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Die Marionette

Die Marionette

Titel: Die Marionette
Autoren: Alex Berg
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Deckel.
    »Okay«, sagte Horinsky. »Machen Sie weiter.«
    Mayer spürte, wie Benders Atem ruhiger wurde. Wie sehr der Vorstandsvorsitzende der Larenz-Werke um seine Beherrschung rang, konnte er an seinen geballten Fäusten erkennen, deren Knöchel weiß hervortraten. Dann blendete Mayer alles um sich herum aus und konzentrierte sich ausschließlich auf die vor ihm liegende Aufgabe. Es gab nur noch die Elektronik des Zünders, den Griff nach dem Werkzeug und Horinskys Stimme. Binnen kurzem war Mayer schweißgebadet und wünschte sich, er könnte sich des Anzugs entledigen, der seine Bewegungsfreiheit enorm einschränkte. Dann war der entscheidende Moment gekommen.
    »Jetzt bitte ganz ruhig«, flüsterte Horinsky.
    Mayer hielt die feine Zange in den Fingern. »Nicht atmen«, sagte er zu Bender. »Auf drei.«
    Benders Atem stoppte, und Mayer durchtrennte den Draht. Totenstille folgte, dann hörte er, wie Horinsky nach Luft schnappte. »Den Gürtel ab, schnell«, schrie er Mayer ins Ohr.
    Mit einer einzigen Bewegung drehte der BND -Agent den Schlüssel und riss an dem Gürtel, schleuderte ihn die Tribüne hinunter, stieß Bender zu Boden und warf sich auf ihn. Die Explosion erschütterte die gesamte Konstruktion unter ihnen, die Druckwelle erreichte sie wie ein Schlag, der über Mayer hinwegfegte, und die Luft aus seinem Körper presste. Das Letzte, was er spürte, war das Knacken seiner Rippen, Knochen, die das Gewebe seiner Lunge zerrissen, und Bender, der unter ihm wild mit den Armen schlug. Dann wurde alles schwarz.
    ***
    Iffezheim, Baden-Baden, Deutschland
    Die Schutzwände hielten der Explosion nicht stand. Sie brachen auseinander. Es regnete Holz, Ziegel, Stoffverkleidungen und Blumen. Martinez riss Valerie schützend zu Boden. Sie spürte seinen Atem auf ihrer Haut, während er ihren Kopf herunterdrückte. Als sie wieder aufsah, waren die Rettungskräfte bereits auf der Tribüne. Weder von Bender noch von Mayer war etwas zu sehen. Valerie wollte aufspringen, doch Martinez hielt sie zurück.
    »Lass mich los, ich muss zu ihm!«, schrie sie und schlug nach ihm.
    »Weymann, reiß dich zusammen!«, fuhr Martinez sie an.
    Sie zuckte zurück, fuhr sich mit der Hand über das Gesicht und schluckte. Martinez’ kantiges Gesicht war hart, seine Augen undurchdringlich, und sie begriff, dass es ihn ebenso viel Beherrschung kostete, nicht aufzuspringen und die zerstörte Tribüne hinaufzustürzen wie sie. Hilflos mussten sie beide zusehen, wie die Sanitäter und Ärzte Eric den Helm abnahmen und ihm eine Sauerstoffmaske über das Gesicht stülpten, ihm den Schutzanzug aufschnitten und seinen reglosen Körper auf eine Trage legten. Valerie nahm kaum wahr, dass Bender an ihnen vorbeigetragen wurde, dass einer der Rettungswagen mit Blaulicht das Gelände verließ. Ihr Atem stockte, als sich hinter ihr die Rotoren des Hubschraubers zu drehen begannen, sich der orangeweiße Pulk auf der Tribüne auflöste, und die Sanitäter mit Mayers Trage auf den wartenden Helikopter zueilten. Als sie näher kamen, sah Valerie, dass Eric an einen Tropf angeschlossen war, sein Kopf stabilisiert. Sein Gesicht war leichenblass, halb unter der Beatmungsmaske verborgen, die Augen geschlossen. Sie drückte sich die Faust in den Mund, um nicht aufzuschreien. Gleich darauf hob der Hubschrauber ab. Einer der Notärzte, der zurückgeblieben war, trat zu ihnen. »Er lebt«, teilte er ihnen mit. »Aber es sieht nicht gut aus.«
    Wie betäubt wandte Valerie sich ab und stolperte fort, bis die Geräusche hinter ihr verklangen und sie allein war. Eric würde sterben.
    Sie hatte es gewusst, in dem Moment, in dem sie erfahren hatte, dass er den Sprengstoffgürtel entschärfen würde. Sie starrte über die Rennbahn, nahm dumpf das Zwitschern eines Vogels wahr, einen Windhauch, der ihr Gesicht streifte. Eric würde sterben.
     
    Jemand berührte ihre Schulter. Langsam drehte sie sich um. Es war Lars Günther. Sie hatte ihn nicht kommen hören. »Sie haben ihn in eine Spezialklinik gebracht«, erklärte der große rotblonde Mann ruhig. »Der Amerikaner hat einen Hubschrauber angefordert. Sie können mitfliegen, wenn Sie wollen.«
    Wortlos wischte sie sich die Tränen aus dem Gesicht und nickte. Sie gingen auf den Hubschrauber zu, der in der Nähe der Tribünen wartete. Lars Günther nickte ihr zu, bevor er von außen die Tür zudrückte. Augenblicke später waren sie bereits in der Luft.

[home]
    3. Juni
    Koblenz, Deutschland
    E s folgten bange Stunden und
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