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Die Nachtwächter

Die Nachtwächter

Titel: Die Nachtwächter
Autoren: Terry Pratchett
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Ich
    glaube, er ist irgendwo dort oben und bleibt dort.«
    »Warum?«
    »Wie sol er sich den Weg durch einen ganzen Haufen Zauberer
    freikämpfen, Herr? Seine beste Chance besteht darin, über die Dächer
    zu klettern und an irgendeinem ruhigen Ort auf den Boden
    zurückzukehren. Dort oben gibt es viele Verstecke, und er könnte es bis
    zur Pfirsichblütenstraße schaffen, ohne herunterzukommen.«
    Forensische Abteilung, dachte Mumm. Ha! Und mit ein bisschen
    Glück weiß der Bursche nichts von Knuddel.
    »Gut überlegt«, sagte er.
    »Danke, Herr. Hättest du etwas dagegen, näher an die Mauer
    heranzutreten, Herr?«
    »Warum?«
    Etwas schlug auf das Pflaster auf. Von einem Augenblick zum
    anderen stand Mumm flach an die Mauer gepresst.
    »Er hat eine Armbrust, Herr«, sagte Grinsi. »Wir glauben, sie stammt
    von Starkimarm. Aber er kann nicht besonders gut damit umgehen.«
    »Ausgezeichnet, Korporal«, sagte Mumm schwach. »Gute Arbeit.« Er
    sah zum Platz zurück. Wind zerrte an den Markisen der Marktbuden.
    Die Verkäufer bedeckten ihre Waren und blickten gelegentlich zum
    Himmel empor.
    »Wir können ihn nicht einfach dort oben lassen«, fuhr er fort. »Wenn
    er aufs Geratewohl schießt, wird er früher oder später jemanden
    treffen.«
    »Warum sollte er aufs Geratewohl schießen, Herr?«
    »Carcer braucht keinen Grund«, sagte Mumm. »Er braucht nur einen
    Vorwand.« Eine Bewegung weckte seine Aufmerksamkeit, und er
    lächelte.
    Ein großer Vogel stieg über der Stadt auf.

    Der Reiher brummte klagend und versuchte, in weiten Kreisen an
    Höhe zu gewinnen. Die Stadt drehte sich unter Korporal Knuddel
    Winzig, als er die Knie noch fester an den Leib des Vogels presste und
    ihn mit dem Wind fliegen ließ. Kurze Zeit später landete der Reiher auf
    dem Kunstturm, dem höchsten Gebäude der Stadt, und kam nach
    einigen torkelnden Schritten zum Stehen.
    Mit einer geübten Bewegung durchschnitt der Gnom den Strick, mit
    dem das mobile Semaphor befestigt war, und sprang dann in den
    Kompost aus Efeulaub und alten Rabennestern, der auf dem Turm eine
    Art Teppich bildete.
    Der Reiher beobachtete ihn mit großäugiger Dummheit. Knuddel
    hatte ihn auf die übliche Weise der Gnome gezähmt: Man malte sich
    grün an, wartete im Sumpf und quakte; wenn dann ein Reiher kam, um
    einen zu fressen, lief man über seinen Schnabel nach oben und gab dem
    Vogel eins auf die Rübe. Bis er wieder zu sich kam, hatte man ihm das
    spezielle Öl – Knuddel war einen ganzen Tag lang mit der Herstellung
    beschäftigt gewesen, und der Gestank hatte al e Wächter aus dem
    Wachhaus vertrieben – in die Nasenlöcher gepustet, und dann sah der
    Vogel einen an und glaubte, seine Mutter zu sehen.
    Ein Reiher war nützlich, denn er konnte Ausrüstung tragen. Für
    Verkehrspatrouillen zog Knuddel einen Sperber vor, weil er besser über
    einer Stel e kreisen konnte.
    Er ließ die Arme des tragbaren Semaphors an dem Pfahl einrasten,
    den er hier vor einigen Wochen vorbereitet hatte, zog dann ein winziges
    Fernrohr aus der Satteltasche des Reihers, band es an die steinerne
    Kante und blickte fast senkrecht in die Tiefe. Knuddel mochte solche
    Momente. Nur bei diesen Gelegenheiten waren al e anderen kleiner als
    er selbst.
    »Nun… mal sehen, was wir sehen können«, brummte er.
    Er sah die Universitätsgebäude. Er sah den Uhrturm des Alten Tom
    und die unverkennbare Masse von Feldwebel Detritus, der zwischen
    den nahen Schornsteinen kletterte. Das gelbe Licht des heranziehenden
    Unwetters spiegelte sich auf den Helmen der Wächter wider, die tief
    unten durch die Straßen eilten. Und dort, geduckt hinter einer
    Brüstung…
    »Na bitte«, sagte Knuddel leise und streckte die Hand nach den
    Griffen des Semaphors aus.

    »D…T…R…T…S Stop N…W…T Stop L…T…R Stop T…M«, sagte
    Grinsi.
    Mumm nickte. Detritus befand sich auf dem Dach unweit des Alten
    Tom. Und Detritus trug eine Belagerungsarmbrust, die nicht einmal
    drei Männer hätten heben können und die so umgebaut war, dass sie
    ein ganzes Pfeilbündel abfeuerte. Die an dem Vorgang beteiligten
    Kräfte ließen die Pfeile meistens in der Luft zerbrechen, was dazu
    führte, dass das Ziel von einer sich ausdehnenden Wolke aus
    brennenden Splittern getroffen wurde. Mumm hatte verboten, diese
    Waffe gegen Personen einzusetzen, aber sie bot eine ausgezeichnete
    Möglichkeit, in ein Gebäude zu gelangen. Man konnte damit Vorder-
    und Hintertür gleichzeitig öffnen.
    »Er soll einen
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