Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Mütter-Mafia

Titel: Die Mütter-Mafia
Autoren: Kerstin Gier
Vom Netzwerk:
ein Kräuterliebhaber«, sagte Trudi. Sie stand begeistert vor einem Hochbeet in einer ganz anderen Ecke. »Engelwurz, Purpursalbei, Goldminze - toll!«
    Max kletterte mit seiner Kamera auf einen schmächtig aussehenden Blutpflaumenbaum. »Von hier sehe ich das ganze Zimmer. Laura-Kristin sitzt schon am Klavier. Dummerweise mit dem Rücken zu uns.«
    »Seid doch leise, sonst hört er uns noch«, sagte ich.
    »Nee, die Fenster sind dreifach verglast«, sagte Max. »Er sieht uns höchstens. Wenn ich ihn sehen kann, dann kann er mich doch auch sehen. Soll ich mal winken?«
    »Laura-Kristin hat doch gesagt, dass er eine wahnsinnig fette Brille braucht«, sagte Nelly. »Aber dass er zu eitel ist, sie aufzusetzen.«
    »Vielleicht hat er ja inzwischen Kontaktlinsen«, sagte Max und packte die Kamera aus.
    »Oh Gott«, sagte ich. Durch die dreifach verglasten Fenster hörte ich Laura-Kristin eine Tonleiter spielen.
    »Was macht er denn?«, fragte Nelly
    »Er läuft durch den Raum.«
    Nelly schlug sich durch die Rosen und schob ihre Augen vorsichtig über die Fensterbank.
    »Sei vorsichtig«, sagte ich. »Wenn er dich sieht, ist es vorbei. Trudi, was machst du da hinten?«
    »Ich nehme mir nur ein paar Ableger«, sagte Trudi.
    »Ich fasse es nicht«, sagte ich. Offenbar war ich nicht der einzige Amateur hier.
    Laura-Kristin spielte. Es klang wie »Für Elise«, jedenfalls der Anfang. Es war klar, dass Laura-Kristin definitiv nicht hochbegabt war, zumindest was das Klavierspiel betraf.
    »Er setzt sich neben sie«, sagte Nelly.
    »Endlich«, sagte ich. In diesem Augenblick spielte meine Handtasche ebenfalls »Für Elise«.
    »Mein Handy«, sagte ich erstaunt. Das Ding klingelte nur alle Jubeljahre mal bei mir. Eigentlich hätte ich es längst abgeschafft, aber ich behielt es für Notfälle bei mir. »Hallo?«
    »Ich bin's«, sagte Lorenz.
    »Ach du, Dirk«, sagte ich mit Absicht. Ich fand es anmaßend, dass Lorenz immer nur »ich bin's« sagte, als wäre er der Einzige, der mich auf meinem Handy anrufen würde. Na gut, er war der Einzige, aber das konnte er ja nicht wissen.
    »Wer ist Dirk?«, wollte Lorenz auch prompt wissen.
    »Er rückt immer näher.«
    »Fall da bloß nicht runter, Nelly«, sagte ich.
    »Wer ist Dirk?«
    »Kennst du nicht. Was gibt's denn, Lorenz, es ist gerade echt ungünstig.«
    »Ich wollte das Kinderwochenende tauschen«, sagte Lorenz. »Paris hat Geburtstag, und ich habe ihr einen Kurzurlaub geschenkt.«
    »Mit Paris nach Paris?«
    »New York«, sagte Lorenz.
    »Jetzt macht er die Hose auf«
    »Oh mein Gott«, rief ich. »Trudi, lauf nach vorne und sag Anne und Mimi, sie sollen klingeln. Lorenz, ich muss Schluss machen, das geht schon klar, wir telefonieren noch einmal.« Ich warf das Handy in meine Handtasche.
    »Nein, wartet«, sagte Max. »Man kann gar nichts sehen.«
    »Er fummelt sich aber da unten rum«, sagte Nelly.
    »Man kann das aber auf dem Bild nicht sehen«, sagte Max.
    Laura-Kristin klimperte schneller. Es klang jetzt noch weniger nach »Für Elise« als je zuvor.
    Ich wurde nervös. Was wir hier taten, war absolut wahnsinnig. Unverantwortlich. Total plemplem.
    »Ey Wahnsinn, ich glaube, der holt sich da jetzt echt einen runter«, rief Max.
    »Jetzt reicht es aber«, rief ich panisch. »Trudi, sag Anne Bescheid, sie sollen Sturm klingeln!« Ich schlug mich ohne Rücksicht auf die Rosen durch die Rabatte.
    Durch das Fenster konnte ich nur Laura-Kristins Rücken und den des blond gelockten Klavierlehrers sehen. Von hinten sah er aus wie ein Mädchen. Aber die Bewegungen seiner rechten Hand waren eindeutig nicht mädchenhaft.
    »Hey, du da«, schrie ich und trommelte so fest ich konnte gegen das Fenster. Laura-Kristin und der Klavierlehrer drehten sich um.
    Ich kreischte etwas Unartikuliertes.
    »Ja, super«, rief Max auf dem Baum. Die Kamera klickte.
    Der Klavierlehrer sprang auf und verstaute seine Genitalien in Rekordzeit in der Hose. Laura-Kristin rannte aus dem Zimmer. Der Klavierlehrer war sich nicht schlüssig, was er tun sollte. Er kam ans Fenster.
    »Das genügt«, schrie ich zu Max hinauf »Los, weg hier, bevor er uns erwischt.«
    »Soll er mal versuchen«, sagte Max und sprang leichtfüßig vom Baum.
    »Trudi! Lass endlich die blöden Kräuter, und komm!«
    Wir quetschten uns durch die Lücke in der Hecke; zuerst Nelly, dann Trudi und ich und zum Schluss Max.
    Der Klavierlehrer hatte das Fenster geöffnet. »Hallo, ist da jemand?«, hörten wir ihn rufen. »Hallo? Hat da jemand
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher