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Die Meute

Die Meute

Titel: Die Meute
Autoren: David Fisher
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Mühe, der Rotte zu folgen, und da er sich langsamer bewegte, zirkulierte auch sein Blut langsamer und wurde kälter.
    In der Nacht nach Larrys und Dianes Ankunft auf der Insel rollte er sich zwischen den Vorderbeinen des grauen Schäferhundes zusammen, winselte noch einmal kurz, schloß die Augen und erfror.
    Am folgenden Morgen begann die verhungernde Dogge an seinem Kadaver zu nagen. Der Rest der Meute sah zu, wie sie versuchte, Stücke aus seinem Körper zu reißen. Aber der war schon hart gefroren.
    Larry und Thomas Hardman gingen am Morgen ganz nah an seinem Kadaver vorbei, sahen ihn aber nicht. Der Schnee hatte ihn schon unter sich begraben. Zunächst stapften sie schweigend nebeneinander her. Jeder von ihnen wartete darauf, daß der andere das unvermeidliche Thema anschneiden würde.
    Larry war es schließlich, der als erster sprach. Ohne seinen Vater anzusehen, sagte er: »Du weißt, warum wir hier sind, nicht wahr, Dad?«
    Thomas Hardman wollte zunächst einmal abwarten, ehe er den Angriff parierte. Und dann würden sie den Kampf ohne falsche Rücksicht führen, von Mann zu Mann, von Vater zu Sohn. Wenn es vorüber war, würden sie einander verstehen. Der Vater den Sohn, der Mann den Mann. »Nein«, log er. »Ich weiß nicht genau, was du meinst.«
    Schweigend gingen sie weiter. Larry schlug seinen Pelzkragen hoch, nasser Schnee fiel ihm ins Genick. »Ich möchte, daß du und Ma – daß ihr beide zu uns nach New York zieht. «
    »Ach so?« sagte Tom. »Larry, ich glaubte, das Thema sei erledigt.«
    »Ich weiß, wie sehr du an dieser Insel hängst, Dad. Aber die Fakten sprechen einfach eine andere Sprache. Hier gibt es niemanden, der dir helfen könnte, wenn du einen Unfall hast oder krank wirst.« Das war nicht das, was Larry eigentlich sagen wollte. Es war weniger überzeugend, als er gehofft hatte, aber immerhin ein Anfang.
    »Du hast recht, Larry. Burrows ist ziemlich abgelegen. Aber ich habe einen Vorschlag. Seit Nat Resnick letztes Jahr starb, steht sein Haus leer. Warum zieht ihr denn nicht auf die Insel?«
    Der Kampf war eröffnet.
    »Aber es wäre doch viel sinnvoller, wenn ihr beide zu uns nach New York kommen würdet.«
    Tom Hardman blieb stehen und sah seinem Sohn in die Augen. »Die Antwort ist nein, Larry«, sagte er kategorisch. »Mein Zuhause ist hier. Ich gehöre hierher, genauso wie deine Mutter und du auch. Wenn ich mein Haus verlasse, dann nur wie Nat Resnick.«
    Es war genau die Antwort, die Larry erwartet hatte -eigentlich keine Antwort, sondern nur Hartnäckigkeit.
    »Sag, Vater – glaubst du wirklich, ich mache dir diesen Vorschlag aus eigensüchtigen Motiven? Glaubst du, ich wäre besser dran, wenn du bei uns in New York wärst? Ich verstehe dich wirklich nicht. Warum machst du es mir zum Vorwurf, wenn ich möchte, daß du länger lebst? Kannst du mir das erklären?«
    Tom Hardman fuhr sich mit der Zunge über die Lippen, als ob er nach seiner Pfeife suchen würde, auf die er hätte beißen können. Dann sagte er mit fast tonloser Stimme: »Nein, Larry, ich glaube, du verstehst mich wirklich nicht.«
    Er setzte seinen Weg fort, und Larry folgte ihm.
    ,Ich will, daß du länger lebst’, hatte sein Sohn gesagt. Diese Worte gingen Tom Hardman im Kopf herum. Wie konnte er seinem Sohn den Unterschied zwischen ,leben’ und ,existieren’ erklären?
    »Und was passiert, wenn einer von euch beiden stirbt?« hörte er Larry fragen.
    »Wir werden beide sterben!« rief er über die Schulter zurück. »Da bleibt uns wohl keine Wahl.« Nein, das war unfair. Dies sollte doch ein Männergespräch sein. Wieder blieb er stehen, wandte sich zu Larry um. »Wenn deine Mutter stirbt oder ich, dann wird der Überlebende zu entscheiden haben, was zu tun ist. Aber das ist keine Entscheidung, die man schon vorher trifft.«
    »Überleg doch, Dad«, beharrte Larry. »Ich weiß, daß du das nicht gern hörst. Aber mit dieser Insel hier geht es zu Ende. Das ist kein Platz mehr zum Leben. Wann hast du dich hier zum letztenmal richtig ausruhen können? Deine Existenz hier ist kein Leben, sondern ein Kampf ums Überleben. Diane und ich möchten, daß du deine Jahre genießt. Du sollst miterleben, wie deine Enkel groß werden. Darauf hast du ein Recht.«
    Tom wußte, wie gut es sein Sohn meinte.
    »Vergiß diese verdammte Insel und komm zu uns.«
    Zorn stieg in Tom Hardman auf, als Larry so geringschätzig von seiner Heimat sprach. Ohne zu überlegen, wie er es sich vorgenommen hatte, fuhr er seinen Sohn an:
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