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Die Midlife-Boomer

Die Midlife-Boomer

Titel: Die Midlife-Boomer
Autoren: Margaret Heckel
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kommentiert Halls Leistung so: »Hall ist nicht weniger und nicht mehr gelungen, als eine neue, generell akzeptierte Lebensphase zu schaffen, die die Abhängigkeit verlängert und den Eintritt ins Arbeitsleben verzögert.«
    Dennoch sollte es vierzig Jahre dauern, bis Halls bahnbrechende Ideen und seine Wortschöpfung Eingang ins allgemeine Sprachgut fanden. Erst 1941 taucht das Wort »adoleszent« in einem Artikel in Popular Science auf, schreibt Marc Freedman 7 . Es dauerte weitere drei Jahre, bis sich der Begriff wirklich durchgesetzt hatte: Dann ist er 1944 im Jugendmagazin Seventeen (Siebzehn) zu lesen.
    Fast ein halbes Jahrhundert verging also, bis sich für die beobachtete Veränderung der bekannten Lebensphasen ein eigener Ausdruck in der Sprache etabliert hatte. Dann ging es rasant, erklärt der Historiker Thomas Hine 8 : Die Adoleszenz und mit ihr der Begriff des Teenagers wurden Teil des »Kreislaufes, der mit der Geburt beginnt und dem Tod aufhört. Nichts scheint realer zu sein und unveränderbarer.«
    So kommt die Harvard-Geschichtswissenschaftlerin Jill Lepore 9 zum Schluss, dass Lebensphasen von Menschen erdacht werden: »Die Adoleszenz ist eine nützliche Einrichtung, die mittlere Lebensphase ein sich verändernder Zielkorridor, ältere Mitbürger sind eine Interessengruppe und Twens schlicht und einfach eine Erfindung.« Wir brauchen diese sozialen Konstrukte, um der verwirrenden Welt um uns herum Sinn zu geben. Aber wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass sie sich mit den Zeitläuften verändern.
    Peter Laslett 10 hat schon 1989 vier Lebensphasen beschrieben: Als erste die der Kindheit und Jugend, danach das Erwachsensein und die berufliche Karriere und am Schluss das erneute Abhängigsein im hohen Alter und der kommende Tod. Dazwischen aber gebe es eine neue Phase zwischen dem Ende der elterlichen Pflichten sowie dem vermeintlichen Höhepunkt der beruflichen Karriere und dem Einsetzen der letzten Phase.
    Laslett nennt diese neue Phase das »Dritte Alter«. »Es ist eine Zeit, wo Individuen sich von den praktischen Notwendigkeiten der mittleren Jahre befreien können und noch Jahrzehnte vom hohen Alter entfernt sind. Es ist eine Gelegenheit für neue Entdeckungen, für Lernen und persönliches Wachstum, für vielleicht die wichtigsten Beiträge zu seinem eigenen Leben.«
    Eine »Gelegenheit für neue Entdeckungen, für Lernen und persönliches Wachstum«: Noch gibt es für das, was im englischen Sprachraum Middle Ages , Life-Take2, Encore Stage , Middlesecence genannt wird, keinen deutschen Begriff.
    Und doch gibt es schon weit mehr als nur zaghafte Versuche, diese Phase mit kreativen Ideen für ein längeres Leben zu füllen. Arbeiten, Wohnen, Leben, Freizeit: Überall in Deutschland und in vielen Regionen der Welt haben sich Trendsetter, Kreative, Unerschrockene und Innovative aufgemacht, diese Landkarte des langen Lebens zu beschreiben. Sie sind dabei, das Alter neu zu entdecken und neu zu definieren.
    Ich nenne sie die Midlife-Boomer : Menschen im besten Alter, die neue Wege erkunden. Eine zahlenmäßig starke und gut ausgebildete Generation um die 50, deren Erfahrungen und Qualitäten auch morgen gefragt sein werden. Viele davon habe ich während einer vierwöchigen Demografie-Reise 11 quer durch Deutschland im Sommer 2011 kennengelernt. Ich war auf der Suche nach Lösungen für die alternde Gesellschaft – und habe viel mehr gefunden, als allgemein bekannt ist.
    Diese Pioniere, ihre Ideen und Projekte vorzustellen und in einen weltweiten Kontext der demografischen Veränderungen zu stellen ist eines der Ziele des vorliegenden Buches. Ich möchte Mut machen für die anstehenden Veränderungen, denn ich glaube, dass sie eine riesengroße Chance für uns alle sind. Werden die politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen richtig gesetzt, wird Deutschland von der Entwicklung zum langen Leben immens profitieren – weil seine Bürger länger besser leben und weil neue Märkte und zukunftsfähige Dienstleistungen entstehen, die weltweit exportiert werden können.
    Die Alterung ist kein Schicksal, sondern eine faszinierende Möglichkeit, die gewonnenen Jahre sinnvoll und für jeden Einzelnen und die Gemeinschaft gewinnbringend zu gestalten. Das kann im privaten Bereich sein, auf Nachbarschaftsebene, in der Kommune und natürlich auch in der »großen Politik« auf Landes- und Bundesebene.
    Nicht nur Europa, auch die Schwellenländer altern. Schon im Jahr 2026 wird
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