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Die Memoiren des Grafen

Die Memoiren des Grafen

Titel: Die Memoiren des Grafen
Autoren: Agatha Christie
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Der heilige Michael lenkte die Kugel. Das böse Weib ist tot.»
    «Eine Frau?», rief George Lomax.
    Sie näherten sich zögernd. Auf dem Boden lag, die Pistole in der Hand und mit einem Ausdruck mörderischer Bosheit auf dem Gesicht – Mademoiselle Brun.

28
     
    « I ch hatte sie von Anfang an im Verdacht», begann Anthony seinen Bericht. «In der Mordnacht war in ihrem Zimmer Licht. Später aber begann ich zu zweifeln. Ich erkundigte mich in Dinard über sie und kehrte zurück, überzeugt von ihrer Unschuld. Aber ich war ein Narr. Weil die Comtesse de Breteuil eine Mademoiselle Brun kannte und sie über alles lobte, kam es mir nicht in den Sinn, dass die echte Mademoiselle Brun auf ihrem Weg nach Chimneys entführt und durch eine Betrügerin ersetzt worden sein könnte. Statt dessen wandte sich mein Argwohn gegen Mr Fish. Erst als dieser mir nach Dover gefolgt war und wir eine längere Aussprache hatten, begann ich klarzusehen. Mein Verdacht kehrte wieder zurück.
    Am meisten hatte es mich verwirrt, dass Mrs Revel bestimmt glaubte, die Frau früher schon gesehen zu haben. Dann aber erinnerte ich mich, dass sie dies erst sagte, nachdem ich erwähnt hatte, Mademoiselle Brun sei Gesellschafterin bei der Comtesse de Breteuil gewesen. Und Mrs Revel hatte nur bemerkt, dies sei wohl der Grund, warum ihr das Gesicht so bekannt vorkäme.
    Inspektor Battle wird Ihnen bestätigen, dass ein förmliches Komplott geschmiedet worden war, um Mrs Revel von ihrem Besuch auf Chimneys abzuhalten, und zwar durch nicht mehr und nicht weniger als einen toten Mann in ihrer Wohnung. Es stellte sich allerdings heraus, dass dieser Mann durch die Bruderschaft von der Roten Hand umgebracht wurde, weil diese ihn für einen Verräter hielt. Aber die Wohlüberlegtheit des Planes wies auf einen anderen, klügeren Urheber hin. Und es schien naheliegend, dass da eine Verbindung mit Herzoslowakien bestand. Mrs Revel war der einzige Gast der Hausgesellschaft, der in diesem Land gelebt hat. Zuerst nahm ich an, dass ein Betrüger sich als Fürst Michael ausgegeben hatte, doch das erwies sich bald als Irrtum. Erst als ich erneut die Möglichkeit erwog, dass Mademoiselle Brun eine Hochstaplerin sei, und mir überlegte, wieso ihr Gesicht Mrs Revel bekannt vorkam, begann ich die Zusammenhänge zu sehen. Die Frau durfte natürlich nicht erkannt werden, und Mrs Revel war die einzige Person, die dazu in der Lage war.»
    «Wer war sie denn?», rief Lord Caterham. «Jemand, den Mrs Revel aus Herzoslowakien kannte?»
    «Ich glaube, der Baron wird uns das am besten sagen können», bemerkte Anthony.
    «Ich?» Der Baron starrte ihn erschrocken an; dann blickte er auf die am Boden liegende Gestalt.
    «Betrachten Sie sie genau», drängte Anthony. «Lassen Sie sich durch die Schminke nicht verwirren – und denken Sie daran, dass sie früher Schauspielerin war.»
    Der Baron blickte erneut auf die Gestalt. Dann fuhr er plötzlich entsetzt auf.
    «Gott im Himmel», stöhnte er. «Das nicht ist möglich!»
    «Was ist nicht möglich?», fragte George. «Wer ist die Frau? Sie scheinen sie zu erkennen, Baron?»
    «Nein, nein, nein – es nicht ist möglich!» Der Baron starrte entsetzt vor sich hin. «Sie wurde doch getötet damals. Beide wurden getötet auf den Treppen des Palastes. Ihre Körper man fand.»
    «Verstümmelt und unkenntlich gemacht», erinnerte Anthony ihn. «Irgendwie muss es ihr gelungen sein zu entkommen. Ich nehme an, dass sie nach Amerika floh und dort jahrelang in Angst vor den Brüdern von der Roten Hand lebte. Die waren schließlich die Urheber der Revolution – vergessen Sie das nicht –, und ihre Person galt als deren Ursache. Dann wurde König Victor aus dem Gefängnis entlassen, und zusammen planten sie nun, das Versteck des Diamanten zu finden. Sie war in jener Nacht bereits auf der Suche, als Fürst Michael unerwartet auf sie stieß. Normalerweise hätte sich ein Zusammentreffen mit ihm leicht vermeiden lassen, denn königliche Gäste kommen nicht in Kontakt mit Erzieherinnen. Und im Notfall hätte sie immer eine Migräne vorschützen können – wie damals, als der Baron hierherkam.
    Doch zu seinem Unglück traf sie mit Fürst Michael zusammen, als sie es am wenigsten erwartete. Entlarvung und Schande standen ihr bevor. Deshalb erschoss sie ihn kaltblütig. Sie war es, die den Revolver später in den Handkoffer von Mr Isaacstein praktizierte; sie war es auch, die mir die Briefe ins Zimmer zurücklegte.»
    Lemoine trat einen Schritt
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