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Die Nachtwanderin

Die Nachtwanderin

Titel: Die Nachtwanderin
Autoren: T. J. Hudspeth
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dieselbe Lüge. Nämlich, dass sie ihre alte Großmutter überraschen und besuchen wollte. Dabei hatte sie nicht einmal eine Großmutter. Zumindest schöpfte so niemand Verdacht und keiner vermutete, dass sie eine Ausreiserin und auf sich allein gestellt war.
Eines Tages, nach wochenlanger Reise, ließ sie jemand im Zentrum einer Großstadt heraus. Es war kurz vor Einbruch der Nacht. Die Stadt war riesig, mit mehreren Millionen Einwohnern, die alle nur auf sich schauten und sich nicht um eine umherstreunende Jugendliche kümmern würden. Also genau richtig für Mimma. Eine schnelllebige Stadt, in der man nur ein anonymes Gesicht war. Neue Clubs schossen wie Unkraut aus dem Boden und verschwanden genauso schnell, wie sie gekommen waren. Eine Neueröffnung jagte die andere. Zwielichtige Geschäftsleute investierten ihre Unmengen an Gelder, in irgendwelche profitablen Projekte und erhofften sich den großen Reichtum. Einige bekamen das, was sie sich erhofften, andere verloren alles und wurden durch neue Geschäftsleute, mit neuen Träumen und Visionen ausgetauscht. Nichts war beständig.
Da in dieser Stadt allen nur das Geld wichtig war, fand Mimma schnell eine Anstellung in einem Club. Der Betreiber wusste, dass sie minderjährig war, doch da sie für ihr junges Alter sehr erwachsen wirkte, ignorierte er diese Tatsache. So konnte er sie schwarz beschäftigen, musste keine Abgaben an Ämter und Versicherungen zahlen und konnte sich dadurch mehr Geld in die eigene Tasche wirtschaften. Mimma war das ebenso recht. Hauptsache sie kam schnell an Geld.
Sie behielt einen Job nie lange, um nicht von der Polizei geschnappt zu werden, denn sie wollte auf gar keinen Fall bis zu ihrer Volljährigkeit in einem Heim versauern.
Trotz der eher schlechten Bezahlung, konnte sich Mimma eine kleine und schäbige Mietswohnung leisten. Dem Vermieter war es egal, wer sich bei ihm einmietete, Hauptsache er bekam zum Monatsanfang pünktlich seine Miete.
Nach und nach richtete Mimma sich ihre kleine Wohnung mit allem Nötigen, gemütlich ein. Es war nicht viel, doch sie war glücklich, denn sie hatte ein Dach über den Kopf.
So vergingen die Jahre. Ihre Jobs wechselten, doch die Wohnung blieb dieselbe. Als sie endlich volljährig wurde, suchte Mimma sich Jobs, bei denen sie richtig angestellt war, doch es blieben vorwiegend Jobs in Clubs oder Bars, in denen sie hinter der Theke Alkohol ausschenkte. Durch ihr Festgehalt und ihr Trinkgeld konnte sie gut leben. Freunde hatte sie keine. Mimma bevorzugte es alleine zu bleiben, denn dann konnte sie keine Enttäuschungen erleben, wie in ihrer Kindheit und Jugend. Sie kannte durch die verschiedenen Jobs, die sie gemacht hatte, einige Leute, mit denen sie ab und zu durch die Stadt zog und feierte. Abgesehen vom Alkohol, der ihr das Leben an manchen Tagen erleichterte, nahm sie hin und wieder Drogen. Im Drogen- und Alkoholrausch hatte sie oft Sex mit fremden Männern, die sie nicht kannte. Nach einer durchfeierten Nacht, wachte sie bei irgendwem Zuhause auf, suchte ihre Klamotten zusammen und machte sich schleunigst aus dem Staub. Manchmal wunderte sie sich, weshalb sie nie krank noch schwanger wurde, denn sie hatte immer ungeschützten Verkehr gehabt und ihre Sexpartner sahen nie so aus, als ob sie auf ihre eigene Gesundheit Acht geben würden. Es musste wohl einfach eine Frage des Glücks sein, wie beim Russischen Rollet. Man drückte den Abzug, hörte das Klicken, zuckte zusammen und da man noch denken konnte, wusste man, dass man sich noch nicht das Gehirn raus gepustet und an der Wand verteilt hatte. Eine unschöne Vorstellung für die Person, die die Sauerei bereinigen musste.
    *****

    Mimma wechselte einmal wieder den Job. Sie landete in einer kleinen, ruhigen Bar, in der Nähe ihrer Wohnung. Die Bezahlung war angemessen und da die Bar immer gut besucht war, fiel auch das Trinkgeld dementsprechend aus. Der Besitzer der Bar war Mitte 40 und machte einen freundlichen Eindruck. Nie versuchte er bei Mimma zu landen oder machte anzügliche Bemerkungen und da es sonst keine Mitarbeiter gab, musste sie das Trinkgeld nicht teilen und konnte es ganz für sich behalten. Die Bar hatte jeden Tag von 12 Uhr mittags bis Mitternacht geöffnet. Da Mimmas Wohnung ganz in der Nähe lag, konnte sie zu Fuß nach Hause gehen, bekam genügend Schlaf und hatte vormittags noch Zeit, um Besorgungen zu machen. Mimma war mittlerweile 22 Jahre alt. Sie hatte keine besonderen Ambitionen, aus ihrem Leben mehr zu machen, denn
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