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Die Nacht des Zorns - Roman

Die Nacht des Zorns - Roman

Titel: Die Nacht des Zorns - Roman
Autoren: Fred Vargas
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Anmerkung. Der Rest ist weit beunruhigender. Dieses Heer, ist es über den Pfad von Bonneval gekommen?«
    »Das ist der Name, den die Frau genannt hat«, antwortete Adamsberg überrascht. »Haben Sie gehört, wie sie diesen Weg erwähnte?«
    »Nein, aber er ist einer der bekanntesten Grimwelds, er durchquert den Wald von Alance. Sie können sicher sein, dass kein Bewohner von Ordebec ihn nicht kennt und dass sie diese alte Geschichte immer wieder aufwärmen, selbst wenn sie sie lieber vergessen würden.«
    »Kenne ich nicht, Danglard, dieses Wort. Was ist ein Grimweld?«
    »So nennt man einen Weg, über den die Mesnie Hellequin zieht, oder das Wütende Heer, wenn Ihnen das lieber ist, oder die Wilde Jagd. Nur wenige Männer oder Frauen haben sie je gesehen. Einer dieser Männer ist sehr berühmt, er hat sie auch in Bonneval gesehen, genau wie diese Lina. Er heißt Gauchelin, und er ist Pfarrer.«
    Danglard nahm zwei große Schlucke nacheinander und lächelte. Adamsberg warf seine Asche in den kalten Kamin und wartete. Dieses etwas provokante Lächeln, das die weichen Wangen des Commandant fältelte, verhieß ihm nichts Gutes, außer dass Danglard sich nun endlich vollkommen wohl fühlte.
    »Es geschah Anfang des Monats Januar im Jahr 1091. Du hast einen guten Wein ausgesucht, Armel. Aber er wird nicht reichen.«
    »Welchem Jahr?«, fragte Zerk, der seinen Hocker an den Kamin herangerückt hatte und dem Commandant aufmerksam zuhörte, die Ellbogen auf die Knie gestützt, sein Weinglas in einer Hand.
    »Ende des 11. Jahrhunderts. Fünf Jahre vor Beginn des Ersten Kreuzzuges.«
    »Scheiße«, sagte Adamsberg halblaut, den das unangenehme Gefühl überkam, von der kleinen Löwenzahn-Frau aus Ordebec, so zerbrechlich sie sein mochte, reingelegt worden zu sein.
    »Ja«, stimmte Danglard ihm zu. »Es ist viel Mühe für nichts, Kommissar. Aber Sie wollen doch immer noch das Entsetzen der Frau verstehen, oder?«
    »Vielleicht.«
    »Dann müssen Sie die Geschichte von Gauchelin kennen. Und eine zweite Flasche brauchen wir auch«, wiederholte er. »Wir sind zu dritt.«
    Zerk sprang auf.
    »Ich geh noch mal«, sagte er.
    Bevor er ging, sah Adamsberg ihn wieder mit einem Finger sanft über die Taube streichen. Und mechanisch, wie ein Vater, wiederholte Adamsberg: »Nimm das Geld von der Anrichte.«
    Sieben Minuten später schenkte sich Danglard, beruhigt durch das Erscheinen einer zweiten Flasche Wein, ein neues Glas ein, begann die Geschichte von Gauchelin zu erzählen, unterbrach sich dann aber und hob die Augen zu der niedrigen Decke.
    »Aber vielleicht gibt die Chronik des Hélinand de Froidmont vom Beginn des 13. Jahrhunderts ein noch genaueres Bild davon. Geben Sie mir einen Augenblick, ich versuche mich zu erinnern, es ist ja kein Text, in dem ich alle Tage lese.«
    »Tun Sie das«, sagte Adamsberg etwas verwirrt.
    Seit er begriffen hatte, dass sie sich gerade ins tiefste Mittelalter entfernten, Michel Herbier seinem Schicksal überlassend, stellte sich die Geschichte der kleinen Frau und ihres Entsetzens unter einem Blickwinkel dar, mit dem er nichts anzufangen wusste.
    Er stand auf, schenkte sich ein kleines Glas ein und warf einen Blick auf die Taube. Das Wütende Heer ging ihn nichts mehr an, und über die verhuschte Madame Vendermot hatte er sich getäuscht. Sie brauchte ihn nicht. Sie war eine harmlos schwachsinnige Person, aber doch schwachsinnig genug, um zu befürchten, dass Bücherregale, selbst solche aus dem 11. Jahrhundert, auf sie herabstürzen könnten.
    »Es ist sein Onkel Hellebaud, der das Geschehen berichtet«, präzisierte Danglard, der sich jetzt nur noch an den jungen Mann wandte.
    »Der Onkel von Hélinand de Froidmont?«, fragte Zerk, sehr konzentriert.
    »Genau, sein Onkel väterlicherseits. Er sagt so:
Als wir uns um die Mittagszeit diesem Waldstück näherten, ich und mein Diener, der mir auf seinem Pferd vorauseilte, damit er sich um meine Herberge kümmere, hörte er ein lautes Getümmel im Wald wie vom Gewieher vieler Pferde, von Waffenlärm und vom Rufen einer großen Anzahl von Männern, die sich zu einem Angriff bereiteten. Voller Schrecken kamen er und sein Pferd zu uns zurück. Als ich ihn fragte, warum er umgekehrt sei, antwortete er: ›Ich konnte mein Pferd nicht vorantreiben, nicht durch Schläge, nicht durch Sporen, und ich selbst bin so erschrocken, daß ich nicht weitergehen konnte. Wahrhaftig, ich habe erstaunliche Dinge gehört und gesehen.‹ «
    Danglard streckte den Arm zu
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