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Die Merle-Trilogie 02 - Das steinerne Licht

Die Merle-Trilogie 02 - Das steinerne Licht

Titel: Die Merle-Trilogie 02 - Das steinerne Licht
Autoren: Kai Meyer
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Gegner.
    Serafin war derweil zur anderen Seite des Platzes gelaufen. Von dort blickte er zurück, sah, dass die Katzen sich vor den Fassaden ballten wie eine Brandung aus Pelz, erkannte aber auch, dass die Mumienkrieger ihm mit unverminderter Eile auf den Fersen waren.
    Die Katzen warteten, dass er sie abermals zum Angriff rief, doch das brachte er nicht übers Herz. In der Schneise, die die vier Mumienkrieger gepflügt hatten, lagen fast ein Dutzend Tiere, tot oder sterbend. Die Trauer, die Serafin bei diesem Anblick überwältigte, lähmte ihn stärker als die Furcht um sein Leben.
    Noch zehn Meter, dann würden ihn die vier Krieger erreichen. Stumm stürmten sie auf ihn zu. Im Hintergrund, oben auf der Brücke, stand der Gesandte mit verschränkten Armen, abgeschüttet von seinen beiden Wächtern.
    »Die Katzen!«, rief plötzlich eine helle Stimme aus den Schatten hinter Serafin. »Sie sollen weiter zurück!«
    Serafin wirbelte herum. In der Nische zwischen den Häusern brannte eine Fackel, aber er konnte nicht erkennen, wer sie hielt. Er pfiff erneut und bewegte sich dabei auf die Lichtquelle zu.
    Diesmal folgten die Katzen. In Windeseile erklommen sie Häuser und Fensterbänke, Regenrinnen und Treppen, Holzbalken und Balustraden.
    »Achtung!«, brüllte eine zweite Stimme, diesmal von links.
    Serafin drehte sich um und rannte. Die Mumienkrieger hatten ihn fast erreicht. Über die Schulter blickte er zurück – und sah zwei grelle Feuerlohen, die von beiden Seiten der Gassenmündung in Richtung der Mumien züngelten. Ein prasselndes Fauchen ertönte, dann gingen die vier Mumien in Flammen auf. Glut züngelte über ihre ausgetrockneten Leiber, sprang von einem Glied zum anderen über, fraß sich unter dem Stahl der Rüstungen entlang. Der eine Krieger sank in die Knie, während die drei anderen noch weiterliefen. Zwei schlugen unkontrolliert um sich, als könnten sie die Flammen mit ihren Sichelklingen vertreiben. Der dritte aber stürmte ungebremst auf Serafin zu, die Waffe erhoben, bereit zum tödlichen Hieb.
    Serafin war unbewaffnet bis auf das Messer, das er aus seinem Gürtel riss. Er wusste, dass er damit keine Chance hatte. Trotzdem blieb er stehen, als hätten seine Stiefel Wurzeln geschlagen. Er war ein Meisterdieb der Gilde gewesen, der jüngste überhaupt, und er hatte gelernt, dass man vor Gegnern nicht davonlief. Nicht, wenn andere bereit waren, ihr Leben für ihn aufs Spiel zu setzen. Und wie es aussah, hatten das nicht nur die Katzen getan, sondern auch die mysteriösen Helfer, die ihm mit ihrem Feueratem zur Hilfe kamen.
    Jetzt sah er drei Gestalten aus den Nischen zu beiden Seiten der Gasse springen. Zwei schleuderten ihre Fackeln zu Boden, während die dritte mit gezogenem Säbel auf einen der brennenden Krieger eindrang. Ganz kurz durchfuhr Serafin die Erkenntnis, dass er dieses Gesicht kannte, alle drei Gesichter, aber ihm blieb keine Zeit, sich zu vergewissern.
    Der brennende Mumienkrieger stürzte sich auf ihn wie ein Dämon, eine meterhohe Feuersäule, aus der die rasiermesserscharfe Klinge des Sichelschwertes nach ihm schlug. Serafin wich dem Hieb aus und versuchte zugleich, genügend Abstand zwischen sich und seinen Gegner zu bringen. Dem Schwert konnte er vielleicht entgehen, aber wenn die lodernde Kreatur auf ihn stürzte, würde er jämmerlich verbrennen.
    Aus dem Augenwinkel sah er, wie der Kämpfer mit dem Säbel seinem Mumiengegner den Schädel von den Schultern schlug, mit einer eleganten Drehung, die lange Übung oder enormes Talent verriet. Die zwei anderen hatten ebenfalls Klingen gezogen und kämpften mit den übrigen Mumien, längst nicht so gekonnt wie ihr Anführer, doch das Feuer kam ihnen zu Hilfe. Es verzehrte die untoten Krieger mit solcher Hast, dass sie buchstäblich auseinander fielen, ehe sie gefährlich werden konnten. Auch Serafins Gegner wurde trotz aller Willenskraft immer schwächer, seine Bewegungen unkontrollierter, bis seine Beine unter ihm nachgaben. Serafin wich ein paar Schritte zurück und sah zu, als die Mumie wie ein Haufen Stroh von den Flammen verzehrt wurde.
    »Vorsicht!«, schrie eine Stimme.
    Hastig sah sich Serafin um. Die beiden Leibwächter des Gesandten waren herbeigeeilt, gefolgt von ihrem Meister. Sie stürzten sich auf seine Retter. Serafins Augen tränten vom Rauch der zahlreichen Feuer. Immer noch konnte er nicht deutlich erkennen, wer ihm da beistand. Vorhin, als er ihre Gesichter gesehen hatte… aber nein, das war unmöglich.
    Eilig
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