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DIE MEROWINGER: Letzte Säule des Imperiums

DIE MEROWINGER: Letzte Säule des Imperiums

Titel: DIE MEROWINGER: Letzte Säule des Imperiums
Autoren: Robert Gordian
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und Axt auf den Boden und ließ sich daneben ins Gras fallen. Die Arme unter dem Kopf verschränkt, die Beine weit von sich gestreckt, lag er nur da und blinzelte in die Sonne. Ein paar Wolken zogen heran, und er dachte, dass auf ihnen vielleicht Wodans Walküren herbeiritten, die die Gefallenen auflesen und nach Walhall bringen würden. Vielleicht kamen sie aber auch nicht, und es gab sie überhaupt nicht. Wer konnte das wissen?
    Erst Baddos energische, tiefe Stimme weckte ihn aus seinem Halbdämmer.
    »Was ist nun, Chlodwig? Leisten wir hier den Toten Gesellschaft, oder rücken wir in die Stadt ein?«
    Der Einäugige saß freihändig zu Pferde, in der Linken das Schwert, die Rechte mit einem blutigen Lappen umwickelt.
    Augenblicklich war Chlodwig auf den Beinen und nahm seine Waffen auf.
    Ringsum waren die Franken schon eifrig dabei, den gefallenen und verwundeten Söldnern Rüstungen, Kleidungsstücke, Schuhe und Waffen abzunehmen. Nackt ließ man sie liegen und gab den noch Lebenden den Rest, wenn sie sich wehrten oder um Gnade baten. Berittene trieben noch immer Gefangene zusammen, die ebenfalls völlig entkleidet wurden. Wer zu entkommen suchte, wurde ohne Umstände niedergemacht.
    Knechte und Mägde schoben Karren über das Schlachtfeld und lasen die eigenen Toten und Verwundeten auf, sofern die nicht schon – versehentlich oder nicht – das Schicksal der Feinde erlitten hatten. In der Nähe des Hügels, der Baddos Reiter bis zu ihrer die Schlacht entscheidenden Attacke gedeckt hatte, lagen besonders viele tote und verendende Pferde. Kläglich wiehernd und strampelnd versuchten leichter verletzte Tiere, wieder auf die Beine zu kommen.
    Einem kleinen rotbraunen Hengst gelang dies tatsächlich. Er war offenbar nur gestürzt, und jetzt setzte er sich in Trab, so als suchte er einen Reiter. Er rannte direkt auf Chlodwig zu. Der schwang sich, ohne zu zögern, auf seinen Rücken.
    »Vorwärts!«, rief er. »Damit wir als Erste in der Stadt sind!«
    »Zu spät!«, sagte Baddo.
    Chlodwig sah es jetzt auch.
    Zwischen dem Schlachtfeld und der Festung marschierten schon mehrere große Haufen auf das weit geöffnete nördliche Tor zu. Sie hatten mindestens eine halbe Meile Vorsprung.
    »Unsere Nachhut und unsere Reserve«, sagte Baddo verächtlich. »Deine tapferen Vettern aus Cambrai und Tongeren.«
    »Die werden sich kaum an die Abmachung halten«, rief Droc, ein älterer Gefolgsmann, der mit gezogenem Schwert hin und her lief und darauf achtete, dass alle vom Feind erbeuteten Waffen auf einen Haufen geworfen wurden. »Vom ehrlichen Teilen halten die nichts!«
    Ursio führte eine Gruppe verwundeter, aber noch marschfähiger Kämpfer heran.
    »Ihnen nach!«, schrie er. »Beeilen wir uns! Damit sie nicht alles kahl fressen!«
    »Das sollten sie wagen!«, sagte Chlodwig gepresst. »Mir gehört jetzt die Stadt!«
    Er setzte sich an die Spitze des Tournaier Haufens. Baddos Reitertrupp schloss sich an. Vor dem Festungstor ließ der König haltmachen und befahl, einen großen Halbkreis zu bilden.
    Die ungeduldigen Männer, die ihre Stammesbrüder schon plündernd in der Stadt wussten, fügten sich mit dumpfem Gemurmel.
    Gleich neben dem Tor lag ein umgestürzter Wagen. Chlodwig stieg auf den Trümmerhaufen, um von allen gesehen zu werden.
    Sein Anblick war furchterregend. Spitz ragte die Nase aus dem bleichen, bärtigen Gesicht. Starr blickten die hellen Augen aus blauschwarzen Höhlen. Schweiß und Dreck verklebten die Haarsträhnen, die über die breiten, knochigen Schultern auf den blutbesudelten Kittel fielen. Die zerfetzte Hose umschlotterte die langen Beine.
    Wie meistens, wenn er der Wirkung seiner Worte misstraute und ihnen drohenden Nachdruck verleihen wollte, riss der König die Axt vom Gürtel und schwang sie im Takt seiner hastig hervorgestoßenen Sätze.
    »Alle mal herhören, Männer! Was ich jetzt sage, soll jeder sich merken! Uns gehört nun die Stadt Soissons. Ihr habt sie erobert, ihr aus Tournai. Nur ihr aus Tournai, verstanden? Nur ihr! Was einem gehört, behandelt man gut: ein Schwert, einen Ochsen, eine Frau. Wer wäre so dumm, sich an seinem Eigentum zu vergreifen! Auch eine Stadt, die man besitzt, behandelt man gut. Sie ist so wertvoll wie tausend Pferde und zweitausend Kühe. Schlägt einer von euch seine Pferde und Kühe tot?«
    »Pferde und Kühe sind keine Feinde!«, schrie einer. »Feinde müssen bestraft werden!«
    »Du hast recht!«, sagte Chlodwig und deutete mit der Franziska zum Schlachtfeld
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