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Die Nachtwächter

Die Nachtwächter

Titel: Die Nachtwächter
Autoren: Terry Pratchett
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verdienen.«
    »Ach, ja?«, entgegnete Mumm in einem unverbindlichen Tonfall. Das
    Herz pochte ihm noch immer bis zum Hals. »Vielleicht auf einem der
    großen Plätze?«
    »Ja, das wäre eine gute Idee.«
    »In Bronze?«, fügte Mumm sarkastisch hinzu. »Alle sieben, wie sie mit
    der Fahne winken?«
    »Bronze, ja«, sagte Vetinari.
    »Wirklich? Und mit einem inspirierenden Spruch?«, fragte Mumm.
    »Warum nicht? Viel eicht etwas in der Art von ›Sie haben die Pflicht
    erfül t, die sie erfül en mussten‹?«
    »Nein!«, stieß Mumm hervor und blieb unter einer Lampe am Eingang
    der Gruft stehen. »Wie kannst du es wagen ? Heute! An diesem Ort! Sie haben die Pflicht erfül t, die sie nicht erfül en mussten, deshalb starben
    sie, und du kannst ihnen nichts dafür geben. Verstehst du? Sie
    kämpften für jene, die im Stich gelassen wurden, sie kämpften
    füreinander, und sie wurden verraten. Solchen Männern ergeht es
    immer so. Welchen Nutzen hätte ein Denkmal? Es würde neue Narren
    daran glauben lassen, sie könnten Helden sein. Und das wäre nicht in
    ihrem Sinne. Lass sie ruhen. Für immer .«
    Sie gingen weiter, begleitet von schwerer Stille, und dann sagte
    Vetinari, als hätte sich Mumm überhaupt nicht ereifert:
    »Erfreulicherweise hat der neue Dekan dieses Tempels plötzlich den
    Ruf vernommen.«
    »Welchen Ruf?«
    »Mit religiösen Angelegenheiten kenne ich mich nicht sehr gut aus,
    aber offenbar verspürte er plötzlich den brennenden Wunsch, die frohe
    Botschaft der Geringen Götter unwissenden Heiden zu verkünden«,
    sagte Vetinari.
    »Wo?«
    »Ich habe Ting Ling vorgeschlagen.«
    »Das ist auf der anderen Seite der Welt!«
    »Eine frohe Botschaft kann nicht weit genug verbreitet werden,
    Oberfeldwebel.«
    »Nun, wenigstens…«
    Mumm blieb am Tor stehen, unter einer weiteren Lampe, deren Licht
    flackerte. Er ließ Carcer auf den Boden sinken.
    »Du hast es gewusst, nicht wahr? Du hast es gewusst!«
    »Nicht bis vor, äh, einer Sekunde«, erwiderte Vetinari. »Unter uns
    gesagt, Kommandeur: Hast du dich nie gefragt, warum ich die
    Fliederblüte trage?«
    »Doch, das habe ich«, sagte Mumm.
    »Aber du hast die Frage nie an mich gerichtet.«
    »Nein, das habe ich nicht«, bestätigte Mumm. »Es ist eine Blume.
    Jeder kann eine Blume tragen.«
    »Zu dieser Zeit? An diesem Ort?«
    »Erzähl mir davon!«
    »Ich erinnere mich an den Tag, an dem ich einen dringenden Auftrag
    bekam«, sagte Vetinari. »Ich sol te das Leben eines Mannes retten. Eine
    eher ungewöhnliche Aufgabe für einen Assassinen, obwohl ich es schon
    einmal gerettet hatte.« Er bedachte Mumm mit einem seltsamen Blick.
    »Du hast einen Mann erschossen, der mit einer Armbrust zielte?«,
    fragte Mumm.
    »Gut geraten, Kommandeur! Ja. Ich habe ein Auge für das…
    Besondere. Die Zeit wurde knapp. Die Straßen waren verstopft. Überal
    herrschten Chaos und Verwirrung, und ich kannte nicht einmal deinen
    Aufenthaltsort. Ich beschloss, den Weg über die Dächer zu nehmen. So
    gelangte ich zur Ankertaugasse, wo ich eine andere Art von
    Durcheinander vorfand.«
    »Sag mir, was du gesehen hast!«, brummte Mumm.
    »Ich sah, wie ein Mann namens Carcer… verschwand. Und ich sah
    einen Mann namens Keel sterben. Besser gesagt: Ich sah ihn tot.«
    »Na so was«, murmelte Mumm.
    »Ich kämpfte ebenfalls. Ich nahm einem Gefallenen den Fliederzweig
    ab und hielt ihn im Mund, wie ich hinzufügen muss. Ich stel e mir gern
    vor, dass ich echte Hilfe geleistet und etwas bewirkt habe. Vier Männer
    habe ich umgebracht, aber darauf bin ich nicht besonders stolz. Es
    waren einfache Halunken, ohne jedes Geschick. Außerdem war ihr
    Anführer allem Anschein nach geflohen, und mit ihm war auch ihre
    Kampfmoral verschwunden. Die Männer mit den Fliederblüten… Ich
    muss sagen, sie kämpften wie Tiger, wenn auch nicht sehr elegant. Aber
    als sie sahen, dass ihr Anführer gefal en war, fielen sie noch
    entschlossener über die andere Seite her. Bemerkenswert.
    Später sah ich mir John Keel an. Es war John Keel. Wie konnte ein
    Zweifel daran bestehen? Blut klebte an ihm. Überall Blut. Seine
    Wunden erschienen mir ein wenig alt. Und der Tod, wie wir wissen,
    verändert die Leute. Aber so sehr?, fragte ich mich damals. Ich legte die
    Sache als ein halbes Geheimnis beiseite und heute… Oberfeldwebel…
    haben wir die andere Hälfte des Geheimnisses gefunden. Ist es nicht
    wundervol , wie sehr sich Menschen ähneln können? Vermutlich ist
    nicht einmal deinem
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