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Die merkwuerdigen Faelle des Dr. Irabu

Titel: Die merkwuerdigen Faelle des Dr. Irabu
Autoren: Hideo Okuda
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verlieren. Seine Sekretäre bemerkten es und stützten ihn von hinten. So gelangten sie mit Mühe zum Auto. Als Mitsuo auf den Rücksitz geschoben wurde, zitterte er schon am ganzen Leib. Der Wagen fuhr ab und ließ die Journalisten hinter sich.
    »Hier, Medikamente. Eine Flasche Wasser habe ich auch mit.«
    Irabu gab ihm ein paar Kapseln in den Mund.
    »Danke«, murmelte Mitsuo. Vielleicht war Irabu doch nicht so schlecht, wie er gedacht hatte.
    »Morgen bin ich vielleicht auch in einem von den Boulevardblättern! Die werde ich mir im Convenience Store besorgen.«
    Irabu war als Einziger der Insassen in ausgelassener Stimmung. Mitsuo wollte etwas sagen, brachte jedoch kein Wort hervor. Was sollte nur aus ihm werden?
     
    In der Endphase der Baseballsaison begann die Spielergewerkschaft mit ihrem Streik und Mitsuo wurde immer mehr zur Zielscheibe der allgemeinen Kritik, so dass man ihn fast schon als Staatsfeind Nummer eins bezeichnen konnte. Die Nachrichtenmedien droschen unisono auf ihn ein und bezeichneten ihn als die Ursache jeglichen Übels. Ein Boulevardblatt schämte sich nicht, das Foto des auf den Schultern von drei Männern reitenden Mitsuos als Poster zu verkaufen. Sie warteten nur darauf, dass er sie verklagte, damit sie ihre nächste Schlagzeile hätten.

    Nur in seiner Zeitung, der Dainippon Shinbun , wurden Artikel abgedruckt, die sich kritisch mit dem Spielerstreik auseinandersetzten. Doch war dies nur ein Tropfen auf dem heißen Stein und resultierte in einer sinkenden Auflage. Eine Dringlichkeitssitzung wurde einberufen, auf der die Verantwortlichen der einzelnen Abteilungen sich die Haare rauften.
    So sah also eine Massenhysterie aus, dachte Mitsuo. Nicht ein Einziger konnte in der Debatte Ruhe bewahren. Während die Spieler sich im Streik befanden, benutzten sie weiterhin das Wohnheim und den Trainingsplatz, der eigentlich im Besitz des Vereins war. Kurz gesagt: Es waren verwöhnte Kinder, die schicke Kleider trugen und mit einem Mercedes herumkutschierten. Sie waren sich nicht im Geringsten bewusst, dass sie ohne Baseball nichts weiter wären als Vorstadtlümmel.
     
    »Da kann man nichts machen. Die wurden halt seit ihrer Oberschulzeit zu sehr verhätschelt«, versuchte ihn Irabu zu trösten.
    Mitsuo konnte es selbst nicht glauben: Wieder hatte er Irabu in seiner Praxis aufgesucht. Aber er hatte sonst keinen, mit dem er offen darüber reden konnte.
    »Die reden wie Menschen, die nie etwas aus der eigenen Tasche bezahlen mussten. Die sollten sich mal in die Lage eines Spielclubbesitzers versetzen, der sogar einem Ersatzspieler zig Millionen Yen bezahlen muss.«
    »Nicht aufregen, Herr Tanabe, Ihr Blutdruck!«
    Er nippte an dem Kaffee, den ihm die Krankenschwester gebracht hatte. Er hatte ihr dabei - aus alter Gewohnheit bei seinen Besuchen teurer Hostessenclubs in Ginza - den Hintern getätschelt und dafür von ihr das Serviertablett auf den Kopf bekommen. Furchtbare Frau.
    »Was meine Panikattacken betrifft: In letzter Zeit ist es wieder schlimmer geworden«, beichtete er mit hängenden Schultern.
»Seit voriger Woche werde ich schon in der Abenddämmerung schwermütig. Wenn ich sehe, wie der Himmel immer dunkler wird, wird mir ganz klamm in der Brust und ich bin dann so niedergeschlagen, dass ich nicht mehr still sitzen kann.«
    »Hmm, das hört sich gar nicht gut an. Vielleicht sollten Sie zum Nordpol gehen. Da ist jetzt Sommer, und in den sogenannten weißen Nächten geht die Sonne dort nicht unter«, schlug Irabu vor, während er sich über die Backen strich.
    »Prima Idee! Und die andere Hälfte des Jahres verbringe ich dann am Südpol, ja?«
    »Genau, genau.«
    »Wollen Sie mich auf den Arm nehmen, oder was? Ich habe Ihnen schon einmal gesagt, dass Sie mit mir keine Kabarettnummer abziehen sollen«, polterte Mitsuo.
    »Alles wäre so einfach, wenn Sie nur bereit wären, sich zur Ruhe zu setzen. Danach brauchen Sie nur noch zu warten, bis die Götter Sie zu sich rufen. Da verlieren Sie bald die Angst vor dem Tod.«
    »Wie können Sie es wagen….? Hören Sie endlich auf, dummes Zeug zu reden! Ich trete nicht zurück, damit das klar ist. Noch gibt es genügend zu tun für mich.«
    »Meinen Sie?«
    »Und ob ich das meine! Ich habe keine Lust auf ein einsames Begräbnis, weil alle Welt mich vergessen hat.«
    »Sieh an, sogar daran denken Sie.«
    Mitsuo atmete einmal tief durch und fuhr, etwas ruhiger geworden, fort: »Vor kurzem ist ein ehemaliger Politiker, ein langjähriger Bekannter von
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