, wenn ich bis ans Ende meines Lebens unter den jetzigen Umständen würde leben müssen, und mein Hirn sträubte sich dagegen. Für Simone würde es jedenfalls ein recht langweiliges Dasein werden. Dann ertappte ich mich dabei, dass ich Gebetsworte stammelte ... an die Adresse von >Gott< gerichtet ... oder an die der Ramaner ... oder wer immer die Macht besaß, die Zukunft zu ändern. Mein Gebet war ziemlich primitiv. Ich flehte, dass die bevorstehenden Veränderungen das zukünftige Leben meines Töchterchens irgendwie reicher machen möchten.
    28-05-2201
    Heute Nacht gab es wieder das lange Pfeifen, dem ein prachtvolles Lichterschauspiel in der Südschüssel Ramas folgte. Ich ging es mir nicht anschauen, sondern blieb mit Simone in unsrer Höhle. Michael und Richard stießen diesmal nicht auf andere NewYorker Mitbewohner. Richard gab an, die Show habe etwa so lang gedauert wie die erste, aber die einzelnen Darbietungen seien beträchtlich verschieden gewesen. Michael hatte den Eindruck, dass die einzige merkliche Veränderung farblicher Art gewesen sei. Seiner Meinung nach war heute Abend Blau dominant, während es vor zwei Nächten das Gelb gewesen sei.
    Richard sagt, er ist sicher, dass die Ramaner in die Zahl 3 verliebt sind, dass es demzufolge bei Einbruch der nächsten Ramanacht wieder eine Lichter-Show geben werde. Da inzwischen die Tage und Nächte in Rama mit dreiundzwanzig Stunden approximativ gleich sind — Richard, mein brillanter Gatte bezeichnet das als >Rama-Äquinoktien< und hat sie in dem Almanach, den er vor vier Monaten Michael und mir aushändigte, exakt prognostiziert —, wird die dritte Show in zwei weiteren Erdentagen steigen. Und wir rechnen damit, dass sich nach dieser dritten Demonstration irgendwas
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