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Die Nachtwächter

Die Nachtwächter

Titel: Die Nachtwächter
Autoren: Terry Pratchett
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und dort war Carcer. Er steckte
    zwischen zwei anderen Schornsteinen, für al e verborgen – nur Mumm
    und Knuddel auf dem Kunstturm konnten ihn sehen.
    Carcer zielte.
    Mumm drehte den Kopf und hielt nach dem Ziel Ausschau.
    Etwa fünfzig Meter entfernt kletterte Karotte übers Dach des
    Forschungstrakts für hochenergetische Magie.
    Der verdammte Narr hatte es noch nie gut verstanden, sich zu
    verstecken. Oh, er duckte sich und kroch, aber dadurch wirkte er
    irgendwie noch auffälliger. Er beherrschte nicht die Kunst, sich
    unsichtbar zu denken. Dort war er nun und stapfte durch das Chaos auf dem Dach, ebenso deutlich zu sehen wie eine große Ente in einer
    kleinen Badewanne. Und er hatte sich ohne Unterstützung aufs Dach
    begeben.
    Narr…
    Carcer zielte sorgfältig. Auf dem Dach des Forschungstrakts lagen alte
    Ausrüstungsgegenstände al er Art durcheinander, und Karotte befand
    sich nun hinter der erhöhten Plattform mit den so genannten
    »Zaubererkugeln« – sie leiteten überschüssige Magie ab, wenn bei
    Experimenten weiter unten etwas schief ging, was recht häufig geschah.
    Hinter der Plattform bot Karotte kein besonders gutes Ziel.
    Mumm hob seine Armbrust.
    Donner… rol te. Es klang nach einem gewaltigen Eisenwürfel, der
    über die Treppe der Götter rol te, ein knisterndes, grol endes Krachen,
    das den Himmel zerriss und die Gebäude der Stadt erzittern ließ.
    Carcer sah auf und bemerkte Mumm.

    »Was machsn da, Kumpel?«
    Knuddel wich nicht von dem Fernrohr zurück. Selbst eine
    Brechstange hätte ihn jetzt nicht davon trennen können.
    »Haltet die Klappe, ihr blöden Raben!«, brummte er.
    Beide Männer hatten geschossen und das Ziel verfehlt, weil sie
    bestrebt gewesen waren, gleichzeitig zu schießen und in Deckung zu
    gehen.
    Etwas Hartes klopfte an Knuddels Schulter.
    »Was isn los da unten, Kumpel?«, erklang eine beharrliche Stimme.
    Knuddel drehte den Kopf. Mehr als zehn verwahrloste Raben
    standen hinter ihm und sahen aus wie alte Männer in schlecht sitzenden
    schwarzen Mänteln. Sie waren die besonderen Vögel des Kunstturms.
    Über Hunderte von Generationen hatten sie in einer Umgebung mit
    hoher magischer Strahlung gelebt, was die schon von Natur aus recht
    intelligenten Tiere noch intelligenter werden ließ. Allerdings wurden sie
    nie in dem Sinne gescheit. Die Intelligenz dieser Raben war eher eine
    beharrliche Dummheit, durchaus angemessen für Geschöpfe, für die
    das aufregende Panorama der Stadt tief unten eine Art Fernsehen
    darstellte.
    »Haut ab !«, rief Knuddel und wandte sich wieder dem Fernrohr zu. Er sah Carcer laufen, und Mumm folgte ihm, und dann kam der Hagel…
    Er machte die Welt weiß. Er hämmerte auf das Dach des Kunstturms
    und ließ Knuddels Helm dröhnen. Hagelkörner so groß wie sein Kopf
    pral ten vom Gestein ab und trafen ihn von unten. Er fluchte, schirmte
    sich das Gesicht mit den Armen ab und wurde andauernd von Splittern
    getroffen – jeder von ihnen stel te eine Zukunft vol er Schmerzen in
    Aussicht –, als er über das rol ende Eis glitt. Er gelangte zu einem
    efeuverhangenen Bogen zwischen zwei Türmchen, wo der Reiher
    Zuflucht gesucht hatte, und dort ging er in Deckung. Zwar trafen ihn
    auch hier umherfliegende Bruchstücke von Hagelkörnern, aber
    wenigstens konnte er sehen und atmen.
    Ein Schnabel stieß hart gegen seinen Rücken.
    »Was passiert’n jetzt, Kumpel?«

    Carcer landete schwer auf dem Bogen zwischen dem Studentenhaus
    und den Hauptgebäuden, verlor auf den Ziegeln fast das Gleichgewicht
    und zögerte. Der Armbrustbolzen eines Wächters weiter unten streifte
    sein Bein.
    Mumm ließ sich hinter Carcer auf den Bogen fal en, als der Hagel
    begann.
    Die beiden Männer fluchten und rutschten, als einer dem anderen
    über den Bogen folgte. Carcer erreichte eine Efeuranke, die zum Dach
    der Bibliothek führte, und sofort kletterte er daran empor. Eis brach
    unter ihm.
    Mumm griff nach dem Efeu, als Carcer auf dem flachen Dach
    verschwand. Er drehte den Kopf, als er ein Krachen hinter sich hörte,
    und sah Karotte, der versuchte, sich über die Mauer des
    Forschungstrakts zu nähern. Der Hagel umgab ihn mit einem Schein
    aus Eissplittern.
    »Bleib dort!«, rief Mumm.
    Karottes Antwort verlor sich im Prasseln.
    Mumm winkte und griff nach dem Efeu, als sein Fuß rutschte. »Bleib
    da!«, schrie er. »Das ist ein Befehl ! Komm nicht näher!« Dann zog er sich am nassen, kalten Efeu hoch.
    Der Wind ließ nach, und letzte Hagelkörner pral
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