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Die Mission des Wanderchirurgen

Die Mission des Wanderchirurgen

Titel: Die Mission des Wanderchirurgen
Autoren: Wolf Serno
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wird endlich gut.« Ein heftig blinzelnder Mann sprang hinter dem Zwerg aus der Kutsche.
»Consummatum est!«
Es war der Magister. »Bist du es Vitus? Seid Ihr es, Catfield? Ihr seht, ich habe den Verlust eines weiteren Paares an Beryllen zu beklagen. Aber was soll’s, süß ist es, wieder vertrauten Boden unter den Sohlen zu fühlen!«
    »Mensch, Magister, altes Unkraut, Enano, Zwerg, lasst Euch umarmen!«
    Vitus riss die Freunde an sich, so stürmisch, dass der kleine Gelehrte japste: »Nur gut, dass meine Gläser fort sind, sonst wären sie jetzt hinüber! Das ist übrigens Molly, sie hat gewissermaßen Bartmanns Rolle übernommen.«
    Vitus nickte der Blonden flüchtig zu. »Sag, Magister, seid ihr allein, ich meine, habt ihr nicht …?«
    Der kleine Gelehrte grinste bis über beide Ohren. »Ob wir was …?«
    Im selben Moment erschien in der Tür eine Hand. Es war eine zierliche Hand, und sie trug Jeans Ring. Ohne sich zu besinnen, nahm Vitus sie und blickte auf in das Gesicht, das zu der Hand gehörte. Zwei dunkle Augen mit bernsteinfarbenen Sprenkeln strahlten ihn voller Freude an.
    Nina war da.
    Und er war endlich zu Hause.

[home]
    Epilog
    E s sollte noch ein ganzes Jahr vergehen, bis Vitus und Nina heirateten. Der Grund dafür war Carlos Orantes, der eigenwillige Brautvater. Nicht, dass er etwas gegen die Eheschließung gehabt hätte, im Gegenteil, er platzte schier vor Stolz, einen leibhaftigen Earl zum Schwiegersohn zu bekommen, doch er wollte sich um nichts in der Welt die Überfahrt nach England bezahlen lassen. So erforderte es viele Monate und zwei gute Ernten, bis der Landmann die nötigen Escudos zusammengespart hatte.
    Dann aber stand er eines Tages vor der Freitreppe von Greenvale Castle, umringt von den Seinen, von Ana, Conchita, Blanca, Pedro, Maria, Manoela und Gago. Nur die Zwillinge Antonio und Lupo fehlten. Sie zogen wie immer mit den
Artistas unicos
durch Nordspanien.
    »Vitus, Schwiegersohn!«, brüllte er und breitete die Arme aus, »komm an meine Brust!« Und wie immer, wenn er besonders glücklich war, ergoss sich ein Wortschwall hinterher: »Schwiegersohn, sagte ich Schwiegersohn? Ach, das bist du ja noch gar nicht, sollst es ja erst noch werden. Zapperlot, wie ich mich freue, dich wiederzusehen! Dich natürlich auch, mein Kind, hübsch siehst du aus, ganz reizend sogar, erinnerst mich an deine Mutter, als ich sie damals freite, ja, ja, gib deinem alten Vater nur einen Kuss. Und noch einen! Sag, Vitus, bin ich ein wenig zu laut? Die Leute da oben in den Fenstern schauen schon so herüber …«
    Auch Professor Girolamo hatte es sich nicht nehmen lassen, die weite Reise zur Britannischen Insel anzutreten. Es war ihm ein Herzensbedürfnis, der Vermählung beizuwohnen, und insgeheim hoffte er auf ein paar erbauliche wissenschaftliche Gespräche nach den Festlichkeiten.
    Abgesehen von den wissenschaftlichen Gesprächen galt dasselbe für Sir Hippolyte Taggart, den knorrigen Korsaren, der sein Weib Maggy unter den Arm geklemmt und von seinem Anwesen auf der Isle of Wight herbeigeeilt war.
    Abt Gaudeck, Pater Thomas und Bruder Cullus dagegen ließen sich entschuldigen, denn die Reise nach Cîteaux, dem Mutterkloster der Zisterzienser, stand in diesem Jahr wieder an.
    Noch zahllose andere Gäste fanden sich ein, und jene, die nicht persönlich erschienen, schickten Botschaften, Geschenke oder Briefe. So der Handelsherr Moktar Bônali aus Fez, der Vasen- und Weinhändler Montella aus Chioggia, der Pestarzt Doktor Sangio aus Venedig und der Überlandfahrer Fabio aus Padua, ferner Sir Francis Walsingham aus London und nicht zuletzt die Königin höchstpersönlich aus Greenwich, wo sie und ihr Hofstaat den Sommer verbrachten. Fast hatte man den Eindruck, die Welt wäre anlässlich der Hochzeit ein wenig zusammengerückt.
    Tagelang hatten die Vorbereitungen im Schloss angedauert, endlos die Planungen sich hingezogen, und wäre der Anlass nicht so erfreulich gewesen, hätte die hektische Betriebsamkeit manch einem wohl die Laune verhagelt. Die Aufgeregteste von allen aber war Mrs. Melrose. Denn nie zuvor hatte sie so viele Menschen von ihren Kochkünsten überzeugen müssen. Außerdem war da Enano, ihr buckliger Prinz, ihr Herzallerliebster, der ihre ganze Aufmerksamkeit erheischte – er und sein reizendes Töchterchen, das er aus der Ferne mitgebracht hatte.
    Endlich, am 15. August anno 1581, dem großen Marienfeste und Weihetage der Pflanzen und Wurzeln, gaben Vitus und Nina einander das
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