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Die Messermacher (German Edition)

Die Messermacher (German Edition)

Titel: Die Messermacher (German Edition)
Autoren: Petra Mehnert
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Familie, was die Arbeitszeiten anging, kein Pardon. Nur in ganz seltenen Ausnahmefällen durfte jemand mal später anfangen oder früher gehen. Nur ihre Tante Marianne hatte es durchgesetzt, dass sie erst um zehn Uhr anfangen durfte. Sonst hätte sie gekündigt und das wollte die Familie dann doch nicht, denn Marianne war eine hervorragende Designerin von Messerformen und –griffen, die keiner missen wollte. Und Marianne wusste das.  
    Nachdem Jakob aufgesperrt hatte, drängte sich Nora an ihm vorbei und während sie die Treppe nach oben zu den Schlafzimmern hinaufstürmte, rief sie: 
    „Oma! Opa! Was ist los, ihr Schlafmützen?“  
    Sie erhielt keine Antwort und so blieb sie vor dem Schlafzimmer ihres Großvaters schlitternd stehen. Da ihr Opa so schrecklich schnarchte und seit Oma so krank war, schliefen sie in getrennten Zimmern. Einfach reinplatzen wollte das Mädchen aber doch nicht und so klopfte sie energisch an die Türe. Sie bekam aber immer noch keine Antwort. Kopfschüttelnd und ratlos stand sie nun da, als ihr Vater ihr zurief: 
    „Lass sie doch schlafen, Nora. Wahrscheinlich hatten sie wieder eine anstrengende Nacht. Reno wird schon runter kommen, wenn ihn der Hunger plagt. Du weißt doch, wie ihm morgens immer der Magen knurrt.“ 
    „O.k., wenn du meinst …“, murrte Nora, denn das bedeutete, dass sie nun an die Arbeit musste. Gerne hätte sie ihren geliebten Opa geweckt und dann mit ihm gefrühstückt. Enttäuscht drehte sich Nora um und schlich nun die Stufen vorsichtig hinunter, denn jetzt wollte sie doch, dass sich ihr Opa mal so richtig ausschlafen konnte. Seine Frau hielt ihn seit ihrer Krankheit ganz schön auf Trab, manchmal tat Nora ihr ruhiger und sensibler Opa richtig leid. Er war so ein lieber Mensch und er versuchte alles, um seiner armen Frau in ihrer schweren Krankheit beizustehen. Nora tat sich da schon etwas schwerer, denn ihre Oma war eine sehr herrschsüchtige Frau und vor allem in Firmendingen war nicht mit ihr zu spaßen. 
    Wie jeden Tag war es zunächst still in der Werkstatt – jeder hatte seinen eigenen Arbeitsplatz mit Blick auf den schönen Hohenstaufen. Wegen dieses Ausblicks wurden sie oft beneidet, denn wer nach Ottenbach zog, wollte, wenn möglich, diese wunderschöne Aussicht haben. Der kegelförmige Berg, um dessen grüne Haube sich eine kleine Ortschaft wie ein Kranz gelegt hatte, sah zu jeder Jahreszeit sehr schön aus. Täglich zeigte er sich in anderen Farben und Schattierungen. 
    Trotz des wunderbaren Ausblicks, den sich die Handwerker zur Erholung ihrer angestrengten Augen immer wieder gönnten, konzentrierten sich die Angerers voll auf ihre Werkstücke. Jeder hatte ein Spezialgebiet, um das er sich besonders kümmerte, doch bei manchen Arbeitsschritten arbeiteten sie auch Hand in Hand. Es dauerte aber meist nicht lange, bis einer von ihnen irgendein Thema aufgriff, das ihn gerade besonders interessierte oder das momentan im Radio zu hören war. Solange die Seniorchefs nicht in der Werkstatt waren, wurde ein Sender eingeschaltet, auf dem viele Oldies liefen. Die Älteren in der Werkstatt liebten die alten Songs und so wurden auch die Jüngeren in diese Musik eingeführt und ständig nach den Interpreten ausgefragt. Inzwischen kannten sich Nora und Felix bestens mit den Hits ab den 50er Jahren aus. Wenn die Großeltern in der Werkstatt waren, musste sofort der Klassiksender eingeschaltet werden, was der Rest der Familie zwar schon oft zu verhindern versucht hatte, aber immer an der Macht Adeles gescheitert war. Seit ihrer Krankheit war sie allerdings nicht mehr so oft in der Werkstatt und mit Reno konnte man reden. Dem hatten sie inzwischen ihren Lieblingssender auch schmackhaft gemacht.  
    Momentan beschäftigte sich Nora mit dem Thema Umweltschutz. Eigentlich wissen die Menschen doch, dass es höchste Zeit ist, etwas Gravierendes zu unternehmen, doch keiner will damit anfangen. Wer möchte schon freiwillig auf die liebgewonnenen Annehmlichkeiten verzichten, wenn es der Nachbar auch nicht tut? Wer lässt freiwillig sein Auto stehen, spart Strom oder vermeidet unnötige Verpackungen? Wer denkt schon genauer darüber nach?  
    Auch hier in der modern mit Holz und Edelstahl eingerichteten Messerwerkstatt wurde nun heftig über dieses Thema diskutiert und darüber verging die Zeit des eintönigen Arbeitens wie im Flug. Nebenbei hatte Nora noch eine Kanne Kaffee gekocht und jedem in seiner Lieblingstasse den dampfenden Muntermacher auf den Arbeitsplatz
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