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Die merkwuerdigen Faelle des Dr. Irabu

Titel: Die merkwuerdigen Faelle des Dr. Irabu
Autoren: Hideo Okuda
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trank einen Schluck grünen Tee. Als er den Fernseher einschaltete, wurde gerade in den Nachrichten über die Umstrukturierung des Profibaseballs in Japan berichtet. Am Morgen würde seine Antwort von vorhin im Blickpunkt der Sendungen stehen. Alles davor
wäre weggeschnitten, und übrig bliebe nur seine scharfe Bemerkung, die in endlosen Wiederholungen gesendet werden würde.
    Er hatte sich damit abgefunden, den Bösewicht zu geben. In der Umfrage eines Wochenmagazins wurde er zum »unsympathischsten Japaner der Gegenwart« gekürt. Und vor kurzem erschien ein Artikel, in dem maßlos übertriebene Andeutungen über sein Privatvermögen gemacht wurden. Die ins Auge springenden Schlagzeilen über ihn waren samt und sonders negativ. Sogar Grundschüler nannten ihn bei seinem Spitznamen »Nabemann«, der ihm von den Zeitungen verpasst wurde.
    Mitsuo war der Vorstandschef der auflagenstärksten japanischen Tageszeitung »Dainippon Shinbun«. Gleichzeitig war er der Besitzer der populärsten Baseballmannschaft Tokyo Great Powers , die in der Central League spielten. Seit einigen Wochen stand er als Besitzer dieser Mannschaft im Kreuzfeuer der Kritik. Der Grund war seine Empfehlung an einige Teams der Pacific League, die über wirtschaftliche Schwierigkeiten klagten, sich mit der Central League zu einer einzigen Liga zusammenzuschließen. Ab da schlug ihm der Wind der geballten Ablehnung ins Gesicht.
    Natürlich wurde die öffentliche Meinung von den Massenmedien gesteuert. Vor allem die Konkurrenzblätter manipulierten die Leser mit einseitiger Berichterstattung und schufen ein Klima, in dem Mitsuo als der alleinige Bösewicht gebrandmarkt wurde.
    Diese Art von emotionalem Journalismus auf niedrigstem Niveau konnte er als Teil derselben Branche nicht einfach auf sich beruhen lassen. Empört über diese unfaire Behandlung versuchte er sich zu rechtfertigen, was die Medien erneut zum Anlass nahmen, ihn zu kritisieren, und so ging das immer wieder hin und her.
    Diese erbärmlichen Schwachköpfe! Es verging kein Tag, an
dem Mitsuo nicht diese Worte vor sich hin brummte. Es gab nichts Verachtenswerteres, als eine öffentliche Institution wie die Zeitung, in der eigentlich das Staatswesen diskutiert werden sollte, zu missbrauchen, um der Masse nach dem Mund zu reden.
    Er stellte den Fernseher aus, zündete sich eine neue Zigarre an und blies den Rauch in die Luft. Von seinem Fenster aus konnte er den dunklen Wald der Kaiserresidenz sehen. Dahinter bildete eine Gruppe von hell erleuchteten Firmenhochhäusern die abendliche Stadtlandschaft. Während er seinen Blick darauf ruhen ließ, war er bisweilen selbst von seinem Erfolg überwältigt, wie er es von einem gewöhnlichen Politjournalisten bis ganz an die Spitze geschafft hatte. Es war das Ergebnis zahlloser Konkurrenzkämpfe, aus denen er stets siegreich hervorgegangen war.
    »Herr Präsident, es wird allmählich Zeit für Ihre Bettruhe«, sagte Kinoshita mit routinierter Stimme. Mitsuo hatte ihn angewiesen, so lange im Wohnzimmer zu warten, bis er zu Bett gehen würde.
    »Na gut, Sie haben Recht«, erklärte sich Mitsuo einverstanden, gab dem Sekretär seine Zigarre und erhob sich. Tatsächlich fühlte er sich noch immer berauscht und war müde geworden. Schon seit drei Jahren war er nicht mehr nüchtern schlafen gegangen. Aus Angst.
    Er ging ins Schlafzimmer, wechselte in seinen Pyjama und schlüpfte ins Bett. Da er stockdustere Zimmer nicht mochte, ließ er das Licht einer Stehlampe brennen. Nachdem er das Kissen in Ordnung gebracht hatte, nahm er seine übliche Schlafposition ein und schloss die Augen. Sein Kopf befand sich in einem angenehmen Dämmerzustand, und er fühlte, wie er Stück für Stück ins Reich des Unbewussten glitt. Ja, heute Nacht würde er problemlos einschlafen können. In dem Augenblick
hörte er ein kleines Ping . Wenn es ansonsten nicht vollkommen still im Zimmer gewesen wäre, hätte er das Geräusch nicht wahrgenommen. Was konnte das gewesen sein? Er öffnete die Augen und starrte in den Raum. Im Schlafzimmer war es stockdunkel. Im nächsten Moment geriet er in Panik. Hände und Füße erstarrten, während er gleich darauf am ganzen Körper zitterte, als würde sein Bett wackeln.
    »Aaah«, gurgelte es in einem unartikulierten Laut aus ihm heraus. Schweißgebadet rollte er sich zur Seite und fiel vom Bett auf den Boden. Verzweifelt kroch er auf allen vieren und suchte die Tür. Er stieß mit dem Kopf gegen etwas. Mit der Hand versuchte er sich
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