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Die Mütter-Mafia

Titel: Die Mütter-Mafia
Autoren: Kerstin Gier
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Streifen ins Gesicht.
    Mimi quittierte es mit einem unwilligen Kopfschütteln. Ich wusste gar nicht, was sie hatte. Das letzte Mal, als ich Anton zur Tür gebracht hatte, war ich rücklings über Omi Wilmas Schirmständer aus Messing gestolpert und beinahe hingefallen. Aber das hatte ich Mimi gar nicht erzählt.
    »Weißt du was, Emily? Wir zwei gehen jetzt rüber zu den Kätzchen«, sagte sie fröhlich. »Und dein Papi bleibt so lange hier bei Constanze und trinkt einen Kaffee. Und dabei wird er lächeln und Witze machen und beweisen, dass er wirklich so charmant ist, wie ich immer sage.«
    Anton wurde ein wenig rot. Nur ein bisschen, aber ich registrierte es voller Dankbarkeit. Wenigstens war ihm auch mal etwas peinlich.
    Als Emily und Mimi gegangen waren, lächelte ich ihn etwasschief an. »Sie wollen uns immer noch verkuppeln. Ich wünschte, sie würden es etwas dezenter anstellen. Dann wäre es nicht ganz so peinlich.«
    »Ach, das bin ich gewöhnt«, sagte Anton. »Meine Freunde und meine Mutter versuchen ständig, mich zu verkuppeln.«
    Ich war sofort ein bisschen eifersüchtig. Meine Mutter hatte niemals den Versuch gemacht, mich mit irgendwem zu verkuppeln. Als ich noch nicht mit Lorenz zusammen gewesen war, hatte sie ständig gesagt: »Der Mann, der dich mal abkriegt, kann einem jetzt schon Leid tun«, und seit ich nicht mehr mit Lorenz zusammen war, hatte sie mehrfach geäußert, dass sie sich nicht vorstellen konnte, dass ich in meinem Alter und Zustand noch mal einen Doofen fände.
    »Kaffee?«, fragte ich und warf einen Blick auf die Wanduhr. »Es ist nach fünf, wir könnten uns einen Brandy hineinkippen, dann wälzen wir uns vielleicht wild knutschend auf dem Küchenfußboden, wenn Mimi wiederkommt.«
    »Also, dafür wäre wohl mehr nötig als ein Brandy«, sagte Anton und lachte.
    »Was denn zum Beispiel?« Ich kratzte an der rosa Farbe auf meiner Wange.
    Anton ging nicht darauf ein. Wahrscheinlich wäre die Antwort zu unhöflich gewesen. Zwei Flaschen Whiskey, Hypnose und eine Pfanne über den Kopf - dann könnte ich mir vielleicht vorstellen, Sie anzufassen.
    »Der Anwalt Ihres Mannes möchte, dass wir uns zu einem Vergleich zusammensetzen«, sagte er stattdessen. »Ist das denn klug?«, fragte ich.
    »Wir können uns mal anhören, was die zu sagen haben«, sagte Anton. »Offenbar ist Ihr Mann bereit, einen deutlich höheren monatlichen Unterhalt zu zahlen, wenn Sie im Gegenzug auf die Auszahlung eines Teils des Ihnen zustehenden Vermögens verzichten, das überwiegend in nicht verfügbaren Anlagen steckt.«
    »Ach, der kann seine hässlichen Couchtische und Bilder doch gerne behalten«, sagte ich.
    Plötzlich stand Anton ganz nah vor mir. Mit dem Daumen fuhr er behutsam über meinen Wangenknochen.
    Ich schnappte überrascht nach Luft.
    »Da ist noch etwas Farbe«, sagte er und sah mir tief in die Augen.
    Ein lauter »Mami-der-Hahn-läuft-weg!«-Ruf gefolgt von einem kräftigen, täuschend echt wirkenden »Kikerikiii« verhinderte gerade noch rechtzeitig, dass meine Beine unter mir wegknickten und ich in Zeitlupe am Schrank hinunterrutschte.
    »Ich komme!«, rief ich und wurde rot, weil ich mich wirklich fühlte wie kurz vor einem Orgasmus. Wangenknochensex - ich hatte ja nicht gewusst, dass es so etwas überhaupt gab!
    Durch die weit offenen Türen zum Wintergarten hörte man die Kinder und Trudi lachen und Frau Hempel »Unverschämtheit« quieken.
    »Hühner dürfen hier nicht gehalten werden, und schon gar keine Hähne«, rief Herr Hempel. »Wir sind im Rechtsschutz, wir haben ein Anrecht darauf morgens ausschlafen zu können. Das hier ist reines Wohngebiet, keine landwirtschaftliche Nutzfläche.«
    Wieder krähte Nellys Handy, und die Kinder lachten sich halb tot.
    »Kommen Sie, ich stelle Sie den Nachbarn vor«, sagte ich zu Anton.
     
    *
     
    Obwohl Anton nur ein bisschen Farbe aus meinem Gesicht gekratzt hatte, war mir mit einem Mal klar, dass ich verliebt war, absolut und unsterblich verliebt. Ich fühlte mich so jung und lebendig und beschwingt wie noch nie in meinem ganzen Leben. Irgendetwas in mir sagte mir nämlich, dass Anton trotz der scheinbarunendlichen Kette peinlicher Ereignisse, die uns miteinander verband, Ähnliches fühlte. Aber wir waren wohl beide noch nicht so weit, einander mit diesen Gefühlen zu konfrontieren. Das machte nichts. Fürs Erste würde es mir reichen, Anton ab und an zu sehen, mit ihm über meine Scheidung zu reden, ihm tief in die Augen zu gucken und
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