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Die Marionette

Die Marionette

Titel: Die Marionette
Autoren: Alex Berg
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Dr. Kurt Meisenberg zu verbinden. Sie hatten noch nicht wieder miteinander gesprochen. Juliane hatte darauf bestanden, dass er sich wenigstens das Wochenende zur Erholung gönnte, nachdem er am Freitagabend aus dem Krankenhaus entlassen worden war. Bis auf ein Explosionstrauma und eine Fraktur im linken Handgelenk, war er wie durch ein Wunder unverletzt geblieben. Mayer hatte mit seinem Körper für ihn die gesamte Druckwelle der Explosion abgefangen.
    »Ich freue mich, deine Stimme zu hören«, sagte sein alter Freund Meisenberg jetzt. »Wie geht es dir?«
    »Es geht mir gut, danke«, erwiderte Bender und informierte den Aufsichtsratsvorsitzenden über seine Pläne. Es wurde sehr still am anderen Ende der Leitung.
    »Warum?«, fragte Meisenberg schließlich.
    »Du kannst es dir sicher denken.«
    »In den letzten Tagen waren einige Gerüchte im Umlauf, aber ich nehme an, es ist ganz profan: Sie erpressen dich.« Meisenberg nahm selten ein Blatt vor den Mund, zumindest nicht unter langjährigen Freunden.
    »Der Bund ist einer der größten Auftraggeber der Larenz-Werke«, bemerkte Bender nur. »Ich kann es nicht zulassen, dass sie die Firma ruinieren oder zerschlagen.«
    »Also folgst du ihren Forderungen und ziehst dich zurück«, stellte Meisenberg fest. »Nun, ich nehme an, es wird dich finanziell nicht ruinieren, oder hast du dich auf weitere Spekulationen eingelassen?«
    »Du bist ein entsetzlicher Mensch, Kurt.«
    »Das höre ich in letzter Zeit häufiger, speziell von alten Weggefährten. Es sollte mich wahrscheinlich nachdenklich stimmen«, erwiderte Meisenberg. »Was ist übrigens an der Geschichte dran, dass Katja Rittmer dich durch die halbe Republik geschleift hat?«
    Bender lächelte unwillkürlich. So leicht würde er sich von Meisenberg nicht einfangen lassen. »Es war nur Brandenburg, eine alte Villa im Wald«, erwiderte er und meinte plötzlich wieder das verwitterte, graue Holz der Dielen zu sehen, den Staub und Dreck. Katja Rittmers Turnschuhe. Ebenso wenig wie die Öffentlichkeit je die wahren Gründe für Benders plötzlichen Rückzug aus dem Vorstand der Larenz-Werke erfahren würde, würde sie erfahren, was in den vier Tagen, die Bender in der Gewalt der Ex-Soldatin gewesen war, wirklich geschehen war. Eine defekte Gasleitung hatte die offizielle Erklärung für die Detonation in Iffezheim geheißen. Alles wurde hinter verschlossenen Türen geregelt. Der Vorstandsvorsitzende der Larenz-Werke war bereits Geschichte, aus dem Fokus der Medien verschwunden, und würde nur hier und da wieder auftauchen, wenn es galt, Vorträge zu halten oder einen Beratervertrag zu unterschreiben. Es würde keinen Umzug nach Berlin geben. Und vielleicht war das auch gut so. Vielleicht.
    Er dachte an den Mann, der den Stein ins Rollen gebracht und dem er zwar auch sein Leben, aber vor allem diese Entwicklung zu verdanken hatte. Der Mann, der dafür verantwortlich war, dass seine Geschäfte mit Reynolds entdeckt worden waren und er die Titelseiten der Wirtschaftsmagazine ebenso beherrscht hatte wie die der Boulevardpresse. Sein Blick fiel auf eine unscheinbare schwarze Mappe auf seinem Schreibtisch. »Wunder dauern manchmal etwas länger«, hatte in der kurzen Begleitnotiz gestanden.
    Bender hatte den Umschlag mit der Mappe zwischen der Post der letzten Woche gefunden. Mayers Vergangenheit. Interessantes Material, das ihm noch von Nutzen sein würde. Nicht jetzt. Irgendwann einmal, wenn Mayer am wenigsten damit rechnete. Wenn der Sturz ihn am härtesten traf.
    Bender hatte alles erledigt. Mit Meisenberg war der Aufsichtsrat der Larenz-Werke über Benders Wunsch informiert, von seinem Posten im Vorstand zurückzutreten und die Firma zu verlassen. Es gab nichts mehr zu tun. Kurt würde alles Weitere übernehmen. Lautlos zog Bender seine Bürotür hinter sich ins Schloss. Seine Assistentin sah von ihrem Computer auf. »Sie gehen schon wieder, Herr Bender?«, fragte sie.
    »Ja«, erwiderte er mit jenem Lächeln, das er ihr immer geschenkt hatte und von dem sie nicht wusste, dass sie es nun zum letzten Mal sah. »Ich habe noch Termine.«
    Als er an ihrem Schreibtisch vorbeiging, stieg ihm das Aroma von Haselnüssen und Rosinen in die Nase, und schlagartig wurden seine Schritte schwer. Es war ihm, als würde seine Brust zu eng für das schnelle Flattern seines Herzens. Der Schweiß brach ihm aus, und seine Hand fuhr an den Knoten seiner Krawatte.
    »Ist alles in Ordnung, Herr Bender?«, erreichte ihn die Stimme seiner
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