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Die Nacht der Schakale

Die Nacht der Schakale

Titel: Die Nacht der Schakale
Autoren: Will Berthold
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meinen Diplomatenpass entgegen.
    »I will beat him today«, behauptete der seltsame Diplomat: »Durch Sonne, Mond und Sterne …«
    Der Sowjetoffizier grinste. Mein Dokument interessierte ihn weit weniger als Georgs buntes Golfhemd und seine lächerliche karierte Hose. Er betrachtete die Schläger auf dem Rücksitz.
    »Use it«, forderte ihn George auf und reichte ihm einen Eisenclub.
    Der Kapitän fuchtelte damit herum.
    »Not in this way«, ritt George der Teufel; er stieg aus. »Put it in your left hand, like this«, sagte er und drückte dem Sowjet das Ding in die Hand.
    Hinter uns hupte ein Schwede mit dem CD-Schild am Wagen.
    Der Unterleutnant betrachtete ihn unwillig und ging auf ihn zu. Und der Kapitän mit den breiten Schulterstücken schlug voll mit der Schlagfläche auf den Boden, schüttelte sich. »Nix gut«, lachte er und legte das Iron seven wieder in den Fond zurück.
    George stieg ein.
    Der Sowjetoffizier winkte uns durch.
    50 Meter noch, noch 30 – wir hatten es geschafft.
    Ich klopfte mit der Faust auf den Kofferraumdeckel, um Lipsky zu bedeuten, daß wir die Kontrolle passiert hatten.
    »Dieser Scheißkerl hat mir doch glatt mein Eisen sieben verbogen«, stellte George fest, als wäre er nicht gerade so erleichtert wie ich.
    »Reg dich nicht auf«, erwiderte ich. »Kriegst von mir ein neues.« Ich klopfte ihm anerkennend auf die Schulter: »Aus Gold.«
    Zwei Straßen weiter fuhren wir in eine Garage und erlösten Phimoses aus seiner unbequemen Lage. Wir erfuhren, daß der Jeep vor knapp drei Minuten ebenfalls die ›Gefestigte Grenze‹ heil passiert hätte – jetzt erst atmete ich wieder richtig durch.
    »Herzlich willkommen im Westen«, sagte ich zu dem früheren Genossen Immerda.
    »Hoffentlich«, knurrte er.
    Wir schlossen das Cabrio-Dach, damit Lipsky niemand erkennen konnte, dann jagten wir nach Tegel, wo die Militärmaschine nach Wiesbaden-Erbenheim schon startklar bereitstand.
    Oben auf der Gangway stand Vanessa zwischen Steve und Ritter und winkte mir zu; sie trug immer noch die Uniform, aber sie hatte wenigstens diese schreckliche Perücke abgesetzt.
    Ich drückte George die Hand, und er nahm so unbetont Abschied, als hätten wir miteinander nur eben ein Glas Bier getrunken.
    Die Maschine erhielt sofort vom Tower Starterlaubnis. Erst jetzt nahmen wir den Scotch, den wir vor einer Stunde so dringend benötigt hätten. Ich saß neben Vanessa und hielt ihre Hand. Sie lehnte sich gegen mich, und ihre Augen schillerten jetzt violett.
    »Glücklich?« fragte sie mich.
    »Noch nicht«, entgegnete ich. »Ich hab's noch nicht ganz begriffen.«
    »Ich bin Steve Cassidy«, stellte sich der Freund Ludwig Lipsky vor. »Ich nehme an, Sie kennen mich dem Namen nach.«
    »Natürlich kenne ich Sie«, erwiderte der Ex-Stasimann. »Und nicht nur dem Namen nach.«
    »Dann ist Ihnen auch meine Funktion bekannt, Herr Lipsky. Ich möchte Ihnen ausdrücklich bestätigen, daß alle Absprachen, die Mister Meiler mit Ihnen getroffen hat, von der Central Intelligence Agency eingehalten werden. Sowie wir dafür Zeit haben, erhalten Sie eine schriftliche Bestätigung.«
    Lipsky nickte, sah mich an, und wir grinsten beide, weil wir in einer heiklen Lage Vertrauen zueinander gefaßt hatten und dabei doch nicht zu ›blöden Hundert‹ geworden waren.
    Wir landeten pünktlich in Wiesbaden-Erbenheim, stiegen in einen Armywagen um, der uns in das hermetisch abgeriegelte US-Camp Oberursel brachte. Inzwischen hatte Ritter den Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes verständigt – verabredungsgemäß sollten es nur noch der Bundesaußenminister und der Bundeskanzler erfahren –, daß die Operation Sperber erfolgreich beendet sei. Unser Headquarter in Langley wurde natürlich gleichzeitig benachrichtigt.
    Wir saßen zwanglos bei Tisch, Phimoses sah auf die Uhr und lachte grundlos. »Wenn ich mir vorstelle«, erklärte er dann, »daß Hedwig jetzt auf mich schimpft und in der Wohnung herumtobt und …«
    Wir ließen ihm die Freude, wiewohl wir es besser wußten. Die internationale Pressekonferenz war zunächst zweimal verschoben worden und dann geplatzt. Seitdem wurde Ostberlin von Gerüchten erschüttert, und Eingeweihte wußten, daß eine Hexenjagd begonnen hatte. Da sowohl Ludwig Lipsky wie die BND-Diplomatin Cynthia Pahl nicht aufgespürt werden konnten, blieben der Normannenstraße nur noch wenig Zweifel, daß die beiden in den Westen entschlüpft seien.
    Es war uns ein großer Einbruch geglückt, vor allem
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