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Die Messermacher (German Edition)

Die Messermacher (German Edition)

Titel: Die Messermacher (German Edition)
Autoren: Petra Mehnert
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sie doch, dass Joska sowieso zu ihr kommen würde, um weitere Instruktionen abzuholen. Heute jedoch war der junge Mann so vertieft in die Recherche-Arbeiten, die man ihm kurzfristig aufgebürdet hatte, dass er den Ruf seiner Chefin nicht gehört hatte. Erst nach einem lauten Kreischen seines Namens fuhr er erschrocken zusammen und stieß dabei seine Kaffeetasse um. Die schon längst kalt gewordene Brühe ergoss sich komplett über die Tastatur seines Computers.  
    „Verdammte Scheiße!“, zischte der jüngste Assistent der Göppinger Kripo und versuchte verzweifelt, das Malheur mit seinem Ersatz-T-Shirt aufzuwischen. Dabei stieß er auch noch sein Nutella-Glas um, das jetzt so früh am Morgen noch fast voll war. Bis zum Feierabend jedoch würde er es wie jeden Tag wohl wieder ausgelöffelt haben. Ohne diese Ration „Glücklichmacher“ lief bei ihm gar nichts! Während seiner kläglichen Säuberungsversuche legte sich plötzlich eine dunkelbraune Hand mit langen, rot lackierten Fingernägeln auf seinen hektisch wischenden Arm und er fuhr wie ertappt herum. In seiner Aufregung hatte er gar nicht registriert, dass diese wundervollen Hände gar nicht seiner Chefin gehörten, sondern ihrer gemeinsamen Sekretärin Lola Amati, einer rassigen achtundzwanzigjährigen Afrikanerin, deren halblange, dichte krause Haarpracht stets wirr von ihrem Kopf abstand. Wenn sie nicht im Dienst war, sprach sie breitestes Schwäbisch, was ihre Mitmenschen immer noch sehr befremdlich fanden. Denn in ihrem Wohnort Krummwälden, einem kleinen Örtchen zwischen Salach und Ottenbach, war sie immer noch etwas Besonderes, obwohl sie nun schon drei Jahre dort lebte. Auf der Polizeiwache jedoch wurde sie als äußerst zuverlässige Mitarbeiterin von allen geachtet. Wegen ihres exotischen Aussehens verehrten sie die männlichen Kollegen und von den weiblichen wurde sie beneidet. Aber um ihren jungen Kollegen sorgte sie sich besonders und gerade heute zeigte sich wieder, wie sehr er sie brauchte.  
    Erleichtert ließ sich ihr junger Vorgesetzter gerade auf seinen Stuhl fallen und hätte Lola nicht aufgepasst, hätte er sich wohl daneben gesetzt. So landete er wenigstens noch auf der Stuhlkante, doch der inzwischen schon recht heisere und wütende Schrei seiner Chefin ließ ihn augenblicklich wieder in die Höhe schießen und er fuhr sich hektisch durch seine strubbelige Mähne. Seine bernsteinfarbenen Augen huschten hektisch zwischen seinem Chaosschreibtisch und dem Chefbüro hin und her. 
    „Nun geh schon“, drängte Lola ihn mit ihrer rauchigen Stimme sanft in Richtung Chefbüro. „Ich mach das schon“, setzte sie noch liebevoll hinzu und es klang, als würde eine Mutter mit ihrem kleinen Kind sprechen. Doch der kecke Augenaufschlag und das herzliche Lächeln sprachen eine ganz andere Sprache. Verwirrt schnappte sich der junge Assistent seinen Notizblock, der ganz knapp dem Nässe-Attentat entgangen war und hastete mit Schwung durch die Türe, sodass diese mit einem lauten Knall gegen die Wand krachte.  
    „Herrgott Joska!“, wetterte Frau Müller-Harnisch augenblicklich los. „Können Sie nicht wie jeder normale Mensch durch eine Türe gehen?“ 
    Joska jedoch wagte sich keinen Schritt näher und so musste seine Chefin, deren Zorn beim Anblick ihres äußerst hübschen und zerknirscht dreinblickenden Angestellten sofort wieder verraucht war, ihn nun wesentlich freundlicher auffordern, sich doch endlich zu setzen. Erleichtert ließ sich Joska auf seinen angestammten Platz der Chefin gegenüber plumpsen, lehnte sich erwartungsvoll zurück, wobei er seine langen, muskulösen Fußballer-Beine von sich streckte und erst einmal abwartete. Als ihr Assistent nichts sagte, schüttelte die Kommissarin genervt den Kopf und fragte unwirsch:  
    „Ja, wollen`s denn gar nicht wissen, wer vermisst wird?“ 
    „Sie werden es mir doch sowieso gleich sagen“, antwortete der junge Mann frech, denn es machte ihm Spaß, seine Chefin ab und zu zu necken. Sie war zwar doppelt so alt wie er, doch mit ihren 44 Jahren sah sie immer noch verdammt knackig aus. Obwohl sie ihre pechschwarzen Haare (die ganz sicher gefärbt waren) stets zu einem strengen Dutt hochgesteckt hatte, konnte sich ihr junger Angestellter sie sehr gut mit offenen, wallenden Haaren und sich lasziv auf ihrem Schreibtisch räkelnd vorstellen.  
    „Haben Sie nicht gehört, was ich Ihnen gerade gesagt habe, Herr Kiss!“ 
    Oha! Wenn sie ihn mit seinem Nachnamen ansprach, wurde es ernst.
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