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Die Meute der Morrigan

Die Meute der Morrigan

Titel: Die Meute der Morrigan
Autoren: Pat O'Shea
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freundlich
und hell erleuchtet; die Regale, die schon mit Büchern gut gefüllt waren,
prangten in neuem Holz, und soviel er vom Boden sehen konnte, hatte man einen
dunkelbraunen Teppich ausgelegt. Die Kasse stand gleich neben dem Schaufenster,
und der Buchhändler saß dahinter. Er verhandelte mit irgend jemandem am
Telefon.
    Auf einem kleinen Schild aus
weißem Karton vorne im Schaufenster stand, daß Bücher angekauft würden,
allerdings nur solche in gutem, sauberem Zustand. Als Pidge die Auslage
musterte, bedeckte der Buchhändler die Sprechmuschel des Telefonhörers mit der
Hand und rief hinaus;
    «Lehn das Fahrrad nicht an die
Scheibe!»
    Pidge war betroffen. Er hätte
am liebsten geantwortet:
    «Das wollte ich doch gar
nicht!» Aber dazu war er viel zu höflich, und so schob er statt dessen sein
Fahrrad ein Stück weiter, lehnte es an die Wand neben dem Schaufenster und
dachte: Diese Ladenbesitzer sind doch alle gleich. Meinetwegen, aber ich habe
noch nie gesehen, daß jemand mit einem Fahrrad eine Schaufensterscheibe
zerbrochen hätte.
    Bei dieser Vorstellung mußte er
lächeln. Er lächelte immer noch, als er durch die geöffnete Tür ins Innere des
Ladens ging. Der Buchhändler runzelte die Stirn.
    Der Laden war voll von Büchern.
In den Regalen standen sie dicht an dicht, und fast überall türmten sich Kisten
und Bücherstapel zu kleinen Mauern, die nur noch schmale Durchgänge entlang den
Regalen und in der Mitte des Ladens freiließen. Pidge ging an den Regalen
entlang, nahm sich ab und zu ein Buch heraus und blätterte darin.
    Schließlich war er ganz hinten
im Laden angekommen. Da stand eine Tür offen, die zu einem kleinen Nebenraum
führte. Neugierig ging Pidge hinein.
    Es war dunkel in dem kleinen
Raum. Nur durch ein kleines Spitzbogenfenster hoch oben konnte etwas Licht
hereindringen; und da es im Laden so hell gewesen war, brauchten seine Augen
eine Weile, um sich an die Dunkelheit zu gewöhnen.
    Der Raum war voll von Trödel
aller Art, ganze Schachteln und Säcke voll. Manche Sachen aus Seide oder Satin,
bestickt mit Pailletten, waren einmal sehr fein gewesen, jetzt aber sahen sie
schäbig und fleckig aus vom Alter und vom Staub. Da waren Teekisten voller
verschimmelter Schuhe und Stiefel. Auf einer davon lag eine Ziehharmonika mit
einem Riß, auf einer anderen eine Sammlung alter Fächer, manche aus Federn,
deren einstige Schönheit nur noch ein paar zerzauste Büschel an den kahlen,
ehemals weißen Kielen erahnen ließen. Es gab Tennisschläger, die verbogen waren
und keine Saiten mehr hatten, einen Spiegel, blind vor Schmutz und ein paar
verrostete Schlittschuhe.
    «Das müssen die Sachen sein,
die von dem Pfandhaus übriggeblieben sind», sagte er sich und war betrübt.
    In diesem Augenblick knallte es
dreimal laut am Himmel.
    Der Buchhändler im Laden sprang
auf, und als Pidge den Hals nach ihm reckte, sah er ihn auf die Straße laufen.
Gerade wollte er dem Buchhändler folgen, um herauszufinden, was los sei, da fiel
ein schmaler Lichtstrahl aus dem kleinen Fenster herab.
    Er war unglaublich hell und
beleuchtete einen kleinen Packen, der auf dem Boden lag. Pidge hob ihn auf und
sah, daß er nur aus ein paar Seiten eines alten Buches bestand, die mit einer
Schnur zusammengebunden waren. Der Einband fehlte, aber die Titelseite war noch
da. Er betrachtete sie, um festzustellen, wovon das Buch handelte und ob es
sich lohne, darin zu lesen. Die Buchstaben waren seltsam und breitgedrückt,
aber er konnte doch entziffern, daß da «Aus Patricks Schriften» stand. Die
Seiten hatten Eselsohren und eingerissene Ränder; die obersten und untersten
Blätter waren ziemlich grau.
    Wahrscheinlich ist es sehr
langweilig, dachte er.
    Während er das Titelblatt
betrachtete, wanderte der Sonnenstrahl und ließ die Seiten in seinen Händen
aufleuchten. Pidge dachte sich nichts dabei, weil ihm klar war, daß das Licht
den ganzen Tag weiterwandert, auch wenn es eben gerade ziemlich schnell
gegangen war; doch plötzlich wußte er, daß er sie haben mußte! Er mußte diese
Seiten haben!
    Ohne an den mürrischen
Buchhändler oder die plötzlichen Knalle am Himmel zu denken, ging er in den
hell erleuchteten Laden zurück.
    Der Buchhändler war noch nicht
zurückgekommen, aber es saß jemand anders hinter der Kasse, ein schmächtiger
alter Mann mit einem großen weißen Schnauzbart. Er war ganz versunken in die
Lektüre eines Textes, der in einer seltsamen, fremden Sprache geschrieben war.
    Bestimmt ein Gelehrter,
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