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Die Nacht des Zorns - Roman

Die Nacht des Zorns - Roman

Titel: Die Nacht des Zorns - Roman
Autoren: Fred Vargas
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in ihrer Nähe. In der Gegend von Ordebec.«
    »Ah«, sagte Danglard, nun sichtlich belebt, wie jedes Mal, wenn seine Kenntnisse gefragt waren, wie jedes Mal, wenn er in sein Wissen eintauchen und sich dann in dessen tiefsten Gründen vor Wonne suhlen konnte. »Ah, das Wütende Heer! Nicht ›Verwegene‹.«
    »Wütende. Pardon.«
    »Sie hat wirklich davon gesprochen? Von Hellequins Gefolge?«
    »Ja, so einen Namen hat sie genannt.«
    »Die Wilde Jagd?«
    »Auch den«, sagte Adamsberg und sandte Zerk ein triumphierendesAugenzwinkern, wie einer, dessen Fisch soeben angebissen hat.
    »Und diese Lina hat den Jäger in der Truppe gesehen?«
    »Genau. Er schrie, so scheint es. Und die anderen auch. Wohl eine ziemlich beunruhigende Horde, die kleine Frau mit dem flaumigen Fallschirm denkt vermutlich, dass diese Männer in Gefahr sind.«
    »Beunruhigend?«, sagte Danglard und amüsierte sich einen Moment. »Das ist nicht das richtige Wort, Kommissar.«
    »Das meint auch Veyrenc. Dass wir uns mit dieser Bande auf eine verdammt heftige Erschütterung gefasst machen müssen.«
    Wieder hatte Adamsberg Veyrencs Namen genannt, und mit Absicht, nicht um Danglard zu verletzen, sondern um ihn wieder an die Anwesenheit des rotgesträhnten Lieutenant in der Brigade zu gewöhnen, ihn gleichsam zu desensibilisieren, indem er ihm seinen Namen in wiederholten kleinen Mengen injizierte.
    »Innere Erschütterung allerdings nur«, beschwichtigte Danglard in etwas leiserem Ton. »Nichts Dringendes.«
    »Mehr hat Veyrenc mir nicht darüber sagen können. Kommen Sie doch auf ein Glas vorbei. Zerk hat Vorräte für Sie angelegt.«
    Danglard antwortete nicht gern postwendend auf die Aufforderungen von Adamsberg, einfach weil er sie stets annahm und diese Willensschwäche ihn demütigte. So brummelte er noch ein paar Minuten lang seine Einwände, während Adamsberg, an den formalen Widerstand des Commandant gewöhnt, beharrte.
    »Lauf, Sohn«, sagte er, als er auflegte. »Hol aus dem Laden im Viertel einen Weißen. Und überleg nicht lange, nimm den besten, man kann Danglard keinen gepanschten Wein vorsetzen.«
    »Darf ich mit euch trinken?«, fragte Zerk.
    Adamsberg sah seinen Sohn an und wusste nicht, was erdarauf erwidern sollte. Zerk kannte ihn kaum, er war achtundzwanzig Jahre alt, er brauchte niemanden um Erlaubnis zu fragen, und schon gar nicht ihn.
    »Natürlich«, antwortete Adamsberg mechanisch. »Wenn du nicht so viel säufst wie Danglard«, fügte er hinzu, und der väterliche Grundton dieses Rats überraschte ihn. »Nimm das Geld von der Anrichte.«
    Beider Blicke streiften den Korb. Ein großräumiger Erdbeerkorb, den Zerk mit Molton gepolstert und zur Lagerstatt der Taube gemacht hatte.
    »Wie schätzt du ihren Zustand ein?«, fragte Adamsberg.
    »Sie zittert, aber sie atmet«, erwiderte sein Sohn vorsichtig.
    In einer flüchtigen Geste strich er mit einem Finger über das Federkleid des Vogels, bevor er ging. Wenigstens dafür begabt, dachte Adamsberg und sah seinem Sohn hinterher, begabt für das Streicheln von Vögeln, selbst so gewöhnlichen, schmutzigen und hässlichen wie diesem.

5
    »Das wird schnell gehen«, meinte Danglard, und Adamsberg wusste im Augenblick nicht, ob er von dem Wütenden Heer sprach oder vom Wein, denn sein Sohn hatte nur eine Flasche mitgebracht.
    Adamsberg nahm sich eine Zigarette von Zerk, eine Geste, die ihn unweigerlich an ihre erste Begegnung erinnerte, die beinahe tödlich ausgegangen wäre. 1 Seit jenem Tag rauchte er wieder, und meistens die Zigaretten von Zerk. Danglard gönnte sich sein erstes Glas.
    »Ich nehme an, die Löwenzahn-Frau hat mit dem Capitaine in Ordebec darüber nicht sprechen wollen.«
    »Sie weigert sich rundweg.«
    »Das ist normal, er würde es wohl nicht sonderlich zu schätzen wissen. Und auch Sie, Kommissar, werden das alles hinterher vergessen können. Was weiß man über diesen verschwundenen Jäger?«
    »So viel, dass er ein grausamer Schlächter ist und schlimmer noch, denn er tötet vor allem Weibchen und Jungtiere. Die örtliche Jagdliga hat ihn ausgeschlossen, niemand will mehr mit ihm jagen gehen.«
    »Ein übler Typ also? Gewalttätig? Ein Killer?«, fragte Danglard und trank einen Schluck.
    »Offensichtlich.«
    »Das passt. Diese Lina wohnt in Ordebec selbst, war es so?«
    »Ich glaube.«
    »Nie gehört von der kleinen Ortschaft Ordebec? Ein großer Komponist hat dort einige Zeit gelebt.«
    »Das ist nicht das Thema, Commandant.«
    »Aber es ist eine positive
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