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Die Nachhut

Die Nachhut

Titel: Die Nachhut
Autoren: Hans Waal
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dahinter, oder?«
    »Also wirklich, Jenny!« Endlich hattest du mal ordentlich Luft geholt: »Was soll ich denn denken? Du hast sogar ein eigenes Team dabei und es anscheinend schon alleine probiert.«
    Genauso sah es aus. Aber wie schon vermutet: Sie brauchte nur zweimal Miau zu sagen, schon hast du wieder geschnurrt.
    »Doch nur zur Sicherheit. Für Interviews gibt es keinen Besseren als dich. Also gehen wir jetzt rein, oder was?«
    Zielstrebig war sie, das musste man ihr lassen. Aber eins kannst du einer erfahrenen Frau auch glauben: Für dich persönlich interessierte sich dieses Mädchen einen Dreck. Und was sie erst für Augen machte, als du an der Rezeption nach Fritz von Jagemann gefragt hast und nicht nach eurem Kollegen.
    »Ich fasse es nicht! Seid ihr da etwa immer noch dran?«
    »Ja«, kam kleinlaut von dir, »ehrenamtlich sozusagen.«
    Die Krankenschwester an der Aufnahme fand den Namen nicht im Computer: »Weshalb ist er denn hier? Sind sie ein Angehöriger?«
    »Er muss eben erst rein sein. Schussverletzungen.«
    Schwester Gülsen, so stand es auf ihrem Kittel, sah kurz vom Bildschirm auf, als wolltest du sie veräppeln: »Jagemann. Und sie sind sicher, dass es nicht eher zu viel Jägermeister war?«
    »Nein, aber Jäger kann schon sein. Schauen sie bitte mal unter Wolf Jäger nach - vielleicht ist er ja darunter angemeldet? Der Patient selbst hat wahrscheinlich keine Krankenversicherung.«
    »Nicht versichert, aha.« Gülsen runzelte die Stirn: »Wissen Sie was? Entweder nennen Sie mir Vor- und Zunamen eines Patienten - oder lassen mich in Ruhe. Ich habe noch mehr zu tun!«
    Sie ließ uns stehen und nahm kopfschüttelnd die nächsten in der Schlange dran, zwei Omas mit Blumen. Für deine Jenny, die schon die letzten zwei Minuten nur mühsam geschwiegen hatte, war das endgültig zu viel.
    »Busch, Gerd Busch - eigentlich wollen wir zu dem.«
    Die Schwester rollte mit den Augen und mit ihrem Stuhl nochmals zum Computer, gab den neuen Namen ein und fand ihn sofort:
    »Und wen kann ich anmelden?«
    »Ihn.« Jenny schob dich wieder vor: »Benjamin Monse.«
    Nach einer Rückfrage beim Patienten durften wir zum Aufzug.
    »Ebene 12, Station 1.4. Sie müssen sich aber im Dienstzimmer melden wegen Kittel und Mundschutz! Das ist Intensiv.«
    Busch empfing uns drei vermummte Gestalten mit einem schadenfrohen Lächeln und sah doch selber kaum besser aus mit seinen Verbänden und Schläuchen überall. Scheinbar konnte er nur auf dem Bauch liegen und schämte sich nicht für seine Thrombosestrümpfe.
    »Was will die denn hier?«, fragte er dich, als er Jenny erkannte und auf einmal höllische Schmerzen zu bekommen schien.
    Im ersten Moment war ich froh, dass er nur die Kleine gemeint hatte, doch seine Begrüßung für mich fiel auch nicht charmanter aus: »Und was macht mein Auto? Alles noch ganz?«
    Ich hatte keinen Dank erwartet. Aber wenn er das mit seiner Karre noch wusste, hätte er sich ja auch daran erinnern können, dass ihn die Wachleute ohne mich vermutlich hätten verbluten lassen. Endlich bekamst du auch ein paar Worte raus:
    »Mensch, Gerd, du machst vielleicht Sachen!«
    »Halb so wild. Rat mal, wo es mich erwischt hat?«
    »Na beim BKA, denke ich. Was sollte das überhaupt?«
    Vorsichtig nahmst du auf seiner Bettkante Platz.
    »Ich habe nur geholt, was mir gehört, aber das meine ich nicht. Hier ...« Busch klopfte auf seine Decke und verzog sofort das Gesicht. »... ich meine: Was kaputt ist?«
    »Keine Ahnung - du bist völlig im Arsch, würde ich sagen.«
    »Genauer!« Vor lauter Ungeduld antwortete er schließlich selbst: »Die Leber! Ist das gerecht? Ich will gerade - du weißt schon ... Und zum Dank reißt mir das Miststück mitten entzwei!«
    Niemand musste das verstehen. Du hast es aber wenigstens versucht und etwa so herzlich gelacht wie nach einem missglückten Witz beim Leichenschmaus.
    Immer noch besser, als wenn sich Jenny gleich auf ihn gestürzt hätte, oder? Sie scharrte so schon taktlos genug mit den Hufen.
    Mann, war mir das peinlich - vor dir, aber auch vor Gerd, wahrscheinlich habe ich mich sogar das erste Mal für unseren Beruf geschämt. Wie sie ständig fragte, ob wir endlich könnten, wie scheiße Gerd aussehe und dass wir das unbedingt haben müssten. Wie der arme Kerl wimmerte, wovon das Küken eigentlich rede, und sie schließlich sogar zugab, dass es für Tele Vier sein sollte. Da hat sogar Gerd gehässig aufgelacht - oder krümmte er sich nur vor Schmerzen? Konntest du das
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