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Die merkwuerdigen Faelle des Dr. Irabu

Titel: Die merkwuerdigen Faelle des Dr. Irabu
Autoren: Hideo Okuda
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du das?« Irabu krümmte sich mit Tränen in den Augen. Die Katzen waren bei dem Schlag sofort auseinandergestoben.

    »Wenn Sie’s schon nicht machen…«, sagte sie schroff von oben auf Ryōhei herab.
    »D … danke …«, konnte er nur herausbringen.
     
    Vom nächsten Tag an nahm die Offensive für Irabus Wohlwollen an Intensität zu. Täglich wurde Irabu nun von einem der beiden Lager entweder zum Mittag- oder zum Abendessen eingeladen, um ihn zu bearbeiten. Das eigentliche Ziel war natürlich die »Beratergebühr«, die als Vorwand für eine fortgesetzte Bestechnung diente. Die Irabu von beiden Seiten zugesteckte Summe hatte schnell die Fünf-Millionen-Marke überschritten.
    »Herr Miyazaki, sagen Sie denen, ich will nichts mehr!«, bat ein inzwischen niedergeschlagener Irabu.
    »Warum denn? Sie wollten doch die ganze Zeit ein bisschen Geld nebenher.«
    »Irgendwie macht mir das Angst. Und eigentlich brauche ich auch nicht mehr als eine Million Yen im Monat.«
    »Da sind Sie bei mir an der falschen Adresse. Machen Sie das gefälligst selbst«, antwortete Ryōhei kühl.
    Da man inzwischen befürchtete, dass Irabu einfach nach Tokio abhaute, entschieden beide Lager, Ryōhei zu Irabus Assistenten zu machen. Von seiner Arbeit im Rathaus war er vollständig befreit und fungierte nun als Aufpasser des Doktors.
    »Mein Bauch tut weh. Ich glaub, heute mache ich die Praxis zu«, meinte Irabu eigensinnig.
    »Auf keinen Fall, als Erwachsener können Sie doch nicht einfach so tun, als wären Sie krank.«
    »Aber wenn ich es Ihnen doch sage! Das kommt bestimmt vom Stress.«
    Ryōhei sah Irabu genau an.
    »Sieht fast so aus, als ob auch Sie ein Nervenkostüm wie wir alle haben.«

    »Natürlich! Im Prinzip bin ich ein sehr feinfühliger Mensch. Sie können mich von jetzt an ruhig den ›naiven Irabu‹ nennen.«
    Das war Ryōhei viel zu dämlich, so dass er keine Lust verspürte, darauf einzugehen.
    »Wie steht es eigentlich mit Ihnen, Herr Miyazaki? Sie haben doch an einer Ataxie gelitten.«
    Jetzt, wo es Irabu sagte, fiel Ryōhei auf, dass sich schon seit einigen Tagen keine Krankheitssymptome mehr zeigten. Bei all der Aufregung hatte er das völlig vergessen.
    »Anscheinend bin ich geheilt. Sie wissen doch: Das Geld bin ich endlich losgeworden.«
    Das war bestimmt der Grund. Nachdem er von seinem Dilemma befreit war, fühlte er sich zusehends leichter.
    »Ursprünglich war ich nur eine Stimme, aber dann hat man mich eingespannt, um auf Stimmenfang bei den Senioren zu gehen. Diese ehrenvolle Aufgabe haben Sie jetzt, Herr Doktor, und ich habe nichts mehr damit zu tun, hahaha«, lachte Ryōhei aus vollem Hals.
    »Sie sind gemein!«, sagte Irabu und schlurfte träge ins angrenzende Patientenzimmer, das leer war. Er machte die Tür hinter sich zu, und auf einmal hörte Ryōhei, wie von innen der Schlüssel umgedreht wurde. Irabu hatte sich eingeschlossen.
    »Herr Doktor, jetzt lassen Sie bitte diese Witze. Draußen warten schon ein paar Patienten.«
    Ryōhei ging zur Tür und hämmerte dagegen. Keine Antwort.
    »Herr Doktor, jetzt seien Sie doch nicht so kindisch. Kommen Sie raus!«
    Drinnen blieb es weiter still. Ryōhei ging ins Freie, um das Gebäude herum, und lugte von außen durchs Fenster. Irabu lag mit angezogenen Beinen im Bett und hatte die Decke über sich gezogen. Durch seine Leibesfülle sah es aus wie ein kleiner Berg.

    »Herr Doktor, Herr Doktor!«, rief Ryōhei, während er ans Fenster klopfte. Irabu stand mit bösem Gesicht auf, kam ans Fenster und zog die Vorhänge zu.
    Das konnte doch nicht wahr sein! Der Mann verhielt sich wie ein kleines Kind. Rasch eilte Ryōhei zurück ins Sprechzimmer, um Mayumi um Rat zu fragen.
    »Hoffnungslos. Wenn der erst einmal eingeschnappt ist, dann bleibt er es, bis seine Mutter aufkreuzt«, meinte die am Fenster rauchende Mayumi ohne großes Interesse.
    »Was iss’n passiert?«, fragte eine von den Seniorinnen, die gemerkt hatte, dass etwas vorgefallen war.
    »Doktor Irabu hat sich eingeschlossen und kommt nicht mehr raus.«
    »Ah, kein Wunder bei dem Kindskopf.«
    »Das wussten Sie?«
    »’türlich, von Anfang an. Diese ganze Spritzengeberei und so. Aber trotzdem mögen wir den Doktor alle. Narren ham was Gemütliches an sich.«
    »Ja, genau. Meine Neuralgie ist auch verschwunden. Wir woll’n halt, dass sich jemand um uns kümmert, und der Doktor hat nix dagegen, mit uns zu red’n.«
    Ryōhei fiel es wie Schuppen von den Augen. Er erinnerte sich plötzlich an Irabus
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