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Die Moselreise - Roman eines Kindes

Titel: Die Moselreise - Roman eines Kindes
Autoren: Hanns-Josef Ortheil
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näherte sich plötzlich eine graue, dicke Katze mit sehr großen Augen. Sie ging ganz vorsichtig dicht an der Mauer entlang und schaute mich an. Ich habe sie angeredet, da hat sie einen Moment still gehalten, dann aber wieder kehrt gemacht. Nach einer Weile
bin ich aufgestanden und in unser »Privatquartier« zurück gegangen, da war die Katze plötzlich wieder da und ist dicht hinter mir her gelaufen. Vor der Tür unseres »Privatquartiers« hat sie mich überholt, und als die Tür von unseren Bekannten geöffnet wurde, ist die Katze vor mir ins Haus hinein geschlichen. Während des Abendessens lag sie dann neben mir auf dem Boden, und als ich nach dem Essen in unser Zimmer ging, folgte sie mir und legte sich dann vor mein Bett und blieb dort liegen, als wären wir Freunde. Ich habe mit ihr geredet, und dann habe ich noch etwas gelesen, und Papa hat sich mit unseren Bekannten noch eine Weile unterhalten. Als ich ins Bett gegangen bin, ist die Katze aus dem Zimmer geschlichen, ganz von allein. Ich bin sofort eingeschlafen, und als Papa später in unser Zimmer kam, habe ich längst tief geschlafen.
    Was ich gelesen habe
    Ich habe ein paar »Fury«-Geschichten gelesen. Die »Fury«-Geschichten erzählten davon, wie die Rancher Fury gefangen haben und wie der kleine Joey Furys bester Freund wird.

26. Juli 1963

    Ich bin viel früher als Papa wach geworden, und da ich nicht länger im Bett liegen wollte, bin ich aufgestanden und leise hinaus auf den Flur geschlichen, um nach der grauen, dicken Katze zu schauen. Ich hatte gehofft, dass ich sie auf dem Flur finden würde, und wahrhaftig lag sie direkt vor unserer Tür, als habe sie nur darauf gewartet, dass ich aufstehen und auf den Flur kommen würde. Ich habe mich zu ihr gesetzt und sie gestreichelt, und dann habe ich eine Weile mit ihr gespielt, bis Papa auch wach geworden und zu uns auf den Flur gekommen ist. Papa hat uns begrüßt, und dann ist er ins Bad gegangen, und nach ihm bin ich auch ins Bad gegangen, die graue, dicke Katze hat aber vor der Tür des Bades wieder auf mich gewartet, als wollte sie immer weiter mit mir spielen.

    Die Katze
    Die Katze tut immer so, als schaute sie mich nicht an, ich glaube aber, dass sie ganz genau schaut, was ich gerade so tue.
    Die Katze schleicht gern an Wänden entlang und reibt sich dabei das Fell.
    Die Katze hat sehr viel Zeit, sie wartet und wartet, und wenn sie einem dann nach vielem Warten wieder begegnet, tut sie so, als habe sie lange über etwas nachgedacht.
    Die Katze behält alles, worüber sie nachgedacht hat, für sich.
    Die Familie B., bei der wir übernachtet haben, verkauft auch Wein, und für diesen Verkauf gibt es eine Probierstube. In der Probierstube hatte Frau B. für uns das Frühstück gedeckt, es gab frische Brötchen und Brot und Marmelade und Schinken und Käse und gekochte Eier, das alles ließen wir uns schmecken. Frau B. sagte, dass die Katze leider draußen bleiben müsse, weil sie in der Probierstube einmal alles durcheinander gebracht habe und auf Musik seltsam reagiere, die Katze möge nämlich nicht jede Musik, und wenn die Musik, die sie nicht möge, im Radio zu hören sei, spiele die Katze manchmal verrückt. Für Papa und mich hat Frau B. aber dann das Radio eingestellt, so dass wir während des Frühstücks Radio hören konnten, es gab Nachrichten und viel Musik, Papa aber mochte überhaupt kein Radio hören und verzog das Gesicht zu den Radioklängen, und als Frau B. nach draußen ging und uns allein frühstücken ließ, sagte Papa, dass er weder die Nachrichten noch die Musik zum Frühstücken brauche und dass ihm die Leute seltsam vorkämen, die immerzu Radio hörten, den lieben langen Tag lang, ununterbrochen, immerzu Radio.

     
    »Man muss doch nicht immerzu Nachrichten hören«, sagte Papa und schüttelte den Kopf und dann sagte er, dass das dauernde Nachrichtenhören ein richtiger Blödsinn und ein »selten dämlicher Kappes« sei, und dann ging er zum Radio und stellte es so leise, dass man die Nachrichten und die Musik kaum noch hören konnte.
    Was Papa gar nicht mag
    Papa mag keine Nachrichten aus dem Radio, wohl aber mag er Nachrichten in den Zeitungen.
    Papa mag keine Autos, er fährt nur mit dem Zug.
    Papa mag keinen Rosenkohl, weil es während seines Studiums in Bonn fast jeden Tag Rosenkohl gab.
    Papa mag Katzen anscheinend nicht sehr, jedenfalls spricht er nicht mit der grauen, dicken Katze und berührt sie auch nicht.
    Papa mag aber Hunde, Kühe, Schafe und Pferde, am
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