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Die Nacht gehört dem Drachen (German Edition)

Die Nacht gehört dem Drachen (German Edition)

Titel: Die Nacht gehört dem Drachen (German Edition)
Autoren: Alexia Casale
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und sie dreht sich im Dunkeln lächelnd zu mir um, denn sie will mir etwas sagen. Sie hält warm und sanft meine Hand. Und ich weiß, dass wir in einer Nachmittagsvorstellung sind. Nur wir beide. Sie lacht, und sie kauft mir ein Eis, und wir wollen beide nicht nach Hause. Als wir schließlich doch auf die Straße treten, trifft uns das Licht wie ein Schlag, raubt uns das Gefühl der Geborgenheit, das uns im Dunkeln erfüllt hat.
    » When you wish upon a star,
    makes not difference who you are … «
    Das gefällt mir. Beim Beten ist es von Bedeutung, was man ist und wer man ist und so weiter. Denn Gott lauscht jedem Betenden auf eine andere Art. Doch beim Wünschen ist das unwichtig. Ich bin zwar alt genug, um zu wissen, dass weder Wünsche noch Gebete in Erfüllung gehen – entweder klappt es oder eben nicht –, aber der Gedanke, dass es nur um mich , um meinen Wunsch geht, gefällt mir.
    Also wünsche ich mir etwas. Obwohl ich weiß, dass es dumm und kindisch ist und rein gar nichts ändern wird. Ich wünsche so sehnsüchtig und verzweifelt, dass mein Herz wehtut, denn es ist dunkle Nacht, und niemand kann mich sehen. Warum also keinen Wunsch äußern, wenn mir danach ist? Was sollte mich daran hindern? Nichts spricht dagegen, und obwohl das Wünschen sinnlos ist, kann ich nicht anders.
    Ich wünsche mir, dass der Drache zum Leben erwacht.
    Ich wiederhole diesen Wunsch, bis die Wolken zurückkehren, immer dichter und immer dunkler. Bis sie Mond und Sterne wieder verhüllt haben.
    Dann schalte ich die Kassette ein und lege den Drachen in die Glasflasche, die neben meinem Bett auf dem Tisch steht.
    Während ich einschlafe, stoße ich in Gepettos Laden gegen niedrige Hocker und Arbeitsbänke. Im Dunkeln regt sich Verborgenes in den staubigen Ecken. Dann zucke ich reflexartig zusammen, aufgeschreckt durch einen Krach neben dem Bett. Meine Lider ruckeln nach oben. Mein Kopf wendet sich dem Nachttisch zu … Aber weil die Decke so warm ist, fallen meine Augen zu, bevor sie richtig offen sind, und ich bin wieder in der Werkstatt und beobachte eine Maus, die zwischen den abgelegten Werkzeugen über den Tisch huscht. Und als ich mich zum Butzenscheibenfenster umdrehe und auf die Kopfsteinpflasterstraße schaue, bin ich mir der Maus bewusst, die mich still und leise beobachtet.
    Ich kann ihren Blick im Rücken spüren.
    Mrs Poole betrachtet meine Arbeit erst entsetzt, dann gereizt und am Ende fast teilnahmsvoll. »Dein Ehrgeiz war wieder mal zu groß, Evie. Die Idee ist nicht schlecht, aber wenn man bedenkt, dass du nur wenige Wochen dafür hast, ist sie einfach etwas zu anspruchsvoll.«
    Ich senke meinen Blick auf die Stiftrolle. Sie entspricht ganz und gar nicht meiner Vorstellung. Und das gilt für alles, was ich in Mrs Pooles Handarbeitsunterricht mache. Das Ding hier ist schwarz und aus Gummi, und die elastischen Bänder, in die man Füller und Stifte stecken kann, sind unterschiedlich groß und breit geworden, und die meisten stehen schief. Wenn ich das Ding an einer Seite hochhebe, wackelt alles gefährlich. Schwer vorstellbar, wie es aussieht, wenn es richtig voll ist. Außerdem habe ich die Ränder nicht bedacht – im aufgerollten Zustand muss alles, was darin ist, irgendwie gehalten werden.
    »Tja, es wäre einfacher, wenn du eine bessere Nadel hättest. Ich habe eine schöne dicke, mit der du diesen … äh … Stoff leichter durchstechen kannst. Du musst nur achtgeben, dich damit nicht zu verletzen.«
    Die Nadel, die sie mir gibt, ist kurz und gedrungen und hat ein abgerundetes Ende. Sie ist eher für Gummi als für Stoff gedacht. Aber das Material für die Stiftrolle ist ja auch kein Stoff. Ich weiß nicht so recht, was es ist. Als ich es im Laden entdeckte, kam es mir genau richtig vor.
    »Spaghetti auf dem Campingkocher? Und mit welcher Soße?«, will Phee von Lynne wissen. Ihre hübsche, schlichte Stiftrolle ist fast fertig. Sie fummelt versonnen an ihrer Mappe herum, während Klebstoff und Glitzerkram trocknen.
    »Willst du etwa Fleisch aus der Konserve löffeln?«, erwidert Lynne, während sie sich mit einem Goldfaden am Kettenstich versucht.
    »Wie wäre es mit Spaghetti aus der Dose? Die schmecken gar nicht schlecht.«
    Lynne seufzt. »Hast du eine Ahnung, wie viele Kalorien …?«
    Phee stöhnt. »Willst du etwa ein Feinschmeckergericht auf einem Campingkocher zubereiten? Wir sollten lieber Chips kaufen. Du kannst dir ja einen kalorienarmen Ekelfraß besorgen.«
    »Wenn wir das Zelt
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