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Die Messermacher (German Edition)

Die Messermacher (German Edition)

Titel: Die Messermacher (German Edition)
Autoren: Petra Mehnert
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gestellt. Das mit den Tassen war eine Marotte der Angerers – aus jedem Urlaub brachten sie als Andenken welche mit und Nora kaufte immer wieder besonders schöne oder ausgefallene Tee- oder Kaffeetassen. Inzwischen war dafür sogar eine eigene Vitrine angeschafft worden. Eine weitere Eigenart Noras, die ihren Vater jeden Tag aufs Neue den Kopf schütteln ließ, war, dass sie in ihren Kaffee stets fünf Stück Würfelzucker warf – allerdings ohne umzurühren. Auf die Frage hin, warum sie nicht umrühre, antwortete sie, das wäre ihr dann zu süß. Was sollte man dazu noch sagen? 
    Es dauerte dann auch noch über eine Stunde, bis Felix endlich auffiel, dass es im oberen Stockwerk immer noch so ruhig war.  
    „Immer noch nichts zu hören, da oben. Sogar unser Firmenwachhund Moritz hat noch keinen Mucks von sich gegeben“, stellte Felix fest, doch seine Schwester konterte sofort: 
    „Der Moritz ist doch stocktaub. Wenn die Schlafzimmertür von Opa geschlossen ist, hört der uns hier unten garantiert nicht.“ 
    „Ich glaub, der will nur nicht hören und stellt sich taub. Aber komisch ist das schon“, meinte Felix dann mit einem seltsamen Gefühl im Bauch. Irgendwas stimmte hier nicht – ganz und gar nicht. Er stand auf und mit einem Kopfnicken gab ihm sein Vater zu verstehen, dass es nun in Ordnung war, wenn er nach seinen Großeltern sah. Doch Nora sprang ebenfalls auf und rief ihrem Bruder zu: 
    „Ich weck Opa!“, und schon war sie zur Tür hinaus und bereits auf der Treppe, als Felix sie einholte. Er hatte mal wieder zuerst seine fast in den Kniekehlen sitzende Jeans hochziehen müssen, die ihm trotz Gürtel immer wieder über seine mageren Hüften rutschte. Jedes Mal, wenn er das tat, schüttelten die erwachsenen Mitglieder seiner Familie über diese unmögliche neue Mode verständnislos die Köpfe. Die Jungs sollten sich mal von hinten sehen – sie sahen aus, als hätten sie die Hosen voll! Und das Treppensteigen ging auch nicht so einfach, sodass Felix hinter seiner Schwester her stolperte. 
    „Das ist unfair, Nora! Warum muss ich nach Oma gucken? Seit sie krank ist, ist sie mir noch unheimlicher“, raunte Felix seiner Schwester zu, doch ihr Blick duldete keinen Widerspruch. Wenn es um ihren Opa ging, war sie gnadenlos und außerdem mochte Oma ihren kleinen Felix wesentlich lieber als ihre Enkelin. Also war es nur gerecht, dass Felix nun nach ihr schauen musste. Wieder klopfte Nora zuerst vorsichtig, und als keine Antwort kam, etwas energischer an die Schlafzimmertüre ihres Großvaters. Felix war an ihr vorbei und den Gang hinunter gegangen, um an der letzten Türe zu klopfen. Auch er bekam keine Antwort und die Geschwister sahen sich fragend an. Sollten sie einfach so hineingehen? Würde das im Falle der Großmutter nicht ein mächtiges Donnerwetter geben? Die beiden jungen Leute nickten sich zu und gemeinsam drückten sie die jeweilige Türe auf. Da die Großeltern die Angewohnheit hatten, in völliger Dunkelheit zu schlafen, sahen die Geschwister zunächst nichts. Erst als sich ihre Augen an die Lichtverhältnisse des einfallenden Flurlichtes gewöhnt hatten, konnten sie die Umrisse der Zimmer und schließlich auch die Betten erkennen. Fast gleichzeitig stießen sie einen lauten Entsetzensschrei aus, wobei der von Felix wegen seines Stimmbruchs sofort überschlug und nur noch ein heißeres Krächzen übrig blieb. Während Nora unmittelbar darauf zurück auf den Flur gelaufen kam und dabei rief: 
    „Opa ist weg!“, rührte sich Felix nicht von der Stelle. Wie erstarrt hielt er immer noch die eiskalte und steife Hand seiner Oma fest, als wäre er an ihr festgefroren.  
    „Was ist mit Oma?“, fragte Nora, während sie durch den Flur schlitterte. Beinahe wäre sie auf einem der vielen kleinen Teppichläufer ausgerutscht, die ihre Oma im ganzen Haus liegen hatte.  
    „Ist Oma da?“, wollte Nora wissen, bevor sie überhaupt ganz im Zimmer war. Als sie dann ihre Oma schemenhaft im Bett liegen sah, raunzte sie ihren Bruder an: 
    „Warum schreist du denn so? Oma ist doch da, nur der Opa ist weg!“ Mit diesen Worten schubste sie ihren Bruder unsanft zur Seite, wobei der die Hand seiner Oma loslassen musste und diese dann kraftlos aus dem Bett rutschte. Nora achtete gar nicht darauf, sondern umrundete das Bett und schaute nach, ob ihr Opa neben seiner Frau kuschelte. Sie machte das ganz automatisch, ohne darüber nachzudenken, dass das Krankenbett doch viel zu schmal war, um zu zweit darin
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