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Die Meuterer der ›Bounty‹

Die Meuterer der ›Bounty‹

Titel: Die Meuterer der ›Bounty‹
Autoren: Jules Verne
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auszukommen suchen. Nur um diesen
    Preis ist eine Rettung möglich und dann auch nur in dem
    Fall, daß ihr mir unweigerlich Folge leistet. Antwortet mir
    ohne Rückhalt! Seid ihr entschlossen zu diesem Wagnis?
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    Schwört ihr, meinen Anordnungen, sie mögen lauten, wie
    sie wollen, stets nachzukommen? Versprecht ihr, jede Ent-
    behrung ohne Murren zu ertragen?«
    »Ja, ja, das schwören wir!« riefen einstimmig die Gefähr-
    ten von Kapitän Bligh.
    »Meine Freunde«, fuhr dieser fort, »laßt unser gegensei-
    tiges Unrecht, unsere Abneigung, unseren Haß vergessen
    sein. Widmen wir uns ohne persönlichen Groll dem Inter-
    esse aller, das uns allein leiten mag!«
    »Wir versprechen es!«
    »Wenn ihr ehrlich Wort haltet«, so schloß Bligh, »und
    nötigenfalls würde ich das zu erzwingen wissen, dann stehe
    ich für unsere Rettung!«
    Man schlug nun einen Kurs nach Ostnordosten ein. Der
    bisher ziemlich starke Wind gestaltete sich am Abend des
    4. Mai zum Sturm. Die Wellen wuchsen dabei so sehr an,
    daß das Boot zwischen ihnen vollständig verschwand. Mit
    jedem Augenblick steigerte sich die Gefahr. Durchnäßt und
    durchkältet hatten die Unglücklichen an diesem Tag zur
    Stärkung nichts anderes als eine Tasse Tee mit Rum und das
    Viertel einer halbverfaulten Brotfrucht.
    Am nächsten Morgen sowie während der folgenden Tage
    trat keinerlei Änderung ein. Das Boot glitt zwischen zahl-
    losen Inseln und Eilanden dahin, von denen da und dort
    Pirogen danach abstießen.
    Wollten sie es verfolgen oder versuchten sie nur Tausch-
    handel zu treiben? Im Zweifel darüber wäre es unklug ge-
    wesen, anzuhalten. Mit Hilfe ihrer von günstigem Wind

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    geschwellten Segel ließ die Schaluppe jene auch bald weit
    hinter sich zurück.
    Am 9. Mai brach ein furchtbares Gewitter los. Blitz und
    Donner folgten sich ohne Unterlaß. Der Regen stürzte in
    solchen Strömen herab, daß auch die heftigsten Gewitter
    unserer Klimate davon keine Vorstellung zu geben vermö-
    gen. An ein Trocknen der Kleidungsstücke war lange Zeit
    gar nicht zu denken. Da kam Bligh darauf, sie ins Meer zu
    tauchen und dadurch mit Salz zu tränken, um der Haut wie-
    der etwas von der durch den Regen entzogenen Wärme zu-
    rückzugeben. Jedenfalls ersparten diese Platzregen, die dem
    Kapitän und seinen Begleitern so viel Ungemach verursach-
    ten, ihnen doch eine andere schreckliche Qual, nämlich die
    des brennenden Durstes, den die unausstehliche Hitze ge-
    wiß schnell hervorgerufen hätte.
    Am 17. Mai, dem Morgen nach einem furchtbaren Un-
    wetter, fingen aber doch alle zu klagen an.
    »Wir werden unmöglich genug bei Kräften bleiben, um
    Neuholland zu erreichen«, jammerten alle einstimmig.
    »Durchnäßt vom Regen und von Anstrengungen erschöpft,
    finden wir ja keinen Augenblick Ruhe. Werden Sie jetzt, Ka-
    pitän, wo wir schon halb Hungers sterben, nicht die Ratio-
    nen vergrößern? Was schadet es, wenn unsere Vorräte zu
    Ende gehen? In Neuholland werden wir sie ja leicht erset-
    zen können!«
    »Nein, dem kann ich nicht zustimmen«, erwiderte Bligh,
    »das hieße als Toren zu handeln. Wie, jetzt nach Zurückle-
    gung kaum der Hälfte des Weges nach Australien, seid ihr
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    schon mutlos? Glaubt ihr denn, auf der Küste Neuhollands
    so leicht Lebensmittel zu finden? Da kennt ihr Land und
    Leute dort nur schlecht!«
    In kurzen Zügen schilderte Bligh darauf die Natur des
    Bodens, die Sitten der Eingeborenen und die geringe Aus-
    sicht auf wohlwollenden Empfang von deren Seite, alles
    nach eigenen Erfahrungen von seinen Erdumsegelungen
    mit Kapitän Cook her darstellend. Noch einmal gaben sich
    seine beklagenswerten Leidensgefährten zufrieden und
    schwiegen.
    Während der folgenden 14 Tage blieb es klarer Son-
    nenschein, bei dem man wenigstens die Kleider trocknen
    konnte. Am 27. fuhr das Boot durch den Riffgürtel an der
    Ostseite Neuhollands. Hinter dieser madreporischen Kette
    lag das Meer ruhig, und einige Inselgruppen ergötzten das
    Auge mit ihrer exotischen Pflanzenpracht.
    Mit großer Vorsicht ging man ans Ufer. Hier zeigten sich
    keine anderen Spuren von einem Aufenthalt Eingeborener
    als alte Feuerstellen. Endlich winkte also eine ruhige Nacht
    auf festem Land.
    Aber essen, essen wollte jeder. Glücklicherweise ent-
    deckte einer der Matrosen eine Austernbank. Das war ein-
    mal ein Schmaus!
    Am folgenden Tag fand Bligh in der Schaluppe noch ein
    Vergrößerungsglas, einen Feuerstahl und einen
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