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Die Marionette

Die Marionette

Titel: Die Marionette
Autoren: Alex Berg
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worden war, dass er mit einer Bewährungsstrafe davonkommen würde, hatte er eingelenkt. »So einer lebt auch nicht lange im Knast«, hatte Martinez unfreundlich bemerkt, als er ihn zu Gesicht bekommen hatte.
    »Ich glaube, ich erinnere mich«, stieß Horinsky jetzt hervor.
    »Konzentrieren Sie sich und lassen Sie sich so viel Zeit, wie Sie brauchen«, erwiderte Mayer.
    »Nein, ich weiß es wieder.« Horinsky griff nach einem der kleinen Spezialschraubenzieher neben sich auf dem Tisch. Mit einem Mal war die Nervosität gänzlich von ihm abgefallen. Er sah zu Mayer. »Werden Sie den Sprengsatz entschärfen?«
    Mayer nickte, und Horinsky wies auf die Platine. »Okay. Sehen Sie diese Verbindung hier …« Da war kein Stottern und kein Stammeln mehr. Horinsky hatte seine Umgebung vergessen und seine Ängste. Er war in seinem Element, und Mayer begriff, woher der Ruf rührte, den er besaß. »Vielleicht ist es das Beste, wir bleiben in Funkkontakt, wenn Sie reingehen«, fügte Horinsky hinzu.
    »
Das
sollte unser kleinstes Problem sein«, bemerkte Mayer, dann sah er in die Runde. »Ich ziehe mich jetzt um. Wir sollten keine Zeit mehr verlieren.«
    Es hatte einige Diskussionen gegeben, weil er darauf bestanden hatte, diese Aufgabe selbst zu übernehmen. Es war keine Frage der Qualifikation gewesen. »Sie müssen das nicht tun«, hatte Schavan eingewandt. »Das ist nicht Ihr Job. Wir haben ein Team vor Ort, das diese Aufgabe erledigen kann. Warum wollen Sie Ihr Leben aufs Spiel setzen?«
    »Weil ich die Verantwortung trage«, hatte er geantwortet. Es war die kürzeste Formel, die er für das fand, was in seinem Inneren seit Katjas Tod tobte. Martinez hatte ihn nur angesehen, hatte
»Holy Shit«
gemurmelt und war rausgegangen.
     
    Als die Tür hinter Mayer ins Schloss fiel, prallte er auf Valerie. Sie war augenscheinlich gerannt und völlig außer Atem. Er wusste nicht, wo sie die ganze Zeit gesteckt hatte, nahm an, dass die Sanitäter sich um sie gekümmert hatten. Sie war kurz vor einem Nervenzusammenbruch gewesen. Jetzt sah sie ihn aus großen Augen an. Er kannte diesen Blick bei ihr und wappnete sich.
    »Stimmt es, dass du die Bombe entschärfen wirst?«, fragte sie.
    Er nickte nur.
    »Bitte, Eric«, flehte sie. »Bitte, tu es nicht.« Wenn er jemals an ihren Gefühlen für ihn gezweifelt hatte, dann wusste er in diesem Augenblick, wie verkehrt das gewesen war. Sie tastete nach seinen Händen. »Eric …«
    Mit sanftem Druck umschloss er ihre Finger. »Ich muss es tun, Valerie. Du weißt, warum.«
    Er sah, dass sie widersprechen, ihn zurückhalten wollte, wie ihr die Tränen in die Augen schossen. Doch dann nickte sie und machte den Weg frei.
    ***
    Iffezheim bei Baden-Baden, Deutschland
    Die Anspannung auf dem Rennbahngelände war greifbar. Ein Team von Notärzten stand bereit, Rettungswagen. Nicht weit entfernt wartete ein Hubschrauber. Eine Gruppe von Sprengstoffexperten war vor Ort, ebenso ein großes Aufgebot der Feuerwehr, die ihre Löschfahrzeuge auf dem Geläuf unterhalb der Tribüne parkten. Dort stand auch der Einsatzwagen der Polizei, in dem Horinsky zusammen mit dem Einsatzleiter des SEK und dem Polizeipsychologen saß. Horinsky war über Funk mit Mayer und Lars Günther mit Bender verbunden. Durch die geöffneten Fenster des Fahrzeuges hörte Martinez ihre Stimmen, ohne verstehen zu können, was gesagt wurde. Valerie Weymann stand nicht weit von ihm entfernt. Unablässig drehte sie das Ende ihres Zopfes in ihren Fingern, es war der einzige Ausdruck von Anspannung, den sie sich gestattete, und Martinez bewunderte im Stillen ihre Beherrschung. Ein Stück weiter ging Jochen Schavan unruhig auf und ab. Mit einem Mal blieb er stehen. »Er müsste es nicht tun«, fuhr er Martinez an. »Muss er denn, verdammt noch mal, immer den Helden spielen?«
    Martinez verstand, dass mehr Sorge als Zorn aus den Worten des BKA -Mannes sprach. »Hat er Ihnen nicht gesagt, dass er sich verantwortlich fühlt? Er will nicht, dass ein anderer sein Leben riskiert.« So war Mayer nun einmal. So war er schon immer gewesen.
    Valerie hatte den kurzen Austausch schweigend verfolgt. »Es ist wegen Katja, nicht wahr?«, fragte sie nach einer Weile, ohne den Blick von den großen Wänden zu nehmen, die ihnen, wie allen anderen auch, die Sicht auf die Tribüne versperrten. Die Sicht auf Mayer in dem monströsen Schutzanzug, der doch nichts bringen würde, wenn sieben Kilo C4 direkt vor ihm explodierten. Und die Sicht auf Bender, von dem sie
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