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Die Makler-Mafia

Die Makler-Mafia

Titel: Die Makler-Mafia
Autoren: Stefan Wolf
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quirliger Typ. Sie
liebte es, tanzen zu gehen, und wenn ein Herr sie aufforderte, fegte sie wie
ein Wirbelwind mit ihm über den Tanzboden. Da es aber in ihrem Alter nur noch
wenige rüstige Herren gab, passierte dies immer seltener. So verlegte sie ihr
Temperament auf heiße Diskussionen. Wenn sie sich in ein Thema verbissen hatte,
kam sie so richtig in Fahrt und quasselte aufgeregt wie ein Wasserfall. In
solchen Momenten mussten sie ihre Freundinnen, denen dann erfahrungsgemäß der
Kopf rauchte, immer etwas bremsen. Beim Canasta-Spiel allerdings war Elsbeth
meist ruhig, da sie sich auf das Spiel konzentrierte. Wie auch bei den anderen
Frauen war ihr Mann vor wenigen Jahren gestorben. Sie vermisste ihn oft, weil
sie sehr gesellig und nicht gerne alleine war. Deshalb freute sie sich jedes
Mal wieder auf das wöchentliche Zusammentreffen, das nach dem Kartenspiel mit
einem gemeinsamen Abendessen endete.
    Dieses Mal jedoch sollte alles
ganz anders kommen. Die Damen spielten mehrere Partien. Draußen war schon die
Nacht hereingebrochen und der Wind schlug laut ein Fenster auf. Blätter
wirbelten herein. Rosalinde eilte zum Fenster und schloss es eilig. Dabei sah
sie nach draußen und zuckte für einen kurzen Moment zusammen. Sie glaubte
gesehen zu haben, wie ein Schatten am Haus vorbeigehuscht war. Als sie am Tisch
Isoldes neugierige Stimme hörte, wurde sie aus ihren Gedanken gerissen. »Was
hast du uns denn dieses Mal mitgebracht? Warst du nicht in den USA?«
    »Ja, genau«, antwortete Kiki,
die aufgestanden war und aus ihrer Tasche einen Gegenstand hervorgeholt hatte,
den sie nun auf den Tisch legte. Sie hatte ihn in ein schwarzes, samtenes Tuch
gewickelt und faltete es auseinander. Zum Vorschein kam ein altes Brett, auf
dem seltsame verschnörkelte Zeichen, das Alphabet und auf Englisch die Worte Ja
und Nein abgebildet waren. Daneben lag eine Art Zeiger aus Holz.
    »Was ist das denn?«, fragte
Elsbeth aufgeregt und runzelte die Stirn.
    »Eine Art Gesellschaftsspiel in
vielen Ländern. Ein sogenanntes Ouija Hexenbrett.«
    »Ein was?« Rosalinde setzte
sich wieder an den Tisch.
    »Mithilfe dieses Brettes kann
man Kontakt zu Geistern aus dem Jenseits aufnehmen«, erklärte Kiki.
    »Das glaubst du doch selbst
nicht!«, sagte Elsbeth. »So ein Humbug.«
    »Der Ursprung des Hexenbretts
liegt in Amerika. Ich habe es übrigens in einem alten Antiquitätenladen
erstanden«, erzählte Kiki. »Das Ouija Hexenbrett war gegen Ende des 19.
Jahrhunderts groß in Mode und wurde von einem gewissen Elija Bond erfunden.«
    »Und wie soll das
funktionieren?«, wollte Elsbeth neugierig wissen.
    »Jeder legt ein oder zwei
Finger auf den Zeiger. Anschließend werden Fragen an die Wesen im Jenseits
gestellt. Ist der Kontakt hergestellt, bewegt sich der Zeiger auf dem Brett zu
den Buchstaben, die dann eine Nachricht ergeben. So einfach ist das. Sollen wir
es mal ausprobieren?« Kiki schaute verschwörerisch in die Runde, die in
Schweigen erstarrte.
    Schließlich meldete sich Isolde
zu Wort. Sie räusperte sich. »Ich weiß nicht, ob so etwas gut ist. Man sollte
die Geister in Ruhe lassen.«
    »Isolde hat recht. Zum einen
gibt es keine Geister und außerdem, was sollte das bringen?«, stimmte Rosalinde
ihr zu.
    »Nun ja, etwas Abwechslung zu
unseren üblichen Canasta-Spielen«, meinte Elsbeth, die plötzlich Gefallen daran
fand. »Was soll denn schon passieren?«, fragte sie lächelnd.
    »Ich weiß nicht.« Isolde blieb
skeptisch. Ihr schien das Ganze nicht geheuer.
    »Na ja, dann lassen wir es.«
Kiki wollte das Spiel schon wegpacken, doch Elsbeth hielt ihren Arm zurück.
    »Ich bin dafür, dass wir es
ausprobieren! Wer ist noch dafür?« Erwartungsvoll schaute sie ihre Freundinnen
an. Stille. Als Erste hob Kiki die Hand. Die anderen taten es ihr nach, wenn
auch zögerlich. Kikis ansonsten eher laute Stimme wurde leise. »Können wir
Kerzen anmachen? Das hilft, uns besser zu konzentrieren!«
    Rosalinde nickte. Sie stand
auf, holte zwei Kerzenständer vom Sims des Kamins, stellte sie auf den Tisch
und zündete sie an. Die Stimmung war gespenstisch. Das Licht der Kerzen spielte
Schatten auf die Gesichter der alten Damen und legte sich in ihre Falten,
sodass sie noch älter und runzliger aussahen. Draußen pfiff der Wind ums Haus,
und Regen setzte ein, der wie tausend trommelnde Finger gegen die
Fensterscheiben prasselte.

    »Lasst uns überlegen, wen wir
kontaktieren«, begann Kiki mit leicht nervösem Unterton in der Stimme. Die
Freundinnen
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