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Die Nacht gehört dem Drachen (German Edition)

Die Nacht gehört dem Drachen (German Edition)

Titel: Die Nacht gehört dem Drachen (German Edition)
Autoren: Alexia Casale
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betrachtet mich mit dem rätselhaften Blick einer Sphinx.
    Dies ist die Nacht unseres Dunkelmonds.
    »Und wohin gehen wir?«, frage ich und will mich aufrichten.
    Der Drache drückt eine Klaue in mein Nachthemd. Ich spüre, wie sie auf meiner Haut kratzt.
    Du schläfst jetzt.
    »Aber …«
    Du musst jetzt schlafen , wiederholt der Drache.
    »Kannst du mir denn nicht verraten …«
    Das , sagt der Drache, wäre gegen unseren Vertrag.
    Ich verdrehe die Augen. »Immer dieses blöde Gerede von einem Vertrag. Du redest nie Klartext.«
    Doch, das tue ich, aber nur in dem Maße, das gut für dich ist , erwidert der Drache.
    »Ich kapiere aber nichts davon!«, schimpfe ich.
    Der Drache lächelt. So soll es ja auch sein.
    Ich brumme verächtlich und würde mich am liebsten auf die Seite drehen, weiß aber, dass der Drache das als Beleidigung auffassen würde.
    Denk an die regnerische Gewitternacht mit den Pferden , sagt der Drache. Denk an die Pferde bei Nebel und Sturm.
    Ich habe vor Augen, wie der Nebel die Beine der Pferde umwogt. Ich erinnere mich an die samtweiche Schnauze auf meiner Handfläche. Ich lächele und habe das Gefühl, gleich im Traum zu versinken.
    »Dies ist der dritte Dunkelmond, seit ich dich herbeigewünscht habe«, flüstere ich. »Welcher mag der ganz besondere sein? Wann werden wir genug geplant haben und endlich handeln?«
    Der Drache lächelt auf mich herab. Die Drei ist eine ganz besondere Zahl.
    »Eine Glückszahl?«, murmele ich gähnend, während mich der Nebel aus meinem Traum umwogt und mich, immer dichter werdend, in den Schlaf zieht.
    Nach so guter Planung braucht man kein Glück , sagt der Drache. Schlaf jetzt. Der für uns bestimmte Dunkelmond zieht auf, und du musst träumen, wenn er da ist.
    Der Nebel kriecht aus dem Dunkel und hüllt mich ein, doch während ich darin versinke, träume ich, dass ich die Decke abwerfe und mich aufrichte, dass der Drache quer durch das Zimmer fliegt und sich, auf der Fensterbank sitzend, nach mir umdreht.
    Komm , befiehlt der Drache.
    »Evie? Alles in Ordnung, mein Liebes?«
    Helles Tageslicht. Es ist Morgen.
    Ich höre, wie die Schlafzimmertür knarrend geöffnet wird, und als ich den Kopf nach links drehe, sehe ich die zur Tür hereinschauende Amy.
    Mir wird bewusst, dass heute Schule ist.
    Ich richte mich gähnend auf, fühle mich schlapp und müde. Ich habe Schmerzen, nur sind es sonderbarerweise meine Beine, die am meisten wehtun. Meine Beine und Arme. Ich versuche, mir ins Gedächtnis zu rufen, wie der Drache mich für unser Dunkelmond-Abenteuer geweckt hat, frage mich, was wir Besonderes unternommen haben, dass ich so steif und verspannt bin, aber die Erinnerung ist wie ausgewischt. Ich habe nur noch vor Augen, dass sich der Drache in die Luft schwang wie damals, als er über das Fahrrad von Sonny Rawlins herfiel, doch es kommt mir vor wie ein Traum. Als Nächstes sehe ich mein Fahrrad vor mir. Ich spüre kurz das Rütteln des Lenkers in den Händen, als ich unten vor dem Garten über Baumwurzeln fahre. Ich höre, wie der mürbe Beton unter meinem Gewicht knirscht, als ich auf den Treidelpfad am Kanal einbiege. Und ich erinnere mich an ein Herzklopfen, so heftig, als hätte ich einen Albtraum gehabt, in dem ich gejagt wurde …
    Und an einen Adrenalinstoß, als würde man gleichzeitig in Eis einbrechen und sich von einem Berggipfel schwingen.
    Ich runzele die Stirn, denn schon diese vagen Erinnerungen verursachen mir ein flaues Gefühl im Magen. Ich schiebe die Bilder beiseite.
    Als ich mich recken will, zucke ich zusammen. Vor der Zeit mit dem Drachen hatte ich ununterbrochen schlechte Träume und erwachte mit dem Gefühl, während der ganzen Nacht vor etwas in meinem Kopf geflohen zu sein, teils vor Erinnerungen, teils vor Albträumen. Beides vermischte sich oft miteinander, ein Albtraum ging in den nächsten über. Aber nachdem ich erwacht war, verflogen sie wie der Rauch eines erloschenen Feuers.
    »Fühlst du dich gut, mein Liebes?«, fragt Amy, die sich auf die Bettkante setzt und meine Stirn fühlt.
    »Ich glaube, ich hatte Albträume«, antworte ich und muss herzhaft gähnen.
    Ich bin noch müder als gestern Abend vor dem Zubettgehen. Und verstimmt. Denn ich habe mich seit Wochen, ja Monaten nicht mehr so gefühlt. Ich habe zum ersten Mal, seit ich den Drachen herbeigewünscht habe, schlecht geschlafen.
    »Am besten, du frühstückst etwas. Dann können wir auch besprechen, ob du heute zur Schule gehst oder nicht«, sagt Amy und
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