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Die nächste Begegnung

Die nächste Begegnung

Titel: Die nächste Begegnung
Autoren: Arthur C. Clarke
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Ungewöhnliches ereignen wird. Und ich werde mir das ganz bestimmt anschauen, es sei denn, Simone wäre in Gefahr.
    30-05-2201
    Unsere massive, zylindrische Gastwelt macht jetzt eine rapide Beschleunigung durch, die vor mehr als vier Stunden einsetzte. Richard ist dermaßen aufgeregt, dass er sich kaum bremsen kann. Er ist überzeugt, dass sich hinter dem erhöhten Hemizylinder des >Südpols< ein Antriebssystem verbirgt, d as nach physikalischen Prinzipien funktioniert, welche die wildesten Phantasievorstellungen irdischer Wissenschaftler und Techniker weit übersteigen. Richard starrt wie gebannt auf die Angaben von den Außensensoren auf dem schwarzen Bildschirm, seinen geliebten PC in der Hand, und ab und zu macht er aufgrund der Monitorinformationen Eingaben. Ab und zu brummelt er auch in sich hinein oder brummt uns was zu, wenn er glaubt, erkannt zu haben, wie das Flugmanöver unsere Bahn beeinflussen könnte.
    Damals, als Rama auf halber Strecke die Kurskorrektur vornahm, um in den Erdberührungsorbit zu gelangen, war ich bewusstlos und lag auf dem Boden einer tiefen Grube, also weiß ich nicht, wie heftig das Grundbeben bei diesem früheren Manöver war. Richard sagt, dass die Erschütterungen harmlos waren im Vergleich zu dem, was wir jetzt durchmachen. Im Moment ist es schon schwer, auch nur herumzulaufen. Der Boden schwingt hochfrequent, als wäre nur ein paar Meter entfernt ein Presslufthammer zugange. Wir tragen Simone abwechselnd im Arm, seit der Beschleunigungsschub einsetzte. Wir können sie nicht auf den Boden oder in ihre Krippe setzen, weil die Vibration ihr Angst einjagt. Ich allein trage Simone herum, und ich bin dabei ganz besonders vorsich ti g. Das Gleichgewicht zu verlieren und zu stürzen, das ist jetzt wirklich eine vordringliche Sorge — Richard und Michael sind beide schon zweimal gestürzt — und Simone könnte wirklich ernstlich Schaden nehmen, falls ich irgendwie ungut fallen sollte. Unser kärgliches Mobiliar tanzt überall im Raum herum. Vor einer halben Stunde machte einer von unseren Stühlen einen gewaltigen Hüpfer und strebte dem Treppenaufgang zu. Anfangs haben wir alle zehn Minuten das Mobiliar wieder an Ort und Stelle gebracht, aber jetzt kümmern wir uns einfach nicht mehr darum — außer es versucht durch die Tür in den Korridor zu entwischen.
    Insgesamt war es eine unglaubliche Erfahrung, und es begann mit dem dritten, letzten Lichtspektakel am Südende. Kurz vor Einbruch der Nacht ging Richard allein raus. Ein paar Minuten später kam er aufgeregt zurück und schnappte sich Michael. Und als die beiden dann zurückkehrten, sah Michael aus, als hätte er ein Gespenst gesehen. »Oktospinnen«, brüllte Richard. »Dutzende, massiert an der Küste, zwei Kilometer östlich.«
    »Also, du weißt ja nicht exakt, wie viele es wirklich sind«, bemerkte Michael. »Wir haben sie ja höchstens zehn Sekunden lang gesehen, ehe die Lichter ausgingen.«
    »Ich habe sie aber viel länger beobachtet, als ich allein draußen war«, fuhr Richard fort. »Ich hab sie ganz deutlich durchs Fernglas gesehen. Zuerst war es bloß 'ne Hand voll, aber auf einmal kamen sie in Scharen an. Grad als ich anfangen wollte, sie zu zählen, sammelten sie sich zu so einer Art Schlachtordnung, und ein riesiger Okto mit roten und blauen Streifen auf dem Kopf war irgendwie isoliert an der Spitze der Formation.«
    »Ich hab den rot-blauen Riesen nicht gesehen und auch keinerlei Gruppenformation«, sagte Michael, als ich die beiden ungläubig anstarrte. »Aber ich hab ganz bestimmt viele von diesen Kreaturen mit den dunklen Schädeln und den schwarzgoldenen Tentakeln gesehen. Meiner Meinung nach schauten die alle nach Süden und warteten auf den Anfang des Lichtspektakels.
    »Wir haben auch die Vögel gesehen«, sagte Richard zu mir und wandte sich Michael zu. »Was meinst du, wie viel waren es in dem Schwarm?«
    »Fünfundzwanzig, vielleicht dreißig«, antwortete Michael.
    »Sie stiegen hoch über New York auf, kreischend. Dann flogen sie nach Norden über das Zylindermeer.« Richard schwieg für einen Moment. »Ich glaube, diese blöden Vögel haben das schon mal erlebt und wissen, was passieren wird.«
    Ich begann Simone in Decken zu wickeln. »Was machst du denn da?«, fragte Richard. Ich erklärte, ich wollte das letzte Lichterspektakel nicht verpassen. Und ich erinnerte ihn daran, dass er mir geschworen habe, dass die Oktos immer nur nachts rauskommen. »Diesmal ist es was Besonderes«, gab er mir zur
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