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Die Nacht des Zorns - Roman

Die Nacht des Zorns - Roman

Titel: Die Nacht des Zorns - Roman
Autoren: Fred Vargas
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Hache …«
    »De la Marche«, unterbrach ihn Émeri.
    »Wie du willst. Dass die Compagnie den Vicomte über die Ermittlung in Kenntnis setzen würde, war dir klar, dass er nach wenigen Stunden umfallen würde. Dass er reden, dass er dich bezichtigen würde. Denis, er wusste, dass du die Ergriffenen umgebracht hattest, um den Tod der Vendermots vorzubereiten. Du bist zu ihm gegangen, hast auf ihn eingeredet, um seine Befürchtungen zu beschwichtigen, hast ihn bewusstlos geschlagen – dein berühmter Hieb auf die Halsschlagader –, hast ihm Alkohol und Tabletten eingetrichtert. Doch was nicht vorauszusehen war, Denis richtet sich plötzlich auf, um sich zu übergeben, stürzt zum geöffneten Fenster. Da war das Gewitter, erinnerst du dich? Augenblick der Entfesselung aller Gewalten. Du brauchst nur seine Beine anzuheben, und er kippt raus. Denis würde der Morde beschuldigt werden, die ihn nun in den Selbstmord getrieben hatten. Perfekt. Zwar brachte das deinen Plan durcheinander, aber letztlich nicht allzu sehr. Nach diesen vier Todesfällen und selbst wenn es jetzt eine rationale Erklärung für sie gab, würde halb Ordebec weiterhin der Meinung sein, dass die eigentliche Ursache das Heer wäre. Dass im Prinzip ja doch Hellequin die vier Ergriffenen vernichtet hätte. Dass der Vicomte lediglich sein bewaffneter Arm gewesen sei, sein Instrument. Dass Hippo und Lina nach wie vor an der Ankunft des Seigneurs teilhatten. Nichts stand also im Wege, zu behaupten, ein Wahnsinniger habe daraufhin die beiden Helfershelfer von Hellequin ausgeschaltet. Ein Wahnsinniger, den man, mit Zustimmung der Bevölkerung, nie finden würde.«
    »Ein ganz schönes Gemetzel für einen einzigen Menschen«, meinte Émeri und strich seine Jacke glatt.
    »Sicher, Émeri. Aber du kannst ruhig hinzufügen, dass dieses Gemetzel dir außerordentlich gefiel. Glayeux und Mortembot hatten dich beide verhöhnt, gedemütigt und waren dir entkommen. Du hast sie zutiefst gehasst. Herbier ebenso, den du nie zu fassen bekamst. Alles böse Menschen, und du beseitigtest die bösen Menschen, Hippo als Letzten. Aber vor allem, Émeri, glaubst du vehement an das Heer. Der Seigneur Hellequin, seine Gehilfen Hippo und Lina, sein Opfer Régis, das alles ergibt für dich einen Sinn. Und indem du die Ergriffenen umbrachtest, erwarbst du dir im gleichen Zuge die Gnade des Seigneurs. Was nicht wenig ist. Denn du hast gefürchtet, das vierte Opfer zu sein. Diesen vierten Mann, diesen Ungenannten, mochtest du nie erwähnen. Weshalb ich vermute, dass du vor langer Zeit schon einmal jemanden umgebracht hast. Wie Glayeux, wie Mortembot. Das allerdings bleibt dein Geheimnis.«
    »Es reicht, Kommissar«, schaltete Bourlant sich ein. »Nichts von dem, was hier gesagt wurde, hat irgendwie Gewicht.«
    »Ich weiß, Commandant«, sagte Adamsberg mit einem schwachen Lächeln, während er Veyrenc und Retancourt dem schroffen Beamten aus Lisieux hinterherschob.
    »Des Adlers stolzer Spross«
, murmelte Veyrenc,
»wähnt’ sich in irrem Glaub’, /Er träumt’ vom Pantheon und stürzte in den Staub.«
    Adamsberg bedeutete Veyrenc durch einen Blick, dass dies nicht der Augenblick war, so wie er Danglard gerügt hatte, als er über Richard Löwenherz zu referieren begann.

54
    Lina war nicht zur Arbeit gegangen, das Regelwerk im Hause Vendermot war erschüttert durch die Nachricht von der Verhaftung des Capitaine Émeri, des Vertreters der Ordnungskräfte. Etwa wie wenn die Kirche von Ordebec sich auf ihr Dach gedreht hätte. Nach der Lektüre von Adamsbergs Bericht – der zu großen Teilen von Veyrenc verfasst worden war – hatte Commandant Bourlant sich entschieden, den Richter zu informieren, der die Untersuchungshaft angeordnet hatte. Jedermann in Ordebec wusste inzwischen, dass Louis Nicolas Émeri in Lisieux einsaß.
    Aber vor allem hatte der Graf der Familie Vendermot ein feierliches Schreiben überbringen lassen, in welchem er sie über die wahre Herkunft von Hippolyte und Lina informierte. Es erscheine ihm weniger entwürdigend, hatte er Adamsberg erklärt, wenn die Kinder es vorher von ihm erfuhren, und nicht hinterher durch das Gerücht, das wie immer schnell kursieren und verletzend sein würde.
    Auf seinem Rückweg vom Schloss fand Adamsberg sie, obwohl es schon auf Mittag zuging, im Esszimmer versammelt, wo sie ziellos hin und her liefen, wie Billardkugeln auf einem unebenen Tuch gegeneinanderstoßend, den großen Tisch umkreisend, der noch nicht mal abgeräumt
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